Auf den ersten Blick bietet das staatliche Reisebüro des weißrussischen Diktators Alexander Lukaschenko sonnige Urlaubsreisen an. Doch hinter den Kulissen geht es vor allem um Asyltourismus. FOCUS Online hat nachgefragt.
Asyltourismus in Belarus Richtung Europa boomt. Mittlerweile hat der Despot aus Minsk ein lukratives „Tourismusnetzwerk“ inklusive Flugticket und offizieller Schleppergarantie aufgebaut, das ganz gezielt mit Einreisen nach Belarus wirbt, um die Migranten dann über die polnische oder litauische Grenze nach Deutschland zu schleusen.
Wie polnische Behörden mitteilen, kassiert Minsk „mehrere zehn Millionen Dollar“ an der Operation. Viele Dollars fließen aber auch an belarussische Reisebüros, insbesondere an ein staatliches mit dem Namen „Centrkurort“.
Schneemänner im Wald, hübsche Frauen am Strand, lachende Kinder – Centrkurort will Freude, Wellness und Urlaub verkaufen. So wollen es zumindest die Facebook- und Instagram-Kanäle des Reisebüros dem Betrachter Glauben machen. Die Website gibt es ausschließlich auf kyrillisch. Auf den ersten Blick wirkt Centrkurort wie ein seriöser Reiseanbieter. 2012 gegründet, um die Eishockey-Weltmeisterschaft 2014 zu organisieren, nahm das staatliche Unternehmen damals seine Arbeit auf.
Anruf in Minsk: „Wir benötigen zehn Tickets von Istanbul nach Minsk – inklusive Visa!“
Doch auf Facebook hat Centrkurort nur 32 Abonnenten und 24 Likes. Obwohl Centrkurort mittlerweile als die mit Abstand größte staatlich kontrollierte belarussische Tourismusagentur gilt?! Verdächtig. Gut, dass bei FOCUS Online auch Kollegen arbeiten, die Russisch sprechen. Alle Weißrussen können auch Russisch, sagt der. Ein Anruf in Minsk soll Klarheit schaffen.
Centrkurort: „Guten Tag, Xenia hier von Centrkurort. Was kann ich für Sie tun?“
FOCUS Online: „Guten Tag! Könnten Sie mir bitte helfen? Wir benötigen zehn Tickets von Istanbul nach Minsk inklusive Visa!“
Centrkurort: „Ja, das kriegen wir hin, kein Problem. Bei uns macht das der Sales-Manager, der für diese Flüge verantwortlich ist. Ich gebe Ihnen die Telefonnummer. Das ist unser Spezialist.“
Die Verabschiedung von Xenia fällt herzlich aus. Doch dann geht der „Sales-Manager“ nicht ans Telefon. Schade, es hätte noch Nachfragen zum Thema Visum und Pass gegeben.
Auch der litauische Europaabgeordnete Petras Austrevicius hat Centrkurort bereits via Twitter auf dem Kieker:
#Lukashenka Belarus operating a migrant smuggling network by recently doubled flights from #Baghdad to Minsk. #Belarus state company Centrkurort runs of the scheme. A number illegal migrants crossing to #Lithuania increased 5 times to compare with 2020. https://t.co/rLOEoMDCr9
— Petras Austrevicius (@petras_petras) June 22, 2021
Tausende von Migranten pro Tag werden nach Minsk eingeflogen
Bislang hatte sich Centrkurort auf Flüchtlinge aus dem Irak spezialisiert. Doch Lukaschenkos Reisebüro soll nun auch vermehrt Geflüchtete über Istanbul nach Minsk bringen. Centrkurort gilt als große Stütze in Lukaschenkos perfidem Plan, die EU zu destabilisieren. Perfekt organisiert werden die Flüchtlinge, die ein Kopfgeld bis zu 5000 Euro zahlen, nach ihrer Ankunft von Minsk aus verteilt.
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Wie FOCUS Online bereits berichtete, hat Lukaschenko die Schlagzahl der Auslandsflüge nach Minsk kräftig erhöht. Seine Fluglinie Belavia hat Istanbul als lukrativstes Drehkreuz für Geflüchtete ausgemacht. Offenbar mit freundlicher Unterstützung von Turkish Airlines, Putins Aeroflot, aber auch kleinerer Billigfluglinien kann die weißrussische Tourismusbranche nun Tausende von Migranten pro Tag nach Minsk einfliegen.