Hat Twitter Kritiker und rechte Kommentare zensiert?
Die zweite Folge von Elon Musks „Twitter Files“ legt offen, wie der Social-Media-Riese konservative Tweets und User heimlich auf eine „schwarze Liste“ gesetzt haben soll.
▶︎ Insbesondere die Reichweite von Kritikern der Corona-Maßnahmen sowie eher rechts-gesinnte Inhalte soll künstlich unterdrückt worden sein.
Gab’s eine Schatten-Zensur? Unliebsame Tweets wurden zwar nicht unbedingt stumm geschaltet oder blockiert, aber in der Reichweite manipuliert, erklärt die freie Journalistin Bari Weiss (38, früher „New York Times“). Sie erläutert in einer Reihe von Beiträgen, wie Twitter das sogenannte „geheime Zensieren“ („shadow ban“) umgesetzt haben soll, um die Sichtbarkeit der Tweets von rechten oder vermeintlich rechten Usern einzuschränken.
Laut Weiss gehören der konservative Talkshow-Moderator Daniel Bongino, der Lockdown-Befürworter der Stanford University, Dr. Jay Bhattacharya, und der rechte Aktivist Charlie Kirk zu den Usern, die von Twitter unterdrückt wurden.
Foto: AFP
Brisant: Die ehemalige Autorin der „New York Times“ und des „Wall Street Journal“ stellte dar, wie die Meinungsfreiheit offenbar massiv eingeschränkt wurde. Sie twitterte: „Eine neue Untersuchung zeigt, dass Teams von Twitter-Mitarbeitern schwarze Listen erstellen, verhindern, dass unerwünschte Tweets in den Trend gehen, und die Sichtbarkeit ganzer Konten oder sogar Trendthemen aktiv einschränken – alles im Geheimen, ohne die Benutzer zu informieren.“
Somit sei das Unternehmen von seiner ursprünglichen Mission abgekommen, „jedem die Möglichkeit zu geben, Ideen und Informationen sofort und ohne Barrieren zu erstellen und zu teilen“.
THREAD: THE TWITTER FILES PART TWO.
— Bari Weiss (@bariweiss) December 9, 2022
TWITTER’S SECRET BLACKLISTS.
Gelbe Markierungen: schwarze Liste für Trends?
Das Konto von Dr. Bhattacharya soll beispielsweise auf einer „schwarzen Liste für Trends“ gekennzeichnet gewesen sein, so Weiss; sie teilte ein Bild seines Kontos aus der Sicht von Twitter mit gelben Markierungen, welche angeblich die Einschränkungen anzeigen.
3. Take, for example, Stanford’s Dr. Jay Bhattacharya (@DrJBhattacharya) who argued that Covid lockdowns would harm children. Twitter secretly placed him on a “Trends Blacklist,” which prevented his tweets from trending. pic.twitter.com/qTW22Zh691
— Bari Weiss (@bariweiss) December 9, 2022
Die Journalistin schreibt über heikle Anschuldigungen: „Nehmen Sie zum Beispiel Dr. Jay Bhattacharya von Stanford, der argumentierte, dass Covid-Maßnahmen Kindern schaden würden. Twitter hat ihn heimlich auf eine ‚Trends Blacklist‘ gesetzt, was verhinderte, dass seine Tweets im Trend lagen.“
▶︎ Ein Bild von Bonginos Twitter-Konto zeigt einen ähnlichen gelben Hinweis.
Twitter bestritt vehement, dass Nutzer unterdrückt wurden
Weiss behauptet, dass Top-Führungskräfte von Twitter, darunter die frühere Leiterin der Rechtsabteilung, Vijaya Gadde, und die Leiterin der Produktabteilung, Kayvon Beykpour, in der Vergangenheit das Vorgehen bestritten haben.
Die hatten schon 2018 Stellung genommen und gesagt, es gäbe kein „shadow ban“ im Sinne von Stummschalten von Accounts, so dass sie nicht mehr auffindbar wären. Und „sicherlich“ täten sie das nicht auf der Grundlage politischer Standpunkte oder Ideologien“, hieß es damals. Allerdings räumten sie schon damals ein: Bei den Reichweiten würde Twitter sehr wohl eingreifen.
Im selben Jahr hatte auch der Twitter-Mitbegründer und ehemalige CEO Jack Dorsey erklärt, dass das Unternehmen Konten mit bestimmten „politischen Standpunkten“ nicht einschränke.
Weiss widerspricht: Die Praxis, konservative Stimmen zu unterdrücken, sei intern als „Visibility Filtering“ (aus dem Englischen „Sichtbarkeits-Filtern“) oder „VF“ bekannt.
Letzte Woche war der erste Teil der von Musk groß angekündigten „Twitter Files“ herausgegeben worden. Darin ging es um den Verdacht, Twitter habe im US-Wahlkampf 2020 aktiv eingegriffen, um der Demokratischen Partei gegen den Republikaner Donald Trump zu helfen.