Wem es gelungen ist, trotz der Nullzins-Exzesse der Notenbanken sein Vermögen zu retten, gerät bei der Wahl ins Visier von Grünen, SPD und Linker. Sie wollen Spekulationsfristen für Anleger und Eigentümer abschaffen – und die bestrafen, die dem Staat nicht auf der Tasche liegen wollen.787
Ein differenziertes Problembewusstsein ist bei Robert Habeck nicht unbedingt auszumachen, wenn er über Geldpolitik spricht. Auf die Frage, wie das 500 Milliarden Euro schwere Investitionsprogramm aus dem Wahlprogramm seiner Partei finanziert werden soll, antwortete der Co-Parteichef der Grünen jüngst im ZDF-„Sommerinterview“: „Das wird behoben, indem wir die Zinssituation nutzen. Die ist bei null Zinsen, also wenn der Staat sich Geld leiht, muss er das gleiche Geld zurückzahlen, er muss keine Zinsen zahlen im Moment.“
Das ist sprachlich robust, aber prinzipiell korrekt. Unklar ist hingegen, ob Habeck sich schon mal gefragt hat, warum die Zinssituation „bei null Zinsen“ ist. Er könnte das in Studien der DZ-Bank nachlesen, die seit Jahren regelmäßig errechnet, wie hoch die Zinseinbußen bei den privaten Geldvermögen der Bundesbürger ausfallen.
Aktuell liegt die Summe demnach kumuliert für die vergangenen elf Jahre bei 379 Milliarden Euro. Die Betroffenen: hauptsächlich Sparer und Lebensversicherte, denen dieses Geld in ihrer privaten Altersvorsorge fehlt.
Der Nullzins und die Zinseinbußen der Sparer – das sind die Kehrseiten ein und derselben Medaille. Beides resultiert aus der Geldpolitik der Europäischen Zentralbank (EZB), die seit einem guten Jahrzehnt und inzwischen mindestens am Rande ihres Mandats versucht, das Währungskonstrukt Euro aus einer Dauerkrise zu befreien, die seither in wechselnder Gestalt stets aufs Neue auftaucht.
Hauptgewinner dieser Geldpolitik, mit der die EZB den Regierungen eigentlich die Zeit für Reformen kaufen wollte, waren die Staaten der Euro-Zone. Für die einen wurden die in der Finanz- und Bankenkrise aufgetürmten exorbitanten Schulden in dieser Höhe überhaupt erst tragbar, andere konnten sich für eine „schwarze Null“ feiern lassen, ohne den Gürtel wirklich enger geschnallt zu haben – und für die Aufnahme von Schulden sogar noch Geld kassieren.
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