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Astrazeneca-Chaos: StiKo informierte Merkel schon Tage vor Impf-Stopp-Entscheidung

02.04.2021
Lesedauer: 9 Minuten
Quelle: Bundesregierung, Merkur

Kanzlerin Merkel und Gesundheitsminister Jens Spahn riefen am Dienstag zu einer Bund-Länder-Beratung. Für Astrazeneca wurde eine geänderte Altersempfehlung beschlossen.

  • Am Dienstag haben Bundesregierung und die Ministerpräsident:innen der Bundesländer über das weitere Vorgehen im Zusammenhang mit dem Astrazeneca-Impfstoff beraten.
  • Das Präparat wird nur für Menschen über 60 Jahren empfohlen (siehe Update vom 30. März, 21.25 Uhr).
  • Laut einem TV-Bericht wussten Angela Merkel und Helge Braun schon mehrere Tage vor dem Gipfel über neue Empfehlung der Stiko Bescheid (siehe Update vom 1.. April, 21.35 Uhr).
  • Das Saarland setzt vorerst Impfungen mit Astrazeneca aus (siehe Update vom 31. März, 10.15 Uhr).
  • Dieser News-Ticker wird regelmäßig aktulisiert.

Update vom 1. April, 21.35 Uhr: Laut einem Bericht des ZDF wussten Bundeskanzlerin Angela Merkel und Kanzleramtsminister Helge Braun schon mehrere Tage vor der Verkündung Bescheid, dass Astrazeneca nur noch an Über-60-Jährige verimpft werden soll. Am Dienstag wurde der Astrazeneca-Gipfel einberufen, Merkel und Braun sollen aber bereits am Freitag zuvor informiert worden sein.

Die Ständige Impfkommission (Stiko) soll dem Kanzleramt am Freitagmorgen mitgeteilt haben, dass Impfungen mit Astrazeneca „aller Wahrscheinlichkeit nach“ für bestimmte Altersgruppen gestoppt werden müssen. Eine Sprecherin der Stiko bestätigte dem ZDF: „Am Freitag fand ein Gespräch zur Information zwischen Professor Mertens (Vorsitzender der Stiko, Anm. d. Red.) und dem Bundeskanzleramt statt.“ Schnell sei im Kanzleramt klar gewesen, dass eine solche Entscheidung massive Auswirkungen auf die Impfkampagne haben werde.

Dem Bericht zufolge soll das Kanzleramt zunächst gezögert und die Stiko um weitere Informationen gebeten haben, bevor man ein weiteres Mal einen Impfstopp für Astrazeneca ausrufe . Eine Regierungssprecherin sagte dem ZDF: „Angesichts der nationalen Tragweite der Entscheidung bat die Bundeskanzlerin darum, auch die Expertise des Ethikrates und der Nationalen Akademie der Wissenschaften Leopoldina hinzuzuziehen.“ Erst Tage später wurde dann der Bund-Länder-Gipfel einberufen und die Entscheidung verkündet.

Seitdem die Stiko das Kanzleramt am Freitag informierte, erhielten laut Robert Koch-Institut* mehr als 300.000 Personen eine Dosis mit dem Impfstoff.

Astrazeneca-Chaos: Merkel und Spahn lenken bei Impf-Empfehlung ein – „Ohne Frage ein Rückschlag“

Update vom 31. März, 13.30 Uhr: Erwartungsgemäß stand bei der Bundespressekonferenz am Mittwoch der Corona-Impfstoff Astrazeneca – nun „Vaxzervria“ – im Mittelpunkt. „Vertrauen entsteht dadurch, dass bei diesem Impfstoff ganz genau hingeguckt wird“, was „zeitlich“ oder „kausal“ im Zusammenhang stehe, so Regierungssprecher Steffen Seibert mit Verweis auf die Empfehlung der Stiko, der Ständigen Impfkommission.

Bei der Frage, wie Bundeskanzlerin Angela Merkel mit der an sie herangetragenen Aufforderung, sich mit Astrazeneca impfen zu lassen, verfahre, verwies Seibert auf Merkels Äußerung: „Die Möglichkeit, mich impfen zu lassen, ist für mich näher gerückt“. Dem habe er nichts hinzuzufügen. Hanno Kautz, Pressesprecher des Bundesgesundheitsministeriums, machte auf Anfrage deutlich, dass eine Prognose zu einer möglichen Verzögerung der Impfkampagne noch nicht abgegeben werden könne. Es gebe jedoch genügend Ü-60-Jährige, bei denen der Impfstoff anwendbar wäre. Auch Seibert betonte, niemand habe sich die Entscheidung zu Astrazeneca gewünscht, sie sei aber richtig. Es gehe nun um organisatorische Herausforderungen sowie darum, eine Lösung für jede zu finden, die bereits eine erste Impfung erhalten hätten.

Update vom 31. März, 12.35 Uhr: Coronavirus-Pandemie: Nach dem nächsten Rückschlag bei den Corona-Impfungen mit Astrazeneca fordert Karl Lauterbach* eine vorläufig neue Impfstrategie für Deutschland.

Corona-Impfstoff Astrazeneca: Nur noch für Personen über 60 Jahren empfohlen

Update vom 31. März, 10.15 Uhr: Das Saarland setzt Impfungen mit dem Astrazeneca-Vakzin vorerst aus. Zuvor hatten Bund und Länder beschlossen, dieses zunächst nur noch für Personen ab 60 Jahren einzusetzen. Es seien jedoch keine Impftermine abgesagt worden, teilte ein Sprecher des Gesundheitsministeriums in Saarbrücken mit. Statt Astrazeneca werde bei den Terminen nun mit Biontech oder Moderna geimpft. Das weitere Vorgehen des Saarlandes werde am Mittwoch im Stab Impfen besprochen und veranlasst. Zuvor hatte der Saarländische Rundfunk (SR) darüber berichtet.

Update vom 31. März, 6.30 Uhr: Am Dienstagabend wurde der nächste Rückschlag bekannt: Der Corona-Impfstoff von Astrazeneca wird nur noch Personen über 60 Jahren empfohlen, Jüngere können sich selbst für die Impfung entscheiden (siehe Update vom 30. März, 21.55 Uhr).

Die Änderungen bei den Impfplanungen und Auswirkungen auf das Impftempo wollen Bund, Länder und Kommunen nun gemeinsam klären. Kanzlerin Angela Merkel und Gesundheitsminister Jens Spahn bekräftigten in ihrer Pressekonferenz noch einmal das Ziel, trotz der neuen Erkenntnisse bis Ende des Sommers allen Bürgern ein Impfangebot zu machen.

Welche Folgen die geänderten Empfehlung nun hat, ist nach Angaben des Vorsitzenden der Ständigen Impfkommission (Stiko), Thomas Mertens, schwer abzusehen. „Es kann sein, dass dadurch Vertrauen schwindet“, sagte er den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Es könne aber auch das Gegenteil bewirken. In jedem Fall habe die Kontrollfunktion des Paul-Ehrlich-Instituts gut funktioniert. „Sie haben mehr als 30 besorgniserregende Fälle registriert, es wurde intensiv geprüft und Alarm geschlagen, und jetzt reagiert man darauf. Das sollte eigentlich vertrauensbildend sein.“

Neue Empfehlung für Astrazeneca: Nun sollen vor allem Personen über 60 mit dem Impfstoff versorgt werden

Update vom 30. März, 21.55 Uhr: Die Pressekonferenz ist zu Ende. Das entscheidende Ergebnis war vorab schon bekannt: Astrazeneca wird künftig nur noch für Personen über 60 empfohlen. Jüngere können sich aber selbst für eine Impfung mit Astrazeneca entscheiden, müssen sich vorab aber durch einen Arzt oder eine Ärztin über die Risiken aufklären lassen.

Update vom 30. März, 21.52 Uhr: Merkel betont noch einmal, dass das Vertrauen in die Impfstoffe unabdingbar sei. Deswegen sei Transparenz immer der richtige Weg. Für die Altersgruppe der 60-69-Jährigen stehe derzeit nur Astrazeneca zur Verfügung, ergänzt Spahn. So könne schneller in dieser Altersgruppe geimpft werden. Daten aus Schottland und England beweisen, so Spahn, dass Astrazeneca vor allem bei Älteren eine sehr gute Wirksamkeit hat. Ob sich die Bundeskanzlerin selbst mit Astrazeneca impfen lassen würde? Sie antwortet: „Die Möglichkeit, mich impfen zu lassen, ist näher gerückt.“

Krisentreffen wegen Astrazeneca: Merkel und Spahn lenken bei Impf-Empfehlung ein

Update vom 30. März, 21.48 Uhr: Auf die Frage, warum zunächst die Älteren nicht mit Astrazeneca geimpft werden sollten und nun nur noch diese Altersgruppe, sagt Merkel: Das liege an der Datenlage. „Natürlich werden sich die Menschen fragen, was das jetzt für sie bedeutet“, sagt Merkel. Vertrauen werde aber mehr erschüttert, wenn Komplikationen nicht ernst genommen werden würden. Dieser Weg führe zum „besten Vertrauen“, Offenheit und Transparenz. Spahn ergänzt, dass nun vor allem wichtig sei, die über 60- und 70-Jährigen mit Astrazeneca zu impfen. „Es werden sich hinreichend viele gerne schützen lassen.“

Update vom 30. März, 21.42: Nun spricht Gesundheitsminister Jens Spahn: „Es ist ohne Frage ein Rückschlag“, er meint die Impfkampagne. Es sei richtig, dass für Männer und Frauen unter 60 Jahren eine Impfung mit Astrazeneca ausgesetzt werde. Ab dem Mittwoch werde die Empfehlung des Paul-Ehrlich-Instituts umgesetzt: Künftig sollen vor allem über 60-Jährige mit dem Impfstoff geimpft werden. Diese könnten „Vorbild“ sein und sollten sich „möglichst frühzeitig impfen lassen.“ Der Impfstoff sei wirksam, das betont Spahn, „gerade bei den Älteren“. Unter den Jüngeren kann jeder weiterhin mit seinem Arzt seine Entscheidung abwägen. Das solle „informiert und aufgeklärt“ passieren und müsse entsprechend dokumentiert werden. Für Personen, die bereits die erste Dosis Astrazeneca erhalten haben, solle eine Lösung mit Experten und Fachleuten erörtert werden, kündigt Spahn an.

Merkel nach Krisentreffen wegen Astrazeneca: „Wir werden die Pandemie überwinden können“

Update vom 30. März, 21.33 Uhr: Die Pressekonferenz hat begonnen, Angela Merkel fasst die Beschlüsse zu Astrazeneca noch einmal zusammen. Sie erläutert die Gründe, nach denen der Impfstoff künftig nur noch für Personen, die älter sind als 60 Jahre, verimpft wird. Impfen sei das wichtigste Mittel gegen die Pandemie, sagt Merkel. „Wir wissen, dass das Impfen auf einem Grundsatz beruht: Vertrauen.“ Das entstehe nur, wenn jedem Einzelfall nachgegangen werde. „Die neuen Regeln für den Einsatz von Astrazeneca haben Folgen für die Impfkampagne.“ Es werde Veränderungen geben, so Merkel. Das werde gemeinsam bewältigt werden, sagt die Bundeskanzlerin. „Wir werden die Pandemie überwinden können“, schließt Merkel ihr Statement.

Update vom 30. März, 21.25 Uhr: Die Sondersitzung läuft noch immer, die Pressekonferenz verzögert sich deshalb. Thema der Gespräche soll vor allem Astrazeneca und die aktuellen Entwicklungen rund um den Impfstoff des schwedisch-britischen Herstellers sein. Weitere Entscheidungen sollen heute wohl nicht getroffen werden. Klar ist jedoch offenbar, das haben die Gesundheitsminister vorab wohl entschieden, dass der Impfstoff künftig nur an Personen, die älter als 60 Jahre alt sind, verimpft werden soll. Der Empfehlung, die die Ständige Impfkommission am Nachmittag herausgab, wird also entsprochen.

Update vom 30. März, 20.08 Uhr: Die Pressekonferenz nach dem Krisentreffen von Bundeskanzlerin Angela Merkel, Bundesgesundheitsminister Jens Spahn und den Ministerpräsidenten der Länder ist für 20.15 Uhr angesetzt. Ob sie auch wirklich in wenigen Minuten beginnen wird, ist unklar. In den vergangenen Wochen verzögerten sich die Statements häufig, da die Verhandlungen meist länger als ursprünglich geplant dauerten.

Krisentreffen zu Astrazeneca: Merkel und Spahn beraten mit den Gesundheitsministern der Länder

Erstmeldung vom 30. März: Berlin – Erneut gibt es Aufregung um den Astrazeneca-Impfstoff. Mehrere Bundesländer setzten am Dienstag wieder Impfungen mit dem Wirkstoff von Astrazeneca aus – diesmal für die Jüngeren. Auch die Stadt München und der Kreis Heinsberg in Nordrhein-Westfalen stoppen vorerst die Verabreichung des Vakzins. Der Grund: Zuletzt traten Hirnvenenthrombosen vorwiegend bei Frauen unter 50 auf. Berlins Gesundheitssenatorin Dilek Kalayci (SPD) nannte den vorläufigen Stopp eine „Vorsichtsmaßnahme“. Bislang meldet das Paul-Ehrlich-Institut 31 Fälle einer Sinusvenenthrombose nach Impfung mit dem Impfstoff. Neun Fälle verliefen tödlich.

Astrazeneca-Impfstoff: Geänderte Altersempfehlung deutet sich an

Das Präparat soll voraussichtlich nur noch für Menschen über 60 Jahre empfohlen werden, schreibt die dpa. Der Nachrichtenagentur liegt ein Bericht der Ständigen Impfkommission (Stiko) vor. Allerdings könnte der Einsatz auch bei Jüngeren „nach ärztlichem Ermessen und bei individueller Risikoakzeptanz nach sorgfältiger Aufklärung möglich“ bleiben.

Am Dienstagabend treffen sich die Regierung um Bundeskanzlerin Angela Merkel und Gesundheitsminister Jens Spahn zum Krisentreffen mit den Ministerpräsident:innen der Länder. Am späten Abend soll dann eine Pressekonferenz folgen. Das kurzfristig anberaumte Treffen soll das weitere Vorgehen im Zusammenhang mit dem Astrazeneca-Impfstoff klären. Im Hinblick auf die neuesten Entwicklungen schlug Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) vor, die Impfreihenfolge für das Vakzin aufzulösen. „Irgendwann wird man bei Astrazeneca speziell mit sehr viel Freiheit operieren müssen und sagen müssen: Wer will, und wer es sich traut quasi, der soll auch die Möglichkeit haben“, merkte der CSU-Politiker an.

Astrazeneca-Impfstopp beeinträchtigt Strategie der Bundesregierung

Derzeit steigen die Infektionszahlen in Deutschland, flächendeckende Impfungen gelten für die Bundesregierung als wichtigste Langzeitmaßnahme gegen die Ausbreitung des Coronavirus. Würde Astrazeneca nicht mehr verimpft werden, bedeutete dies einen herben Rückschlag in der Impfkampagne. Die Präparate anderer Hersteller sind zur Zeit nicht in ausreichender Anzahl vorhanden. (jjf/dpa*Merkur.de ist ein Angebot von IPPEN.MEDIA.

Rubriklistenbild: © Kay Nietfeld/dpa

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