Geschäftsklima trübt sich ein

„Es liegt am Standort Deutschland schon sehr viel im Argen“

28.07.2024
Lesedauer: 2 Minuten
"Die strukturellen Probleme in Deutschland sind weiter ungelöst", warnt ifo-Chef Clemens Fuest. Bild: imago images

Während Olaf Scholz das Wachstumspaket der Regierung lobt, trübt sich die Stimmung am Standort wieder merklich ein. ifo-Chef Clemens Fuest über groteske Belastungen, teure Operationen – und Gesetze, die weg können.

WirtschaftsWoche: Herr Fuest, Olaf Scholz hat sich vorm Urlaub noch einmal kräftig selbst für die sogenannte Wachstumsinitiative der Bundesregierung gelobt, doch Ihr Geschäftsklimaindex zeigt das Gegenteil: Die Stimmung am Standort Deutschland trübt sich merklich ein. Liegt der Kanzler also komplett daneben?  
Clemens Fuest: Es war dringend notwendig, dass sich die Politik mit Wachstum beschäftigt. Die Initiative geht jetzt auch durchaus in die richtige Richtung, aber ich habe meine Zweifel, dass sie ausreicht. Zumal völlig unklar ist, wie viele der 49 Maßnahmen sich überhaupt umsetzen lassen, denn für viele Vorhaben wird etwa die Zustimmung über den Bundesrat gebraucht. Schon beim sogenannten Wachstumschancenpaket haben sich die Länder mit dem Bund ja nur auf eine Minimallösung einigen können. 

Deutschland braucht aber offensichtlich dringend mehr als Minimallösungen. Laut ifo-Index ist die Stimmung in den Unternehmen im Juli wieder schlechter, die Auftragsbestände sind erneut rückläufig. Was sind die Gründe dafür?
Die Zeichen für einen Aufschwung sind leider komplett verschwunden. Das Problem liegt vor allem in der Industrie, wo sich die Geschäftslage verschlechtert hat. Die Unternehmen sind zurückhaltend bei Investitionen, die ja ein wesentlicher Gradmesser sind für künftige Wachstumsaussichten. Die strukturellen Probleme in Deutschland sind weiter ungelöst.

Das heißt konkret?
Wir haben eine sehr hohe und derzeit sogar dramatisch wachsende Belastung durch Bürokratie, die wenig Nutzen entfaltet, aber hohe Kosten bringt. Auch die hohe Steuerlast bremst Investitionen, das Arbeitsangebot sinkt, während die Risiken von Protektionismus wachsen. All das führt dazu, dass vor allem größere Unternehmen eher in den Exportmärkten selbst produzieren, statt wie früher in Deutschland zu fertigen und die Waren dann ins Ausland zu exportieren. Hinzu kommt die Dekarbonisierung, bei der es weiterhin große Unsicherheiten darüber gibt, wie sie organisiert und finanziert werden soll. Nicht zu vergessen Faktoren wie die marode Infrastruktur. Es liegt am Standort Deutschland also schon sehr viel im Argen.

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