Es sind Worte, die klingen, als kämen sie direkt aus den Propaganda-Studios des Kreml oder der iranischen Mullahs.
Doch ausgestrahlt wurden sie in der meistgesehenen Nachrichtensendung Deutschlands, der öffentlich-rechtlichen „Tagesschau“ (täglich rund 11,7 Millionen Zuschauer) – oder dem Internet-Auftritt „tagesschau.de“.
Immer wieder benutzt die „Tagesschau“ Formulierungen, die mit der Realität nichts zu tun haben – und stattdessen Regime-Propaganda aus Russland oder dem Iran wiedergeben. Wie kann das sein?
▶︎ In einer Sendung vom 5. Oktober hieß es: „Trotz internationaler Kritik hat Russlands Präsident Putin das Gesetz zur Annexion ukrainischer Gebiete unterzeichnet. Damit stehen die teilweise von Russland besetzten Regionen Cherson, Saporischschja, Luhansk und Donezk künftig unter dem Schutz der Atommacht.“
Wie bitte? Die geraubten Gebiete stehen unter Russlands „Schutz“?
Fakt ist: Die ukrainischen Gebiete, die Kreml-Despot Wladimir Putin (70) am 30. September völkerrechtswidrig annektierte, stehen keineswegs „unter dem Schutz“ Russlands. Im Gegenteil: Die Russen terrorisieren die Bevölkerung in der Ost-Ukraine seit Jahren. Morden, vergewaltigen und foltern ukrainische Zivilisten.
Historikerin Franziska Davies (38, Uni München) kritisierte auf Twitter: „Fast 5,5 Millionen Menschen haben die Sendung gesehen, sie wird öffentlich finanziert. Das russische Terrorregime wird zur „Schutzmacht“. Wie kann das nach mehr als sieben Monaten Krieg gegen die Ukraine passieren?“
Das sieht man bei der ARD inzwischen auch ein, rudert auf BILD-Anfrage zurück. Eine Sprecherin: „Besser wäre es gewesen, die Nachricht hätte etwa so gelautet: … ‚damit sind die Regionen … nach Lesart des Kremls nun Teil der Atommacht Russland.‘“
„Tagesschau“ schiebt Iran-Demonstranten Schuld zu
Auch auf die Propaganda des iranischen Mullah-Regimes fiel die Tagesschau mehrfach herein.
► So heißt es auf Tagesschau.de, dass der Iran „nicht zur Ruhe komme“. Begründung im Bericht: „In der Hauptstadt Teheran setzten Demonstranten Molotow-Cocktails ein.“ Dazu ist von „Auseinandersetzungen“ die Rede.
Heißt: Nicht das Mullah-Regime, das brutal gegen die Demonstranten vorgeht, ist für die Lage verantwortlich, sondern die iranischen Bürger, die für ihre Freiheit demonstrieren.
Publizistin Gilda Sahebi kritisierte auf Twitter: „Der Iran komme nicht ‚zur Ruhe‘, weil die Demonstranten Gewalt anwendeten. Die wenigen Mittel, die die Protestierenden haben, um sich vor der brutalen Staatsmacht zu wehren, werden als Angriff beschrieben.“ Ihr Fazit: „Lupenreine Täter-Opfer-Umkehr.“
Sahebi weiter: „Was gestern auf den Straßen passierte, waren keine ‚Auseinandersetzungen‘, sondern die gewalttätige Niederschlagung friedlicher Proteste.“
Bei der ARD weist man allerdings jede Kritik auf BILD-Anfrage von sich. Im Text würden „in keiner Weise“ die Demonstranten für die Lage verantwortlich gemacht. Und: „Die von Ihnen unterstellte Täter-Opfer-Umkehr findet nicht statt.“ Allein die Formulierung „Sicherheitskräfte gingen mit Gewalt gegen die Demonstranten vor“ widerlege diesen Eindruck.
Mullah-Erklärung kommentarlos verbreitet
Hintergrund: Weil sie angeblich „unislamisch“ gekleidet war, wurde Mahsa Amini (†22) am 13. September auf einer Straße in der iranischen Hauptstadt Teheran verhaftet. Noch vor Ort wurde die junge Frau in einem Polizeifahrzeug brutal verprügelt. Kurze Zeit später brach Mahsa Amini auf einer Polizeistation zusammen, fiel ins Koma. Drei Tage später starb sie im Krankenhaus.
Seitdem demonstrieren zahlreiche Iraner gegen die Unterdrückung durch das islamische Regime. Die Mullah-Polizei schlägt die Proteste brutal nieder, schießt unter anderem auf die Demonstranten.
► Auf Instagram verkündete die Tagesschau, dass Mahsa Amini laut der iranischen „Gerichtsmedizin“ nicht durch Polizeigewalt gestorben sei. Am unteren Rand des Postings wird in deutlich kleinerer Schrift erwähnt: „Ihre Familie macht weiter die Polizei verantwortlich.“
Auf BILD-Anfrage antwortete der für die Tagesschau zuständige NDR, bei Instagram lediglich den „Sachstand“ abgebildet zu haben. „Bereits im Posting und dem Begleittext wiesen wir darauf hin, dass es zu diesem Zeitpunkt Kritik an den Ergebnissen gab.“
Klar ist: Die Gerichtsmediziner im Iran sind nicht unabhängig, sondern stehen unter der Kontrolle des Regimes. Ihr „Bericht“ über Aminis Tod ist nicht neutral, sondern dient der iranischen Regierungs-Propaganda. Das ließ die Tagesschau in ihrem Beitrag weg, suggerierte stattdessen, dass der „Bericht“ der staatlichen Gerichtsmedizin und die Aussagen der Familie die gleiche Glaubwürdigkeit hätten.