Wer in Griechenland Asyl erhält, kann ungehindert nach Deutschland weiterziehen. Zehntausende haben das dieses Jahr schon genutzt und die europäischen Regeln ausgetrickst, ergaben Recherchen von WELT. Für die Bundesregierung wird das zur Zerreißprobe.751
Mahmood Hashemi ist einer der Glücklichen. Drei Jahre lang hat der Afghane gewartet, auf die Entscheidung über seine Zukunft, die Zukunft seiner Frau, der zwei Töchter und des Sohns. Dann endlich der Bescheid: Die Familie, befindet Griechenland, ist schutzbedürftig. Sie bekommt Asyl, darf bleiben. Die Hashemis freuten sich sehr – allerdings aus einem anderen Grund. Der Asylbescheid war ihr Ticket nach Deutschland. An einem Mittwoch im September um acht Uhr früh ging ihr Flieger nach Berlin.
Wenn Ende Dezember feststeht, wie viele Asylsuchende in diesem Jahr in die Bundesrepublik gekommen sind, dann wird auch deutlich werden, dass Familie Hashemi alles andere als ein Einzelfall ist. Überraschend viele Migranten verfügen nämlich bereits über einen positiven Asylbescheid in einem EU-Land.
Bereits in den ersten elf Monaten dieses Jahres registrierte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) etwa 30.000 Asylanträge von Personen, bei denen es mindestens Hinweise gibt, dass sie zuvor in Griechenland „als schutzberechtigt anerkannt“ wurden, wie die Nürnberger Behörde auf Anfrage mitteilt. Bei einer Gesamtzahl von 140.000 Anträgen in diesem Zeitraum bedeutet das: Der EU-Partner Griechenland ist quasi zu einem Hauptherkunftsland geworden.
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