AUSWERTUNG VON MOBILITÄTSDATEN

Diese Daten entlarven die Ausgangssperre als politischen Irrtum

13.04.2021
Lesedauer: 4 Minuten
Menschenleerer Odeonsplatz in München Quelle: picture alliance / SvenSimon

Die Bundesregierung will die Bürger nachts notfalls unter Hausarrest stellen können, wenn das zur Pandemie-Bekämpfung nötig sein sollte. Dabei zeigt eine aktuelle Auswertung der Osterferien, dass die Deutschen ihre Mobilität ohnehin schon drastisch einschränken.

Sollte das neue Infektionsschutzgesetz beschlossen werden, drohen Millionen Deutschen vor allem zwischen 21 und fünf Uhr weitere massive Einschränkungen ihrer Freiheiten. In allen Landkreisen, in denen die Inzidenz dann über 100 liegt, würde in diesen Abend- und Nachtstunden künftig eine Ausgangssperre gelten.

Es wäre vor allem eine Einschränkung, die das Privatleben der meisten Bürger betreffen dürfte. Nur eine Minderheit muss in diesen Stunden zur Arbeit, stattdessen soll das Joggen oder das Spazierengehen allein an der frischen Luft verboten werden.

Dabei zeigen Bewegungsdaten, dass die Mobilität der Deutschen im Privaten in den Abendstunden wohl kaum das Problem darstellt. An Wochenenden und Feiertagen liegt die Mobilität noch immer deutlich unter den Werten aus der Zeit vor der Pandemie. Das Minus während der Arbeitszeit ist hingegen nur klein. Begegnungen im Büro dürften die Infektionen daher eher treiben als das einsame Joggen in den Abendstunden.

Oster-Urlaub fiel häufig aus

Die Daten des Statistischen Bundesamtes für die Osterfeiertage legen diesen Schluss einmal mehr nahe. Die Behörde hat die Mobilitätsdaten in diesem Jahr mit den Ostertagen 2019 verglichen. Demnach sank die Zahl der Bewegungen am Karfreitag um 20 Prozent unter den Wert vor zwei Jahren, am Ostermontag lagen die Messwerte sogar ein Drittel unter denen von 2019.

An Arbeitstagen lag der Rückgang im März hingegen deutlich niedriger. Durchschnittlich war die Mobilität an Werktagen lediglich um elf Prozent geringer ausgeprägt als 2019. Insbesondere von Montag bis Mittwoch ist das Minus mit sieben bis acht Prozent noch geringer.

An den Wochenenden im März bewegten sich die Deutschen hingegen deutlich weniger, die Mobilitätsdaten zeigen einen Rückgang um 18 bis 19 Prozent an Samstagen und Sonntagen gegenüber Wochenenden im Jahr 2019.

Quelle: Infografik WELT

Rund um die Osterfeiertage zeigte sich auch der Effekt, dass die Menschen offenbar versuchen, die Reisezeiten zu entzerren. So gab es insbesondere weniger Fahrten von mehr als 100 Kilometern im Vergleich zu den Feiertagen vor zwei Jahren.

An einem Tag gab es aber sogar ein Plus: am Gründonnerstag. Offenbar hatten viele Deutsche ihre längeren Reisen einen Tag nach vorn gezogen. Um neun Prozent höher als 2019 lagen die Strecken über 100 Kilometer an diesem Tag. Dafür sanken sie aber an den anderen Feiertagen umso drastischer. Am Karfreitag lag das Minus bei 44 Prozent, am Ostermontag sogar bei 49 Prozent.

Die statistischen Daten zeigen aber auch, dass die Deutschen wieder mehr in Bewegung sind als noch vor einem Jahr im ersten Lockdown. Damals lagen die Mobilitätswerte noch deutlich stärker im Minus als 2021.

Auch das deckt sich mit den Daten anderer Auswerter. So ermittelte Google, dass die Mobilität am Arbeitsplatz in diesem Jahr im März nur noch 22 bis 23 Prozent unter den Werten vor der Pandemie rangiert. Im ersten Lockdown im Frühjahr 2020 verzeichnete Google am Arbeitsplatz ein Minus von über 40 Prozent.

Das spricht dafür, dass wieder mehr Menschen ins Büro oder an ihre anderen Arbeitsplätze gehen – auch wenn sie vielleicht sogar die Möglichkeit hätten, von zu Hause aus zu arbeiten. Laut Daten des Ifo-Instituts in München lag die Homeoffice-Quote im März lediglich bei 31,7 Prozent der Firmen, die es ihren Mitarbeitern anboten, in der eigenen Wohnung zu arbeiten.

Schon dieser Wert bleibt deutlich unter dem Potenzial von rund 56 Prozent zurück. Doch die Mobilitätsdaten von Google legen nahe, dass die tatsächliche Nutzung sogar noch geringer ist.

Eigentlich gibt es zwar in der Corona-Arbeitsplatzschutzverordnung die Pflicht, Homeoffice überall da anzubieten, wo es möglich ist, um die Pandemie zu bekämpfen. Eine Pflicht zur Nutzung dieses Angebotes durch die Arbeitnehmer gibt es aber nicht und wäre wohl auch nur schwer rechtlich umsetzbar.

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