Flut-Katastrophe

135 Tote im Ahrtal! Porsche-Landrat muss nicht vor Gericht

18.04.2024
Lesedauer: 4 Minuten
Bei der Flut-Katastrophe im Ahrtal starben im Juli 2021 mindestens 135 Menschen. Gegen Ex-Landrat Jürgen Pföhler (rechts) wurde wegen fahrlässiger Tötung durch Unterlassen ermittelt Foto: Boris Roessler/dpa, Arne Dedert/dpa

Staatsanwaltschaft stellt Ermittlungen ein – Angehörige der Opfer fassungslos

Koblenz (Rheinland-Pfalz) – In der Todes-Flut im Ahrtal starben 135 Menschen. Schuld daran? Angeblich niemand! Fast drei Jahre nach der Katastrophe werden die Ermittlungen gegen Ex-Landrat Jürgen Pföhler (65, CDU) und den Technischen Einsatzleiter Michael Z. (54) eingestellt.

Es war ein gigantisches Ermittlungsverfahren mit 30 000 Seiten Akten. 11 000 Notrufe mussten ausgewertet werden. Mario Mannweiler, Leitender Oberstaatsanwalt in Koblenz in Rheinland-Pfalz, sprach von einem „Maximal-Ereignis“, das so nicht vorhersehbar war. Er erklärte am Donnerstag: „Nach umfassender Abwägung aller Ergebnisse ist nicht nachweislich, dass sich der damalige Landrat und der technische Einsatzleiter strafbar gemacht haben.“ Deshalb sei eine Verurteilung nicht wahrscheinlich.

Porsche-Landrat Pföhler, der in der Flut-Nacht fast komplett abtauchte, drohte eine Anklage wegen fahrlässiger Tötung durch Unterlassen. Jetzt hat er einen „Freispruch erster Klasse“.

Schock-Videoaufnahmen von einem Hubschrauber der Polizei in der Todes-Nacht: In diesem überfluteten Haus ist nur noch im obersten Stockwerk Luft zum Atmen
Foto: Polizei

„Das ist ein Justiz-Skandal!“

Opfer-Anwalt Christian Hecken, der mehrere Hinterbliebene vertritt, zu BILD: „Die Einstellung der Ermittlungen ist ein Justiz-Skandal. Beispielsweise im Fall von Johanna Orth, die in Bad-Neuenahr-Ahrweiler in einer Erdgeschoss-Wohnung ertrank, steht fest, dass sie bei rechtzeitiger Warnung hätte gerettet werden können.“

Der Anwalt kündigt bereits an, dass er im Namen seiner Mandanten Beschwerde gegen die Entscheidung einlegen werde.

Inka Orth mit dem Foto ihrer Tochter Johanna. Auch sie starb in der Todes-Flut. Ihre Mutter kämpft dafür, dass die Schuldigen für das „massive Staatsversagen“ zur Rechenschaft gezogen werden
Foto: picture alliance/dpa

Das Todes-Drama in der Flut-Nacht

Rückblick: In der Nacht vom 14. auf 15. Juli 2021 wurden 135 Menschen von bis zu 10 Meter hohen Wassermassen in den Tod gerissen. Das jüngste Opfer war 4, das älteste 97. Über 9000 Gebäude wurden ganz oder teilweise zerstört, 17 000 Bewohner verloren ihr Hab und Gut.

Ex-Landrat Jürgen Pföhler ließ sich in der Nacht nur ein Mal bei der Einsatzleitung im Keller der Kreisverwaltung blicken – gegen 19.20 Uhr gemeinsam mit Ex-Innenminister Roger Lewentz.

Ex-Landrat Jürgen Pföhler (rechts) ließ sich in der Flut-Nacht nur um 19.20 Uhr bei der Einsatzleitung blicken, gemeinsam mit Ex-Innenminister Roger Lewentz. Ebenfalls im Bild: Kreisbrandinspektor Michael Z. (Mitte)
Foto: Kreisverwaltung Ahrweiler

Landrat ging nicht mehr ans Telefon

Danach war er offenbar nicht einmal mehr für Kreisbrandinspektor Z. am Handy zu erreichen. Mit seiner Geliebten telefonierte der Porsche-Landrat aber noch 13 Mal.

Diesen Porsche rettete der Landrat in der Nacht, als das Ahrtal unterging
Foto: privat

Gegen 22.30 Uhr soll er dann noch seinen roten Porsche Cayman aus einer Garage in Bad Neuenahr gerettet haben. Katastrophen-Alarm wurde aber erst um 23.09 Uhr ausgelöst. All das wurde im Flut-Untersuchungsausschuss des Landtags bekannt.

Das reicht offenbar nicht einmal für einen Prozess!

Christoph Arnold, Anwalt des ehrenamtlichen Feuerwehr-Chefs Michael Z., zu BILD: „Die Einstellung des Verfahrens gegen meinen Mandanten ist zutreffend. Er und alle anderen Feuerwehrleute haben alles ihnen Mögliche getan, um Leute zu retten. Mehr konnten sie mit den beschränkten Möglichkeiten nicht tun.“

Tief bewegt: der leitende Oberstaatsanwalt Mario Mannweiler
Foto: Mario Jüngling / BILD

„Opfern gilt unser tiefstes Mitgefühl“

Oberstaatsanwalt Mannweiler betonte zu Beginn: „Wir müssen uns zwingen, emotionslos, objektiv und nüchtern die Sach- und Rechtslage einzuordnen. Nicht, ob jemand charakterlich versagt hat.“

Mannweiler weiter: „Uns ist bewusst, welch unsägliches Leid die Katastrophe verursacht hat und wir wissen um viele menschliche Schicksale. Den Opfern und ihren Angehörigen gilt unser tiefstes Mitgefühl.“

Hinterbliebene der Opfer sind fassungslos. Ralph und Inka Orth, deren Tochter in der Todes-Flut starb, wollten als Nebenkläger erreichen, dass die Schuldigen für das „massive Staatsversagen“ zur Rechenschaft gezogen werden. Sie wollen nach BILD-Informationen weiter kämpfen!

Das könnte Sie auch interessieren

Erste Details zum „Friedensplan“!
09.11.2024
Mehr Arbeitslose, weniger Wachstum:
11.11.2024
Bestechlichkeitsverdacht
08.11.2024
Ticker zur Deutschland-Krise
08.11.2024
Bericht über mehrere Szenarien
08.11.2024

Kommentare

Schreiben Sie einen Kommentar

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

20 + 3 =

Weitere Artikel aus der gleichen Rubrik

Erste Details zum „Friedensplan“!
09.11.2024
Bestechlichkeitsverdacht
08.11.2024
Ticker zur Deutschland-Krise
08.11.2024

Neueste Kommentare

Trends

Alle Kategorien

Kategorien