Meldestelle soll Internet säubern

Kubicki warnt vor „grüner Zensuranstalt“

09.10.2024
Lesedauer: 3 Minuten
Soll in staatlichem Auftrag getilgt werden: Fake News, Hass und Hetze im Netz Foto: picture alliance/dpa

Eine neue Meldestelle soll das Internet angeblich sauberer und netter machen, Hass-Reden und Fake News aus Sozialen Netzwerken löschen – im Auftrag der Bundesnetzagentur und deren Vorgesetztem, Wirtschaftsminister Robert Habeck (55, Grüne).

„REspect!“ heißt die neue Meldestelle, die Netzagentur-Chef Klaus Müller (53, Grüne) seit 1. Oktober hochoffiziell zum „Trusted Flagger“ ernannt hat. Sie ist ein „vertrauenswürdiger Hinweisgeber“ und damit für die Löschung von Inhalten aller Art verantwortlich.

Aus der FDP kommt jetzt der Zensur-Vorwurf gegen die Grünen.

Berufen sich beim Löschen im Netz auf EU-Vorschriften: Wirtschaftsminister Robert Habeck (55) und sein Netzagentur-Chef Klaus Müller (53, beide Grüne)
Foto: picture alliance / Fotostand

Netzagentur-Chef Müller sagt: Plattformen wie „X“, „TikTok“, „Facebook“ oder „Instagram“ seien gesetzlich verpflichtet“, Meldungen von REspect! „prioritär zu behandeln und unverzüglich Maßnahmen wie beispielsweise die Löschung der Inhalte zu ergreifen“. Die REspect-Melder vollziehen damit hoheitliche Aufgaben, dürfen mit staatlichem Auftrag entscheiden, wo bloße Meinung aufhört und „Fake News“ beginnen.

Kubicki geht auf Habeck los

Unfassbar und verfassungswidrig findet Bundestags-Vizepräsident Wolfgang Kubicki (72, FDP) diese „grüne Zensuranstalt, die den Meinungskorridor einseitig einschränkt“.

Warnt vor staatlicher Zensur: Bundestags-Vizepräsident Wolfgang Kubicki (72, FDP)
Foto: picture alliance / Flashpic

Kubicki zu BILD: „Ich halte die Beauftragung eines privaten Dritten, der über ein zentrales Element unserer freiheitlichen Demokratie richten soll, für unerträglich. Robert Habeck, der ja auch schon wegen Nichtigkeiten nach staatlicher Verfolgung von Meinungsäußerungen rief, sollte dringend der deutschen Öffentlichkeit erklären, dass er seine nachgeordnete Behörde an die Kette legt und hier kein eigener grüner Rechtskreis geschaffen wird.“

Müller selbst pocht auf BILD-Anfrage darauf, lediglich EU-Vorschriften zu erfüllen. Tatsächlich verpflichtet der „Digital Services Act“ seit November 2022 alle EU-Länder, unter anderem mit „Trusted Flaggers“ gegen illegale Inhalte auf Internet-Plattformen vorzugehen – jenseits der Frage, dass illegale Äußerungen eigentlich die Sache von Polizei und Justiz wären.

Bedroht mit Milliarden-Strafen: die Plattformen Facebook und Instagram
Foto: LIONEL BONAVENTURE/AFP

Fraglich bleibt, warum ausgerechnet das Wirtschaftsministerium und dessen nachgeordneter Netzwächter Müller – zuständig für „Energie, Telekommunikation, Post und Eisenbahnen“ – den Posten des „Digital Services Coordinator“ (DCS) bekleiden muss.

Auf die Kritik an dieser Sonderrolle geht Habeck-Freund Müller trotz mehrfacher BILD-Nachfrage nicht ein, verweist lediglich darauf, dass Plattformen oder Nutzer jederzeit klagen könnten: „In allen Fällen kann die Entscheidung über die Entfernung von Inhalten durch eine außergerichtliche Streitbeilegungsstelle und/oder ein Gericht überprüft werden“, lässt Müller mitteilen.

Was Müller verschweigt: Plattformen sind verpflichtet, auf Lösch-Wünsche von REspect! unmittelbar zu reagieren. Tun sie das nicht, droht in jedem Einzelfall ein Strafgeld von 6 Prozent des Jahresumsatzes.

Im Fall von Facebook und Instagram wären das 6 Prozent von 134 Milliarden Dollar – also rund 8 Milliarden Dollar Strafe. Für jeden einzelnen Fall!

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