Nach den Antisemitismusvorfällen bei der Deutschen Welle fordern Bundestagsabgeordnete strukturelle Veränderungen in der arabischen Redaktion. Vor allem auf den Intendanten Peter Limbourg wird Druck ausgeübt: „Die Erwartungen sind hoch, dass er hier liefert.“
Nach Antisemitismusvorwürfen gegenüber Beschäftigen der arabischen Redaktion der Deutschen Welle (DW) muss der deutsche Auslandssender nach Ansicht von Bundestagsabgeordneten strukturelle Änderungen in Angriff nehmen. Im Anschluss an eine nicht-öffentliche Sitzung des Ausschusses für Kultur und Medien mit dem DW-Intendanten Peter Limbourg sagte SPD-Politiker Helge Lindh dem Evangelischen Pressedienst (epd), es gebe einen zwingenden Handlungsbedarf.
Es reiche nicht aus, das Problem zu individualisieren. Nötig seien vielmehr Mechanismen zur Konfliktlösung, die Beobachtung bestimmter Entwicklungen sowie Whistleblower-Regelungen für Hinweisgeber.
Grünen-Politiker Erhard Grundl betonte, auch wenn kein „struktureller Antisemitismus“ in der Middle-East-Redaktion festgestellt worden sei, sei es nicht mit der Entlassung Einzelner getan. Der Prüfbericht zeige sehr deutlich, dass es Strukturen gebe, die diese Entwicklung befördert hätten. Limbourg habe strukturellen Verbesserung bei Rekrutierung, Schulung und Personalmanagement angekündigt. „Die Erwartungen sind hoch, dass er hier liefert.“
Antisemitismus dürfe es bei der Deutsche Welle auch nicht im Ansatz geben. „Schließlich ist sie eine wichtige demokratische Stimme, die aktuell und faktenorientiert gerade auch dort ein wichtiges Informationsangebot darstellt, wo antidemokratische Kräfte eine kritische Berichterstattung unterdrücken.“
Die Linken-Parlamentarierin Petra Sitte sagte, die vertiefte Aufarbeitung der Antisemitismusvorwürfe und die personellen und organisatorischen Konsequenzen bei der Deutschen Welle seien richtig. „Mit dieser Entschlossenheit sollten Antisemitismus und auch Rassismus überall begegnet werden.“
Die Redaktion sei nicht strukturell antisemitisch
Mitglieder und Mitarbeiter der arabischen DW-Redaktion hatten sich auf privaten Accounts in sozialen Medien und in Textbeiträgen für andere Medien teils antisemitisch geäußert. Ein Redaktionsmitglied nannte den Holocaust ein „künstliches Produkt“, eine Kollegin von ihm schrieb in Zusammenhang mit Israel von einem „Krebs“, der herausgeschnitten werden müsse.
Ein daraufhin in Auftrag gegebenes Gutachten ergab, dass der Redaktion kein struktureller Antisemitismus vorgeworfen werden kann. Die Äußerungen von Mitarbeitern in sozialen Medien seien unabhängig von der Arbeit der Redaktion erfolgt, hatten die nordrhein-westfälische Antisemitismus-Beauftragte Sabine Leutheusser-Schnarrenberger und der Psychologe Ahmad Mansour in ihrem in der vergangenen Woche vorgelegten Bericht erklärt.
Die DW will nun eine Antisemitismus-Definition einführen und einen damit verbundenen Verhaltenskodex der Mitarbeiter als Teil der Arbeitsverträge.