Vorteile für Geimpfte?

So gehen Dating-Apps mit der Corona-Impfung um

29.07.2021
Lesedauer: 8 Minuten
Quelle: Getty Images/Tim Robberts

Um die Impfkampagne in Schwung zu halten, arbeitet die US-Regierung mit Dating-Apps zusammen. Diese bieten ihren geimpften Nutzern sogar Vorteile. Wir haben nachgefragt, was Singles hierzulande bei Tinder, Bumble und Co. erwartet.

Pünktlich zum Sommer normalisiert sich unser Alltag wieder ein wenig: Kontaktbeschränkungen werden gelockert, Restaurants und Biergärten öffnen wieder. Eine neue Freiheit in Pandemiezeiten. Gerade für Singles kommt das einer Erlösung gleich: Endlich können sie sich wieder für Dates treffen, die nicht ein Spazierengehen auf Distanz im Park bedeuten.

Das spüren auch Dating-Apps. Unter den deutschen Nutzerinnen und Nutzern bei Tinder etwa taucht „geimpft“ in den persönlichen Bios, wo die Mitglieder eine kurze Beschreibung von sich verfassen können, seit ein paar Wochen immer häufiger auf. Auf Anfrage von WELT teilte das Unternehmen mit, dass die Nutzung des Begriffs im Mai dieses Jahres um 1053 Prozent im Vergleich zum Februar gestiegen sei. Einen ähnlichen Trend verzeichnet die ebenfalls bei der Partnersuche beliebte App Bumble, wie Naomi Walkland, Vice President für Europa bei Bumble, uns gegenüber bestätigt.

SEIT DEM BEGINN DER IMPFUNGEN SEHEN WIR IMMER MEHR MENSCHEN, DIE DAS WORT „IMPFUNG“ ODER „GEIMPFT“ IN IHR BUMBLE-PROFIL AUFGENOMMEN

HABENNAOMI WALKLAND, Vizepräsidentin für Europa bei Bumble 

Im englischsprachigen Raum ist sogar schon die Rede von einem „Hot Vaccinated Summer“ – wer geimpft ist, dem stehen diesen Sommer alle Liebesabenteuer offen.

So gehen Dating-Apps in Deutschland mit der Impf-Frage um
Quelle: Unsplash.com/Atikh Bana

So haben sich in den USA etwa Tinder und OkCupid, die beide zum Konzern Match Group gehören, mit der Regierung zusammengeschlossen, um Impfungen für die User attraktiver zu machen: Wer seinen Impfstatus teilt, bekommt gratis Premiumfunktionen wie etwa ein zusätzliches „Superlike“ bei Tinder, das die Matching-Chancen und Sichtbarkeit des Nutzers erhöht.

Auch die Dating-App Bumble wird nach eigenen Angaben bald die Regierungskampagnen zum Impfen in den USA und Großbritannien mit neuen Profilstickern sowie In-App- und Social-Media-Kampagnen unterstützen, um mehr Menschen zu ermutigen, sich impfen zu lassen.

Die Logik dahinter ist einfach: Je eher sich die Menschen wieder sorglos in der Öffentlichkeit verabreden können, desto besser läuft auch das Geschäft der Dating-Apps.

Doch wie sieht die Sache hierzulande aus: Arbeiten die Dating-Apps in Deutschland mit der Bundesregierung zusammen, indem sie zum Beispiel Kampagnen unterstützen und über die Impfungen aufklären? Und viel wichtiger: Werden User, die ihren Impfstatus in ihrem Profil angeben, bevorzugt?

So gehen Dating-Apps in Deutschland mit der Impf-Frage um
Solche Karten sahen die Tinder-User zu Beginn der Corona-Pandemie in der App.
Quelle: Tinder Match Group

Bereits zu Beginn der Pandemie im März 2020 wurden erste Maßnahmen ergriffen: Schließlich ist das Geschäft mit der Liebe eine ziemlich intime und kontaktintensive Sache – etwas, das sich mit dem Coronavirus nicht ganz so gut vereinbaren lässt. So hat etwa Branchenprimus Tinder in Deutschland seine User via App dazu aufgerufen, die grundlegenden Hygieneregeln und Empfehlungen der Weltgesundheitsorganisation WHO einzuhalten. Dazu gab es einen Infolink. Die App Lovoo hingegen informierte eher über seine Social-Media-Kanäle, den Supportbereich und den eigenen Blog statt direkt in der App.

Mit dem Impfsticker zum Match?

So gehen Dating-Apps in Deutschland mit der Impf-Frage um
Quelle: Unsplash.com/Diana Parkohouse

Bei Bumble setzte man neben Aufklärung und Information vor allem darauf, dass die User in ihren Profilen transparent darstellen konnten, wie sie sich ein Date unter Corona-Bedingungen vorstellten: virtuell, mit Abstand oder mit Abstand und Maske. Das funktioniert bei Bumble in Deutschland seit Sommer 2020 mit einem Profilsticker, den jeder individuell hinzufügen kann.

Außerdem können Bumble-Mitglieder in ihren Präferenzen angeben, ob man sich lieber nur im Freien verabreden möchte oder offen für Treffen in Innenräumen ist. Einen „Impfsticker“ gibt es bei Bumble in Deutschland aber bisher nicht. Jedoch, so erklärt Naomi Walkland, hätten User, die andere Präferenzsticker benutzen, bessere Dating-Chancen:

WIR SEHEN, DASS MENSCHEN, DIE DIESE PROFILSTICKER NUTZEN, ZWEIMAL MEHR MATCHES HABEN ALS MENSCHEN, DIE DAS NICHT TUN

NAOMI WALKLAND, Vizepräsidentin für Europa bei Bumble

Beim Impfen machen die Dating-Apps noch keine gemeinsame Sache mit der Bundesregierung

So gehen Dating-Apps in Deutschland mit der Impf-Frage um
Quelle: Unsplash.com/Caleb Russell

Während im Januar 2021 die Infektionszahlen in der Bundesrepublik neue Höchstwerte verzeichneten, arbeitete Tinder mit dem Bundesgesundheitsministerium zusammen: In der App wurden die Singles dazu aufgerufen, körperlichen Abstand zu halten. Eine Impfkampagne, ähnlich wie in den USA, gibt es bei Tinder in Deutschland allerdings noch nicht. Ob der Algorithmus der App deutsche User, die ihren Impfstatus in der Bio teilen, bei Matches bevorzugt oder nicht, wollte das US-Unternehmen auf Anfrage keine Auskunft geben.

Transparenter ist das Start-up Lovoo: Ob jemand den Impfstatus in seiner Profilbeschreibung angibt oder nicht, würde „keine Beeinflussung“ darstellen, wie Sebastian Matkey, Senior PR and Communications Manager des Start-ups gegenüber WELT erklärt. Das liege daran, dass die App stärker auf das Kennenlernen von Menschen in der Region ausgelegt sei – das Matching basiere nur auf ähnlichen Interessen und Gemeinsamkeiten.

So gehen Dating-Apps in Deutschland mit der Impf-Frage um
Quelle: Unsplash.com/Alan Quirvan

Ohnehin spiele der Impfstatus bei den Singles, die auf Lovoo aktiv sind, im Moment noch keine große Rolle, so Matkey. Bei einer Umfrage unter den 1118 deutschsprachigen Nutzern gaben zwar rund 31 Prozent an, dass sie versuchen, körperlichem Kontakt mit Fremden aktiv aus dem Weg zu gehen. Aber nur für 18 Prozent der Befragten war ein Corona-Test vor dem ersten Date ein Muss und nur neun Prozent machten eine vollständige Impfung zur Voraussetzung.

ES IST JEDOCH MÖGLICH, DASS SICH DIESER WERT MIT STEIGENDEN IMPFZAHLEN NOCH VERÄNDERT

SEBASTIAN MATKEY, Senior PR and Communications Manger Lovoo 

Noch sind die Singles verhalten

So gehen Dating-Apps in Deutschland mit der Impf-Frage um
Quelle: Unsplash.com/Gabriella Claire Marino

Die Schweizer App Once hat unter ihren Mitgliedern eine Art Dating-Müdigkeit festgestellt: Laut einer internen Umfrage von April habe jeder sechste deutsche User aufgrund der Pandemie sein Datingleben komplett eingestellt. Das Thema Corona-Impfung werde von der Slow-Dating-App nach eigenen Angaben aber bisher eher vermieden, wie Once-CEO Clémentine Lalande gegenüber WELT betont:BEI ONCE HABEN WIR UNS ENTSCHIEDEN, DAS THEMA IMPFUNG ZU VERMEIDEN, UM DIE PRIVATSPHÄRE UNSERER NUTZER:INNEN ZU SCHÜTZEN CLÉMENTINE LALANDE,Once-CEO 

Der Impfstatus könne zwar wie bei den meisten Apps über die Profilbeschreibung angegeben werden, Once selbst wolle es jedoch nicht zu einem Dating-Kriterium wie etwa das Alter oder die Größe der Nutzer machen.

UNSER ALGORITHMUS BEVORZUGT DESHALB NICHT DIEJENIGEN, DIE GEGEN COVID-19 GEIMPFT SIND. DENN WIR WOLLEN UNSERE NUTZER:INNEN NICHT DRÄNGEN ODER IHNEN EINE ENTSCHEIDUNG ABNEHMEN 

CLÉMENTINE LALANDE,Once-CEO 

Die Frage nach dem Impfstatus wird wohl erst in ein paar Monaten zum Datingfaktor

So gehen Dating-Apps in Deutschland mit der Impf-Frage um
Quelle: Unsplash.com/Laura Chouette

Bei den Onlinepartnerbörsen Parship und ElitePartner sieht man das ähnlich. Derzeit habe einfach ein erheblicher Teil der Mitglieder leider noch nicht die Möglichkeit, ein Vakzin zu erhalten, erklärt die Senior-PR-Managerin Jana Bogatz auf WELT-Anfrage. Da die Impfpriorisierung erst seit Kurzem aufgehoben und vielerorts noch nicht genügend Impfstoff vorhanden ist, sehe man derzeit davon ab, eine Angabe zur Covid-19-Impfung zum Profilstandard zu machen.

GLEICHZEITIG HABEN ALLE NUTZER:INNEN VON PARSHIP UND ELITEPARTNER SCHON HEUTE DIE MÖGLICHKEIT, AUF FREIWILLIGER BASIS IM FREITEXTBEREICH IHRES PROFILS EINE ANGABE ZUM IMPFSTATUS ZU ERGÄNZEN

JANA BOGATZ, Senior-PR-Managerin Parship 

Man könne sich jedoch durchaus vorstellen, ein solches „Impf-Feature“ als Standard in den Profilen umzusetzen, sobald sich alle Bundesbürger ab 18 Jahren tatsächlich impfen lassen können, weil genug Impfstoff für alle zur Verfügung steht.

Für viele Singles sei der Impfstatus vor dem ersten Treffen eine wichtige Information. Zugleich betont Bogatz: „Klar ist aber auch: Impfen ist eine freiwillige, ganz persönliche Entscheidung.“ Auch wenn Mitglieder ihren Impfstatus nicht öffentlich machen wollen, könnten sie weiterhin uneingeschränkt auf Partnersuche gehen.

Generell habe sich das Nutzerverhalten auf den Apps während der Pandemie etwas verändert

So gehen Dating-Apps in Deutschland mit der Impf-Frage um
Quelle: Unsplash.com/Visuals ufK

Das zeigt zum Beispiel der „Future of Dating Report“ von Tinder, der sich auf das Jahr 2020 bezieht. Demnach hätten vor allem die Singles im Alter zwischen 18 und 25 Jahren in Deutschland während des Lockdowns häufiger Nachrichten verschickt und das seit Oktober 2020 verfügbare Video-Chat-Feature für sich entdeckt. Ein Trend, der wohl anhalten wird: Rund 40 Prozent wollen das Feature zum ersten Kennenlernen weiter nutzen, auch wenn sich unser Alltag ohne Pandemie normalisiert hat.

Ähnliches zeigt sich auch beim Mitkonkurrenten Lovoo in Dresden: Bevor es zu einem ersten Offline-Date käme, würden die User verstärkt auf Video-Calls setzen und chatteten länger miteinander. In Vor-Corona-Zeiten wurden 2,6 Milliarden Chats pro Jahr über die App verschickt, mittlerweile sind es mehr als drei Milliarden, sagt Sebastian Matkey, Senior PR and Communications Manager bei Lovoo. Allerdings: Seitdem es mehr Lockerungen gibt, nähern sich die Werte wieder denen aus der Vor-Corona-Zeit an.

WIR SIND ÜBERZEUGT DAVON, DASS VIDEO-DATING SELBST NACH ENDE DER EINSCHRÄNKUNGEN EIN WICHTIGER BESTANDTEIL BLEIBEN WIRD, DA ES EIN MEHR AN SICHERHEIT UND AUTHENTIZITÄT BIETEN KANN

SEBASTIAN MATKEY, Senior PR and Communications Manger Lovoo

Klingt insgesamt also so, als ob es in Deutschland eher einen „Heißen Impf-Herbst“ statt einen „Hot Vaccinated Summer“ geben wird. Inwiefern der Impfstatus bei den Dating-Apps in Zukunft eine Rolle spielen wird, wird sich also erst noch zeigen.

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