Ifo-Institut

Industrie bewertet deutsche Wettbewerbsfähigkeit immer schlechter

21.11.2024
Lesedauer: 3 Minuten
Lkw-Produktion bei MAN in München Quelle: picture alliance/SvenSimon/Frank Hoermann/SVEN SIMON

Zunehmend negativer sieht die deutsche Industrie die eigene Wettbewerbsfähigkeit. Schuld seien hohe Kosten für Energie und Steuern, wie es in einer aktuellen Ifo-Umfrage heißt. Mit ihrer pessimistischen Einschätzung liegen deutschen Firmen weit unter EU-Durchschnitt.

Teure Energie, viel Bürokratie, hohe Steuern: Die deutsche Industrie bewertet die Entwicklung der eigenen Wettbewerbsfähigkeit zunehmend negativ. Den 2000 befragten Betrieben zufolge hat sich deren Wettbewerbsposition in den vergangenen beiden Jahren „so stark verschlechtert wie nie zuvor seit Beginn der Erhebung im Jahr 1994“, sagte Ifo-Forscher Stefan Sauer am Mittwoch.

Während die Einschätzungen italienischer und französischer Industrieunternehmen über dem EU-Durchschnitt lagen, ist Deutschland am unteren Ende der Liste zu finden – gemeinsam mit Belgien, Österreich und Finnland.

„Die Bewertung der eigenen Wettbewerbsposition fällt in allen Industriebranchen sehr negativ aus, insbesondere, wenn es um Auslandsmärkte geht“, sagte Ifo-Experte Sauer. Besonders auffällig ist demnach nach Angaben der Konjunkturforscher die überaus negative Entwicklung in den energieintensiven Branchen. Neben den hohen Energiepreisen nannten die Unternehmen als Gründe für ihre Einschätzung vor allem hohen Bürokratieaufwand, höhere Kosten bei den Vorprodukten und steuerliche Belastungen. Außerdem wurden vermehrt strukturelle Probleme wie der Fach- und Arbeitskräftemangel angeführt. „Diese Gründe verursachen höhere Produktionskosten des Standorts Deutschland als in vielen anderen Ländern“, hieß es dazu.

Industrieproduktion geht gegenüber 2018 um zwölf Prozent zurück

Den Ifo-Angaben zufolge ist bereits seit 2017 ein deutlich negativer Trend erkennbar – also noch vor der Corona-Pandemie und der Energiekrise infolge des russischen Überfalls auf die Ukraine. Die Industrieproduktion ist gegenüber 2018 um mehr als zwölf Prozent zurückgegangen, während die Bruttowertschöpfung im Verarbeitenden Gewerbe weitgehend stagniert.

„Die Wahl Donald Trumps zum US-Präsidenten und das Scheitern der Ampel-Koalition erhöhen die Unsicherheit für Unternehmen zusätzlich“, warnt das Ifo-Institut. Um einer drohenden Deindustrialisierung entgegenzuwirken, seien dringend positive wirtschaftspolitische Impulse notwendig. Die Wettbewerbsfähigkeit des Standorts Deutschland müsse durch eine Verringerung der Energiekosten, einen Abbau bürokratischer Hürden und eine Modernisierung der Infrastruktur gestärkt werden.

Krise der Autobauer wird sichtbar

Die Krise in der deutschen Automobilindustrie zeigt sich nach Einschätzung des Ifo-Instituts deutlich am Rückgang der Stellenanzeigen in der Branche. Die Nachfrage nach Arbeitskräften erreichte zuletzt einen Tiefstand: So lag die Anzahl der Stellenanzeigen im Oktober 53 Prozent unter der Zahl von August vergangenen Jahres.

Besonders deutlich wird dabei dem Ifo zufolge, dass sich der Wandel zur Elektromobilität verlangsamt. So boten Firmen mit einem Fokus auf Elektromobilität zeitweise doppelt so viele Stellen an wie Firmen mit einem Verbrennerfokus. Diese Differenz schmolz inzwischen deutlich zusammen. Das Ifo wertete für seine Einschätzungen gemeinsam mit der Jobbörse Indeed etwa 1,6 Millionen Stellenanzeigen von knapp 2400 Firmen der deutschen Automobilindustrie aus.

Die sinkende Arbeitsnachfrage spiegele „die aktuelle Krise der Autoindustrie wider“, erklärte Oliver Falck vom Ifo. Lediglich während der Corona-Pandemie Mitte 2020 sei das Gesamtniveau der Stellenausschreibungen noch geringer gewesen.

Die Krise trifft zuvorderst den größten deutschen Autobauer Volkswagen – er sieht sich zu umfangreichen Sparmaßnahmen gezwungen und will eine Schließung von Werken und einen Jobabbau auch nicht ausschließen. Derzeit laufen Tarifverhandlungen, die bei einem Scheitern zu massenhaften Streiks führen könnten.

Reuters/AFP/coh

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