Von Philippe Fischer

Plötzlich spricht der Verfassungsschutz so, dass Millionen Menschen Angst haben

15.02.2024
Lesedauer: 4 Minuten
Verfassungsschutz-Chef Thomas Haldenwang ist an die Weisungen der Innenministerin Nancy Faeser (SPD) gebunden.

Es sind Aussagen, die Angst machen: Thomas Haldenwang, der Mann, der andere Menschen legal abhören, sie beobachten lassen und ihre Worte und Taten mit Geheimdienstmethoden dokumentieren darf, will in Sprache und Gedanken der Menschen in Deutschland hineinwirken – und zwar losgelöst von strafrechtlichen Maßstäben. Millionen Menschen müssen fürchten, dass sie entlang politisch gewollter Maßstäbe ins Visier des Verfassungsschutzes geraten.

NIUS erklärt anhand von drei Sätzen Haldenwangs, wie der Verfassungsschutz seinen Auftrag gewaltig überinterpretiert und dabei Grundsätze des Rechtsstaates vermissen lässt. 

Haldenwang ist seit November 2018 Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz.

Aussage 1: „Wir dürfen nicht den Fehler machen, im Rechtsextremismus nur auf Gewaltbereitschaft zu achten, denn es geht auch um verbale und mentale Grenzverschiebung.“

Heißt: Thomas Haldenwang will offenbar in die Köpfe von Menschen hineinwirken. 

Er spricht über „mentale Grenzverschiebung“, wenn er vor Rechtsextremismus warnt. Also wie sich die Gedanken und Geisteshaltungen von Menschen verändern (können) – das sind Entwicklungen, die noch nicht einmal mit Geheimdienstmethoden abhörbar oder gar messbar sind. Vor allem aber ist es nicht Aufgabe des Inlandsgeheimdienstes, Sprache und Gedanken zu kontrollieren. 

Der Auftrag im Gesetzestext lautet konkret auf: die Sammlung und Auswertung von Informationen bei (gewalttätigen) Bestrebungen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung oder die Organe der Verfassung, bei ausländischer Geheimdiensttätigkeit und bei aktivem Bestreben gegen die Völkerverständigung. Von Gedanken- oder Sprachpolizei ist dort keine Rede.

Aussage 2: „Wir müssen aufpassen, dass sich entsprechende Denk- und Sprachmuster nicht in unsere Sprache einnisten.“

Heißt: Der Chef des Geheimdienstes hat das paternalistische Bild eines minderbemittelten Bürgers, der Aussagen, Ideen und politische Konzepte nicht selbst verstehen, abstrahieren und entsprechende Schlüsse ziehen kann.

Dabei sind Sprache und Gedanken – und seien sich noch so geschmacklos und streitbar – in Deutschland frei und durch das Grundrecht auf Meinungsfreiheit geschützt. Gegen dieses Grundrecht kann man nicht verstoßen, es schützt den Bürger vor dem Eingriff des Staates und seiner Exekutive – nicht umgekehrt. Wer Beleidigung, Verletzung der Ehre oder gar Volksverhetzung in Aussagen sieht, kann eine unabhängige Justiz bemühen. Unabhängig ist das Stichwort: Das Bundesamt für Verfassungsschutz ist zwar gesetzlichen Leitlinien verpflichtet, eine Beurteilung der Behörde ist aber kein Richterspruch. Weil das BfV eben keine unabhängige Justiz, sondern eine Behörde ist, die dem Bundesinnenministerium von Ministerin Nancy Faeser (SPD) unterstellt ist.

Haldenwang wirkt, als würde er die politische Motivation von Nancy Faeser in die Tat umsetzen.

Aussage 3: „Ja, es ist richtig, das hat keine strafrechtliche Relevanz und es ist trotzdem staatswohlgefährdend und es greift unsere freiheitlich-demokratische Grundordnung an, indem eben die Würde der Menschen mit Füßen getreten wird.“

Heißt: Für Haldenwang ist Bekämpfer der Verfassung, also „Rechtsextremist“, wer die Würde des Menschen „mit Füßen tritt“ – strafrechtliche Relevanz spielt für den Mann, der andere Menschen legal abhören darf, dabei keine Rolle.

Haldenwang missbraucht das wichtigste Abwehrrecht der Bürger gegen den Staat, die Würde des Menschen, um ein Eingreifen des Verfassungsschutzes zu rechtfertigen. Dass er dabei keinen Wert auf strafrechtliche Relevanz legt – also die Tatsache, ob ein Gesetz gebrochen worden ist – ist offensichtlich. Man kann nämlich niemanden anzeigen und vor Gericht zur Rechenschaft ziehen, weil er oder sie die Würde eines anderen verletzt hat. Es ist der oberste Schutzmechanismus vor Willkür, Unrecht, Folter und Ungleichbehandlung durch den Staat gegen seine Bürger.

Thomas Haldenwang mutiert, angetrieben durch die politische Motivation seiner Ministerin Nancy Faeser, zum Angstmacher. Niemand soll von der politisch gewünschten Meinung abweichen oder auch nur daran denken, sich regierungskritisch zu äußern. Aufgabe des Verfassungsschutzes ist es – wie der Name schon sagt – die Verfassung vor ihren Feinden zu schützen. Und nicht die Deutungshoheit der Regierung zu schützen, indem man nach Gutdünken alles und jeden, ja selbst Gedanken als extremistisch kriminalisiert. Was Haldenwang in Worten ankündigt und im Falle von Ex-Verfassungsschutzchef Hans-Georg Maaßen bereits in Taten hat folgen lassen, zerstört das Vertrauen in die Rechtsstaatlichkeit des Verfassungsschutzes.

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