Rechtsextremismus

AfD-Politiker Maier soll als Richter in Ruhestand versetzt werden

12.02.2022
Lesedauer: 5 Minuten
AfD-Politiker Jens Maier soll nicht wieder im Richteramt arbeiten. Darüber debattieren seit Wochen Anwaltskollegen, Richterbund, Politiker und Verbände. Jetzt hat Sachsens Justizministerium erste Schritte eingeleitet. Bildrechte: dpa

Das sächsische Justizministerium will verhindern, dass der ehemalige AfD-Bundestagsabgeordnete Jens Maier wieder als Richter in Sachsen arbeitet. Das Ministerium reichte zwei Anträge beim Dienstgericht in Leipzig ein. So solle der 60 Jahre alte Maier in den Ruhestand versetzt werden. Der Deutsche Richterbund begrüßte grundsätzlich das Vorgehen, hätte aber eine andere Lösung besser gefunden.

Sachsens Justizministerin Katja Meier (Grüne) will den vom Verfassungsschutz als Rechtsextremisten eingestuften Richter und AfD-Politiker Jens Maier in den Ruhestand versetzen. Für das komplizierte rechtliche Verfahren hat sie jetzt zwei Schreiben aufgesetzt.

Wie die Ministerin mitteilte, ging dem einstigen Bundestagsabgeordneten einerseits ein Schreiben zu, wonach ihm ab dem 14. März eine Stelle als Richter am Amtsgericht Dippoldiswalde im Landkreis Sächsische Schweiz-Osterzgebirge zugewiesen werde. Damit werde sein Anspruch auf Rückführung ins Richteramt gemäß Abgeordnetengesetz erst einmal erfüllt.

Antrag auf Verbot des Führens der Amtsgeschäfte

Aber eigentlich soll Maier das Richteramt gar nicht erst antreten. Um das zu schaffen, hat das Ministerium ein zweites Schreiben aufgesetzt. Es beantragte am Landgericht Leipzig – am dortigen Dienstgericht für Richter – die Versetzung des AfD-Politikers in den Ruhestand. Dieses Verfahren ist allerdings mit hohen rechtlichen Hürden verbunden und muss von den dann für Maier konkret zuständigen Vorgesetzten im Dippoldiswalder Gericht geprüft werden.

Um die Zeit bis zu einer Entscheidung zu überbrücken, ohne dass Maier als Richter arbeitet, hat das Ministerium am Richterdienstgericht in Leipzig das vorläufige Untersagen des Führens der Amtsgeschäfte beantragt. Begründet wird das laut Justizministerin Meier mit der „Abwehr einer schwerwiegenden Beeinträchtigung der Rechtspflege ab dem 14. März 2022“. Das Ministerium hofft, dass dieser Antrag im Eilverfahren behandelt wird und Jens Maier damit seinen neuen Posten in Dippoldiswalde gar nicht antreten kann.

Eine Frau spricht in ein Mikrofon.
Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

Alle Richterinnen und Richter sowie Beamtinnen und Beamte im Dienste des Freistaates Sachsen müssen sich zur freiheitlich demokratischen Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes bekennen und für deren Einhaltung jederzeit eintreten.

Katja Meier sächsische Justizministerin (Bündnis 90/Die Grünen)

Justizministerin Meier betonte, alle Bürger müssten sich darauf verlassen können, dass in der sächsischen Justiz die Einhaltung der grundlegenden rechtsstaatlichen Prinzipien gewährleistet seien. Und Meier fügte hinzu: „Wer durch staatliche Behörden als Rechtsextremist eingestuft wird, kann kein glaubwürdiger Repräsentant der rechtsprechenden Gewalt sein und beschädigt das Ansehen der Rechtspflege schwerwiegend.“

Hintergründe zur Personalie Jens Maier– Maiers Amt als Richter am Dresdner Landgericht ruht seit 2017, weil er für die AfD im Bundestag saß.
– Nachdem er dieses Mandat bei der Bundestagswahl Ende 2021 verlor, stellte Maier einen Antrag auf Rückkehr in den Justizdienst.
– Bis 15. März muss ihm eine Stelle zugewiesen werden.
– Der 60 Jahre alte Maier hatte in der Vergangenheit mehrfach mit rechtsextremen Aussagen auf sich aufmerksam gemacht. Er kokettiert mit seinen Rechts-Außen-Positionen und politischen Grenzüberschreitungen.
– Maier wird vom sächsischen Verfassungsschutz als Rechtsextremist geführt.

Deutscher Richterbund: „Dieser Weg besser als keiner“

Der Deutsche Richterbund (DRB) hat das Vorgehen des sächsischen Justizministeriums gegen den früheren AfD-Bundestagsabgeordneten Jens Maier grundsätzlich begrüßt. Auf Nachfrage des MDR sagte der DRB-Vorsitzende Joachim Lüblinghoff: „Dieser Weg ist besser, als keinen Weg zu gehen.“ Viele, auch der Richterbund hätten jedoch deutlich gemacht, „dass wir einen anderen Weg klar favorisiert hätten“. Lüblinghoff meint das Instrument der Richteranklage. Nicht die Justizverwaltung hätte gegen Maier vorangehen müssen, sondern das Parlament, also der Sächsische Landtag. Das wäre ein „deutliches und klares Signal“ aus Sachsen für ganz Deutschland gewesen, meinte der Richtervertreter.

Für den Sächsischen Richterverein ist der Antrag beim Richterdienstgericht der richtige Schritt. „Es gehört zur wehrhaften Demokratie, den Extremismus in die Schranken zu verweisen“, sagte der Landesvorsitzende Reinhard Schade am Sonnabend laut Mitteilung. Nun werde in einem rechtsstaatlichen Verfahren entschieden, ob Maier wieder Richter sein könne. Der Beschluss der unabhängigen Richter sei abzuwarten.

Kritik am bisherigen Agieren

Bisher hatte sich die Justizministerin mit Einschätzungen zum Fall zurückgehalten. In der zurückliegenden Woche hatte sie noch mitgeteilt, keine Handhabe in der Causa Maier zu haben. Sie war dafür von vielen Seiten deutlich kritisiert worden. Neben dem Zentralrat der Juden, dem Richterbund und dem Deutschen Anwaltverein fand auch Thüringens Innenminister Georg Maier deutliche Worte zum Handeln der sächsischen Politikkollegin. „Häufig fehlt den zuständigen Stellen der Mut einzuschreiten.“

Ministerin Katja Meier verteidigte jetzt ihr Verhalten. Sie habe vor allem verhindern wollen, dass man sich mit frühzeitigen Äußerungen juristische Wege verbaue.

Ruhegehalt oder Richterbesoldung

Mit den juristischen Mitteln, die nun das Justizministerium angestrengt hat, würde – im Erfolgsfall – verhindert werden, dass Jens Maier wieder als Richter arbeitet. Er wäre aber nach wie vor Richter im Ruhestand und würde ein entsprechendes Ruhegehalt beziehen. Bei einer Rückkehr in die sächsische Justiz hat er einen Anspruch auf die gleiche Besoldung wie vor seinem Bundestagseinzug 2017 – in dem Fall auf Besoldungsstufe R 1. Die umfasst in Sachsen eine Spanne von rund 4.400 Euro bis etwas mehr als 7.300 Euro brutto monatlich.

Grüne lassen Richteranklage prüfen

Um ihn aus dem Justizdienst zu entfernen, müsste ein Disziplinarverfahren gegen ihn geführt werden. Oder der Sächsische Landtag müsste eine Richteranklage auf den Weg bringen. Für das in der Bundesrepublik noch nie durchgeführte Verfahren der Richteranklage in Karlsruhe wäre zuvor eine Zwei-Drittel-Mehrheit im Sächsischen Landtag notwendig. So sieht es das Gesetz vor.

Sachsens Grüne lassen derweil eine Richteranklage gegen Maier prüfen. Sie haben dafür den Staatsrechtler Christoph Möllers von der Berliner Humboldt-Universität mit einem Rechtsgutachten beauftragt.

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