Absurde Propaganda

Russische TV-Heldin soll nun britische Spionin sein

21.03.2022
Lesedauer: 3 Minuten
Marina Owsiannikowa droht eine langjährige Haftstrafe Foto: AFP

Vor einer Woche zog TV-Moderatorin Marina Owsiannikowa (43) den Zorn von Russlands Diktator Wladimir Putin (69) auf sich, als sie mit einem „No War“-Plakat eine „Nachrichten“-Sendung im Staatsfernsehen stürmte – jetzt scheint der Kreml alles zu tun, um ihren Ruf zu ruinieren.

Kirill Kleimjonow, Nachrichtenchef beim „Ersten Kanal“ und Ex-Boss von Mutig-Marina, hat ihr vorgeworfen, eine britische Spionin zu sein. „Nicht lange vor ihrer Aktion hat Marina Owsiannikowa mit der britischen Botschaft gesprochen“, behauptete Kleimjonow in einer Sendung des Propagandakanals.

Dann sagte Kleimjonow die Sätze, die aus Marinas mutigen und selbstlosem Protest einen eigennützigen Landesverrat machen sollen: „Emotional impulsiv zu sein, ist eine Sache, aber Verrat eine ganz andere. Und wenn eine Person ein Land verrät … kalt und heuchlerisch im Tausch für einen Bonus …“

Dann? Die Antwort darauf gibt der Kreml-Propagandist nicht, aber die Botschaft ist klar: Wenn es nach Kleimjonow geht, sollte Mutig-Marina für ihren Kriegsprotest noch härter bestraft werden, als es die eh schon verschärften Strafgesetzbücher vorsehen.

Denn: Russland hat seine Strafen für Demonstrationen und die Verwendung der verbotenen Wörter „Krieg“ und „Invasion“ zuletzt dramatisch verschärft – Putin versucht mit aller Macht, die Wahrheit unter den Teppich zu kehren, die freie Meinung und Presse zu unterdrücken.

Mitten in der Nachrichtensendung des ersten Kanals im russischen Staats-TV stürmt eine Frau mit einem Protest-Plakat ins Bild, darauf steht auf Russisch und Englisch: „Kein Krieg! Glaubt der Propaganda nicht. Hier werdet ihr belogen“ (Foto: AFP)
Mitten in der Nachrichtensendung des ersten Kanals im russischen Staats-TV stürmt Marina Owsiannikowa mit einem Protest-Plakat ins Bild, darauf steht auf Russisch und Englisch: „Kein Krieg! Glaubt der Propaganda nicht. Hier werdet ihr belogen“ (Foto: AFP)

JEDEM, der angeblich „falsche Informationen“ über das Militär verbreitet, drohen bis zu 15 Jahre Gefängnis. Was falsch ist, entscheidet der Kreml. Die gesetzliche Grundlage: Artikel 20.3.3. des Verwaltungsgesetzbuches, „öffentliche Maßnahmen, die darauf abzielen, den Einsatz der Streitkräfte zu diskreditieren“.

Experten rechnen damit, dass Marina zwischen 5 und 10 Jahren bekommen wird. Auf Spionage stehen laut russischem Gesetz noch einmal 12 bis 20 Jahre Knast.

Alleine für das vor ihrer Protest-Aktion aufgenommene Video muss Marina Owsiannikowa 30.000 Rubel (rund 260 Euro) Geldstrafe zahlen.

Dabei sagte Mutig-Marina nichts als die Wahrheit: „Was in der Ukraine passiert, ist ein Verbrechen, und Russland ist der Aggressor. Die Verantwortung für diese Aggression liegt bei einem Mann: Wladimir Putin. Mein Vater ist Ukrainer, meine Mutter Russin, und sie waren nie Feinde.“ Für sie ist klar: „Russland muss diesen Bruderkrieg beenden.“

Über ihren Job beim „Ersten Kanal“ sagte Owsiannikowa: „Leider habe ich in den letzten Jahren für den Ersten Kanal gearbeitet. Ich habe Kreml-Propaganda gemacht und schäme mich sehr dafür – dass ich Leute von Fernsehbildschirmen aus lügen ließ und zuließ, dass das russische Volk zombifiziert wurde.“

Wenig später stürmte Mutig-Marina mit einem Protest-Plakat in den Propaganda-Sender, ruft vor laufender Kamera mehrmals laut: „Nein zum Krieg, Nein zum Krieg, Nein zum Krieg!“ Auf ihrem Plakat steht auf Russisch: „Glaubt der Propaganda nicht. Hier werdet ihr belogen“. Und auf Englisch: „Kein Krieg! Russen gegen Krieg!“

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