Kommissionschefin von der Leyen hat eine neue Debatte über das umstrittene Verbrenner-Verbot 2035 angestoßen. Nun wittert die Autobranche ihre Chance. Wird die Regelung aufgeweicht?
Paris. Der Vorstoß von EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen für Ausnahmen für sogenannte E-Fuels hat die Debatte um das umstrittene Verbrenner-Aus in der EU im Jahr 2035 wieder angefacht. Renault-Chef Luca de Meo forderte im Interview mit dem Handelsblatt und drei weiteren europäischen Zeitungen „mehr Flexibilität“. 2035 sei zu früh, erklärte de Meo, man sollte eher 2040 anvisieren.
Der ehemalige VW-Topmanager, der auch an der Spitze des Verbands der Europäischen Automobilhersteller (ACEA) steht, warb zudem für einen technologieoffenen Ansatz. „Wenn man Roulette spielt, sollte man nicht alles auf eine Farbe setzen“, sagte de Meo. Vollelektrische Autos seien „nur eine der Lösungen“. Zugleich warnte er vor einer grundlegenden Abkehr von den Zielen bei der Elektromobilität: „Wir dürfen uns dem Fortschritt nicht verweigern.“
Die deutsche Automobilindustrie rief die EU-Kommission am Sonntag auf, Elektroautos nicht als einzige Möglichkeit bei der Verkehrswende anzusehen. „Um die gesetzten Klimaziele zu erreichen, brauchen wir jede Technologie“, sagte VDA-Präsidentin Hildegard Müller.
Von der Leyen, die am vergangenen Donnerstag wiedergewählt worden ist, hatte in ihrem politischen Grundsatzprogramm für die kommenden fünf Jahre angedeutet, dass das Verkaufsverbot für Neuwagen mit Verbrennungsmotor aufgeweicht werden könnte. Sie kündigte mögliche Ausnahmen für synthetische Kraftstoffe, sogenannte E-Fuels, an. Details zu ihrem Vorstoß lieferte von der Leyen aber bisher nicht.
Bayerns Ministerpräsident und CSU-Chef Markus Söder forderte von der EU-Kommission, das Verbrenner-Aus ab 2035 zurückzunehmen. „Das grundlegende Verbrennerverbot muss weg. Wir setzen auf Technologieoffenheit statt Ideologie“, sagte Söder der „Bild am Sonntag“. Neben Elektro böten auch E-Fuels und Wasserstoff große Potenziale für klimafreundliche Mobilität.
E-Fuels sind verhältnismäßig teuer
Mit E-Fuels, also Kraftstoffen, die mithilfe von erneuerbaren Energien synthetisch hergestellt werden, lassen sich Verbrennungsmotoren theoretisch klimaneutral betreiben. Allerdings sind sie verhältnismäßig teuer. Außerdem ist fraglich, ob sie in ausreichenden Mengen für den Einsatz bei privaten Pkw hergestellt werden können.
Ähnliche Vorbehalte gibt es bei den Wasserstoffantrieben, die sich nach Ansicht von Expertinnen und Experten eher für die Dekarbonisierung von Taxiflotten, Bussen oder Lastwagen eignen.
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Foto: imago images/Tim Oelbermann
De Meo äußerte sich im Interview mit dem Handelsblatt, „Les Echos“ aus Frankreich, „Corriere della Sera“ aus Italien und „El Mundo“ aus Spanien nur vage zu alternativen Kraftstoffen. Diese seien „eine Lösung“. Der Renault-Chef macht sich eher für Plug-in-Hybride stark, die einen Verbrennungsmotor und einen Elektromotor kombinieren.
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