Knapp 3,5 Millionen Asylbewerber, anerkannte Flüchtlinge und geduldete Personen leben derzeit in Deutschland. Das ist ein neuer Höchststand seit den 1950er-Jahren. Die Linke kritisiert trotzdem die Migrationsdebatte und spricht von „gefährlichem Unsinn“.
Die Zahl der in Deutschland lebenden Flüchtlinge hat mit knapp 3,5 Millionen einen Höchststand seit der Nachkriegszeit erreicht. Laut Ausländerzentralregister lebten zum Ende des ersten Halbjahres 2024 rund 3,48 Millionen Flüchtlinge in der Bundesrepublik, wie die „Neue Osnabrücker Zeitung“ (NOZ) berichtet. Dem Bericht zufolge sind das so viele wie seit den 1950er-Jahren nicht mehr. Die Zeitung beruft sich auf eine Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der Linken im Bundestag.
„Das sind gerade einmal vier Prozent der Bevölkerung“, sagte die fluchtpolitische Sprecherin der Linken-Gruppe im Bundestag, Clara Bünger, der Zeitung. Bünger kritisierte angesichts dieser Zahlen die Migrationsdebatte in Deutschland. „Trotzdem wollen Politiker von Ampel, CDU und AfD den Menschen weismachen, diese kleine Minderheit sei für all ihre Probleme verantwortlich. Das ist gefährlicher Unsinn, der allein die extreme Rechte stärkt.“
Der Ton in der Migrationsdebatte in Deutschland hatte sich mit dem mutmaßlich islamistischen Messerangriff von Solingen Ende August verschärft. Die Bundesregierung schlug daraufhin unter anderem Maßnahmen gegen gewaltbereiten Islamismus sowie deutliche Verschärfungen im Aufenthalts- und Asylrecht vor. Zudem wurden Grenzkontrollen zu allen Nachbarländern eingeführt. Der Union gehen die geplanten Schritte aber nicht weit genug.
Die Zahl von 3,48 Millionen Geflüchteten umfasst laut „NOZ“ alle Menschen, die aus humanitären Gründen in Deutschland Schutz suchen, von Asylbewerbern über anerkannte Flüchtlinge bis zu geduldeten Personen. Davon stammten rund 1,18 Millionen aus der Ukraine.
Aufgrund von Abschiebungen und Ausreisen sei die Zahl der Ausreisepflichtigen in Deutschland rückläufig, hieß es weiter. Mitte 2024 verzeichnete die Statistik 226.882 Ausreisepflichtige und damit 15.760 weniger als noch Ende 2023. 80,5 Prozent der Ausreisepflichtigen seien geduldet, weil sie etwa mit Blick auf die Situation in ihrem Herkunftsland nicht abgeschoben werden können.
FDP-Chef Christian Lindner hatte zuletzt weitere Schritte zur Eindämmung der Asylbewerber-Zahlen in Deutschland gefordert. Lindner verwies gegenüber der „Rheinischen Post“ auf den Vorschlag seines Parteikollegen, Justizminister Marco Buschmann, modellhaft eine Form der Zurückweisung an deutschen Grenzen einzuführen. „Zudem muss alles diskutiert werden, was die Magnetwirkung des deutschen Sozialstaats reduziert.“
Politiker von SPD, Union und FDP dringen zudem darauf, Maßnahmen der EU-Asylreform in Deutschland so rasch wie möglich umzusetzen. SPD-Fraktionsvize Dirk Wiese sieht in der mühsam ausgehandelten Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems (GEAS) zwar einen „echten Meilenstein“ für einen besseren Schutz der EU-Außengrenzen. Bis zur vollständigen Umsetzung dauere es aber bis Mitte 2026. „Ich begrüße daher grundsätzlich die Idee, Maßnahmen im Rahmen des europarechtlich Umsetzbaren vorzuziehen und national zu regeln“, sagte Wiese.
AFP/dpa/gub