Vor Justizministertreffen

150.000 zusätzliche Verfahren pro Jahr befürchtet – Richterbund sendet Hilferuf

16.06.2021
Lesedauer: 2 Minuten
Das deutsche Justizsystem ächzt schon länger unter Personalnot – jetzt befürchten Verbände eine weitere Verschärfung - Quelle: dpa/Christoph Soeder

Der Personalmangel im Justizsystem ist lange bekannt – durch Strafverschärfungen beispielsweise bei Online-Hass und Kinderpornografie wird die Arbeitslast wohl noch einmal verschärft. Der Deutsche Richterbund will nun einen „Rechtsstaatspakt 2.0“.

Im Vorfeld des am Mittwoch stattfindenden Justizministertreffens hat der Deutsche Richterbund (DRB) einen neuen Rechtsstaatspakt gefordert, um die Personalnot im Justizsystem aufzufangen. Gegenüber der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ sagte DRB-Bundesgeschäftsführer Sven Rebehn, speziell die Strafjustiz arbeite „weiter am Limit“ – obwohl seit 2017 bereits mehr als 2000 neue Stellen für Richter und Anwälte geschaffen worden seien.

„Der Personalaufbau muss weitergehen“, sagte Rebehn. Nicht zuletzt, da auf die Strafjustiz durch Strafverschärfungen in verschiedenen Bereichen absehbar zusätzlicher Arbeitsaufwand zukommen werde.

Darunter fallen laut Rebehn unter anderem die Gesetze gegen Hass und Hetze im Internet sowie gegen Kinderpornografie. „Allein die neu eingeführte Meldepflicht der sozialen Netzwerke bei Hass und Hetze auf ihren Plattformen dürfte zu rund 150.000 Strafverfahren pro Jahr führen“, schätzt der Richterbund-Geschäftsführer.

Dazu komme der digitale Wandel: „Es gilt jetzt, die Digitalisierung in der Rechtspflege deutlich zu beschleunigen und bundesweit besser zu verzahnen“, forderte Rebehn. „Bund und Länder dürfen nicht nachlassen und sollten mit einem Rechtsstaatspakt 2.0 nach der Bundestagswahl nachlegen.“

Besonders der Stand der Digitalisierung war zuletzt Gegenstand harscher Kritik, unter anderem durch den Berliner Oberstaatsanwalt Ralph Knispel, der in einem Buch desaströse Zustände beschreibt. So seien im Herbst 2019 nach einem Trojaner-Angriff auf das Berliner Kammergericht Hunderte Richter und Justizbedienstete vorübergehend nur noch per Post erreichbar gewesen. Laut Gutachten zu dem Vorfall sei der Angreifer zudem „höchstwahrscheinlich in der Lage gewesen“, den „gesamten Datenbestand des Kammergerichts zu exfiltrieren“.

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