Von Ulrich Reitz

Ein Wort dokumentiert das Scheitern von Scholz’ grünem Versprechen

08.03.2024
Lesedauer: 6 Minuten
Generell bewerten sehr viele seine Arbeit negativ: Olaf Scholz. Bildquelle: Jens Kalaene/dpa

Das Klima-Wirtschaftswunder, das der Bundeskanzler versprochen hat, ist in weite Ferne gerückt. Weder kommt die Ampel bei der Wirtschaft voran noch beim Klima. Und jetzt ist auch noch die Kasse leer.

Vor einem Jahr versprach der Bundeskanzler ein grünes Wirtschaftswunder, Wachstumsraten „wie zuletzt in den 1950er und 1960er Jahren geschehen”. Auch Sozis können Wirtschaft, besser: Wirtschaft plus Klimaschutz – und aus Olaf Scholz wird der neue Ludwig Erhard 2.0. Das war das Versprechen. 

Genau ein Jahr später sieht es mau aus: Wirtschaftsexperten senken ihre Konjunkturprognosen, das Handelsblatt-Research-Institute geht aus von einem Minus-Wachstum, einer Rezession also. Und das Ifo-Institut von Clemens Fuest sieht die deutsche Wirtschaft „wie gelähmt“. Selbst Marcel Fratzscher vom DIW, gerne eine Stütze der Regierung, sieht die ökonomische Stimmung im Keller.

Wunschtraum aus dem Kommunistischen Manifest ist Wirklichkeit

„Gelähmt“ also. In Deutschland stehen demnach alle Räder still – der Wunschtraum aus dem Kommunistischen Manifest von Karl Marx und Friedrich Engels ist 176 Jahre später Wirklichkeit geworden. 

Der Grund ist so klar wie einfach und angesichts der ökonomischen Performance der Regierung auch schon irgendwie folgerichtig: Das Vertrauen ist weg. Wer kein Vertrauen hat, gibt auch kein Geld aus. Investitionen bleiben aus, weil Investoren nicht mehr sicher sein können, ob sich der Euro, den sie ausgeben, sich noch auszahlt. 

Und wenn die deutsche Industrie investiert, dann nicht mehr im eigenen Land, sondern im Ausland, wo die Bedingungen besser sind und die Energie billiger ist. Als wäre das alles nicht schon schlimm genug, sieht es auch beim Klimaschutz eher finster aus, da jüngste Expertenurteil des Bundesrechnungshofs ist ein harter Leberhaken für den Wirtschaftsminister, der Klimaminister sein will. 

Die Bundesregierung hinkt „ihren Zielen beim Ausbau erneuerbarer Energien sowie hinreichend gesicherter, steuerbarer Kraftwerksleistung hinterher“, heißt es von den Bonner Geldprüfern. „Die Versorgungssicherheit ist gefährdet, der Strom ist teuer und Auswirkungen der Energiewende auf Landschaft, Natur und Umwelt kann die Bundesregierung nicht umfassend bewerten.“ Diese Lage, warnt der Rechnungshof, „birgt erhebliche Risiken für den Wirtschaftsstandort Deutschland sowie die Akzeptanz der Energiewende in der Bevölkerung“. 

Es gibt kein Wachstum, beim Klimaschutz geht es auch nicht voran

Statt Wirtschaftswunder „wunde Wirtschaft“, dichtelte die “Wirtschaftswoche”. Vom Kanzlerversprechen ist jedenfalls so gut wie nichts Realität geworden. Es gibt kein Wachstum, beim Klimaschutz geht es auch nicht voran, folglich ist ein Klima-Wirtschaftswachstum erst recht nicht zu erwarten. 

Und, leider, leider: Besser wird es auch erst einmal nicht werden. Denn in Berlin sind die Haushaltsberatungen für den Etat 2025 angelaufen, und Christian Lindner hat nichts, aber auch gar nichts zu verteilen. Ihre Kindergrundsicherung wird sich die grüne Ministerin Lisa Paus ein weiteres Mal abschminken müssen, damit aber nicht genug, bei weitem nicht. 

Schon jetzt klafft ein Loch im Haushalt von 25 bis 30 Milliarden Euro. Schon jetzt verkündet Lindner an jeder Straßenlaterne, dass für neue soziale Wohltaten kein Geld da sein wird – wobei es mit „nicht mehr“ dieses Mal nicht getan sein wird. Lindner muss jetzt das „Weniger“ managen. Es ist nur wenige Wochen her, dass sich die Ampelkoalition in einer 200-Stunden-Nachtsitzung gerade noch einmal aus der Regierungsunfähigkeit rettete. Für den Haushalt 2025, so hieß es schon damals, werde es ungleich schwieriger werden, in der Regierung einen Konsens zu finden. 

Bundesverfassungsgericht durchkreuzte Zockerei der Regierung

Denn: Dieses Mal kann diese Einigung nicht stattfinden zu Lasten eines Dritten: des Steuerzahlers. Das aber war die Räson d´ etre der Koalition – ihre Gegensätze überbrückte sie schon beim Start nur mit einem großen Geldsack. Einem, dies wurde inzwischen klar – gestohlenen Geldsack. Das Bundesverfassungsgericht durchkreuzte die Zockerei der Regierung. 

Und es entbehrt nicht einer gewissen Ironie, dass die Warner von damals die Warner von heute sind: So wie der Bundesrechnungshof damals die Regierung warnte, ihre Haushaltstricks würden einer Verfassungsprüfung nicht standhalten, warnt dieselbe Behörde heute, Habecks Art der Klimawende könne die Energiesicherheit nicht gewährleisten. 

Ein Kernstück der Energiewende, Robert Habecks Kraftwerksstrategie, sehen die Rechnungsprüfer auf Sand gebaut. Der Minister und die Seinen seien weit hinter dem Zeitplan, was auch gelte für den Ausbau der Stromnetze. Bei der Lektüre dieser 58 Seiten breitet sich ein Geruch von Verwesung aus.  

Jedenfalls: Beim ersten Mal hatten die Unken recht, was, wenn sie auch beim zweiten Mal richtig liegen? Dann dürfte es nichts mehr werden mit dem für das Jahr 2030 avisierten Ausstieg aus der dreckigen Kohle, dem Zentralversprechen der grünen Energiewende. Die versprochene Dekarbonisierung müsste verschoben werden. 

Von der Leyen muss sich um wirtschaftliches Wachstum kümmern

Längst hat sich auch die Großwetterlage gedreht. Bisher sitzt die größte Antreiberin für eine immer schnellere, auch immer autoritärere Klimawandelpolitik in Brüssel: Ursula von der Leyen. Sie hat sich den „Green Deal“ zur Lebensaufgabe gemacht. Davon aber muss sie sich jetzt verabschieden, ihre konservativen Parteifreunde machten ihr das rechtzeitig zur Nominierung für deren zweite Amtszeit klar.

Fortan muss sich von der Leyen mehr um wirtschaftliches Wachstum und die Sicherung des schwindenden Wohlstands kümmern. Zurzeit reden nur noch Unverdrossene wie Claudia Kemfert davon, die Klimawandelpolitik führe, ganz wie es der Kanzler versprochen hat, zu neuem Wirtschaftswachstum. 

Ihre Zunftkollegen sind realistischer geworden, prophezeien inzwischen eine lange und teure Übergangszeit bis zur Ankunft im Co-2-neutralen Klimaparadies. „Das Versprechen des grünen Wirtschaftswunders wird nach über 20 Jahren EEG-Förderung nicht wahr werden.“ Sagt Michael Frondel vom Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung des RWI. Es waren teurere Jahre, und kostete weitaus mehr eine jene „Kugel Eis“, die der grüne Energiewende-Guru Jürgen Trittin dereinst versprach: 300 Milliarden, so viel hätten die Subventionen für Energie aus Wind und Sonne mit den Jahren verschlungen, so Frondel. 

„Sehen Sie das irgendwo? Ich nicht.“  

Seine Prognose für die kommenden Jahre: Noch einmal dasselbe obendrauf. Nicht gerechnet den Stromnetz-Ausbau und das Geld für den beschleunigten Ausbau von Sonnen- und Windanlagen, bei dem Deutschland, anders als von Scholz versprochen, inzwischen weit hinterherhinkt.  

Inzwischen ist es schon so weit, dass die Industrie angesichts der stattfinden Abwanderung von Betrieben plus der düsteren Aussichten vor einer Musealisierung Deutschlands warnt. Arbeitgeber-Präsident Rainer Dulger: „Wir müssen aufpassen, dass wir vom Motor der EU nicht zum Wohlstandsmuseum werden.“ Anfang der Woche befasste sich Dulger mit dem Kanzler-versprechen eines grünen Klimawirtschaftswunders. Und kam zu einem eindeutigen Resultat: „Sehen Sie das irgendwo? Ich nicht.“   

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