Deutschland als „neuer DDR-Obrigkeitsstaat“: In einem Schreiben an die Zeitungsverleger hat Verbandspräsident Mathias Döpfner seine viel kritisierte Wortwahl bedauert.
Nach Kritik an Äußerungen in einer privaten SMS hat der Präsident des Zeitungsverlegerverbands BDZV, Mathias Döpfner, in einem Schreiben an die Verlage sein Bedauern ausgedrückt. Zugleich bat der Vorstandsvorsitzende des Axel-Springer-Konzerns um Unterstützung „bei den verbandlichen Aufgaben“.
In dem Schreiben, das der Deutschen Presse-Agentur vorliegt und über das zuvor das Branchenmagazin Übermedien berichtete, schreibt Döpfner als Präsident des Bundesverbands Digitalpublisher und Zeitungsverleger (BDZV) über den teils öffentlich geäußerten Unmut in Verlagen: „Ich nehme diese Kritik sehr ernst. Ich bin dankbar für die Offenheit, die mir eine Orientierung und bessere Einschätzung ermöglicht. Wenn der Ruf der Branche, des BDZV und insbesondere des Präsidentenamts in dieser Woche hierdurch Schaden genommen haben, bedauere ich dies persönlich zutiefst.“
Hintergrund sind externe Presserecherchen der New York Times und des Investigativteams der Ippen-Mediengruppe. Darin ging es um den ehemaligen Bild-Chefredakteur Julian Reichelt und Vorwürfe des Machtmissbrauchs im Zusammenhang mit einvernehmlichen Beziehungen zu Mitarbeiterinnen sowie Drogenkonsum am Arbeitsplatz. Auch die Übernahme des US-Mediums Politico durch den Springer-Konzern und eine private SMS von Döpfner waren Gegenstand der Berichte.
In der älteren privaten SMS hatte der 58-jährige Döpfner Reichelt als letzten und einzigen Journalisten in Deutschland bezeichnet, der noch mutig gegen den „neuen DDR-Obrigkeitsstaat“ aufbegehre. Fast alle anderen seien zu „Propaganda Assistenten“ geworden. Springer hatte das als Ironie eingeordnet. Bei deutschen Medienhäusern hatte der DDR-Verweis Unmut ausgelöst. Einige Verlage äußerten sich auch öffentlich – auch das Thema Rücktritt kam auf.
Verweis auf „Innenleben einer bilateralen Unterhaltung“
Döpfner ging in dem Verbandsrundschreiben, das auf Freitag datiert ist, erneut auf die SMS ein: „Sie alle wissen, dass meine kritisierten Äußerungen – Stichworte: DDR-Obrigkeitsstaat und PR-Assistenten – in einer privaten SMS gefallen sind. Sie war Teil eines vertraulichen Dialogs. Worte werden dabei gewöhnlich – Sie werden das nachempfinden können – nicht auf die Goldwaage gelegt. Es gibt so etwas wie ein emotionales, provokantes, irrationales und spontanes Innenleben einer bilateralen Unterhaltung unter vermeintlich sich vertrauenden Leuten. Außenstehende werden das zwangsläufig gar nicht oder bestenfalls falsch verstehen.“
Der BDZV-Präsident schrieb weiter: „Die Aufregung kann ich vor diesem Hintergrund nachvollziehen. Es tut mir daher sehr leid, dass diese unvorhersehbare Entwicklung auch den BDZV, die Verlage sowie das Empfinden der Journalistinnen und Journalisten getroffen hat.“ Wer ihn kenne, der wisse, dass „mein Herz für den freien Journalismus schlägt – und ebenso für den Rechtsstaat, in dem wir leben“. Sein Wirken und Denken seien genau hierauf ausgerichtet. Er werde nicht nachlassen, hierfür zu kämpfen.
Die Recherchen von New York Times und dem Investigativteam der Ippen-Mediengruppe bauten auf früheren internen Ermittlungen Springers gegen den Ex-Bild-Chefredakteur Reichelt auf. Der Springer-Konzern in Berlin hatte nach der Prüfung im Frühjahr Reichelt zunächst eine zweite Chance gegeben. Infolge der nun neu veröffentlichten Recherchen hatte der Medienkonzern Reichelt entlassen.