Das Bündnis Sahra Wagenknecht möchte einen Corona-Untersuchungsausschuss beantragen – wohl zusammen mit der AfD. Diese zeigt sich offen, kritisiert aber auch das „durchschaubare Wahlkampfmanöver“ vor der Brandenburg-Wahl.
Das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) will einen Antrag auf einen Corona-Untersuchungsausschuss in den Bundestag einbringen – und nimmt dabei erstmals gezielt die Unterstützung der AfD in Kauf, die einen solchen Ausschuss in der Vergangenheit immer wieder gefordert hatte. Der Antrag liegt „t-online“ vor.
Das BSW hat nur zehn Abgeordnete im Bundestag, sie sind deshalb keine Fraktion, sondern nur eine Gruppe – und können damit allein keinen Antrag auf die Tagesordnung setzen. Damit der Ausschuss tatsächlich zustande kommt, wäre daher die Zustimmung von mindestens 25 Prozent der Parlamentarier notwendig.
Das BSW hofft dabei offenbar auch auf Stimmen der AfD. Wagenknecht sagt dazu: „Einen solchen Antrag nicht einzubringen, weil ihn auch die AfD unterstützen könnte, wäre kindisch und der Bedeutung des Anliegens nicht gerecht.“
AfD: „Selbstverständlich und jederzeit“
Die AfD wiederum zeigt sich offen, einen Antrag des BSW auf einen Corona-Untersuchungsausschuss zu unterstützen. „Selbstverständlich und jederzeit“ würde die AfD für einen solchen Untersuchungsausschuss stimmen, sagte Martin Sichert, gesundheitspolitischer Sprecher der AfD, „t-online“. „Uns geht es um die Sache – nicht darum, wer den Antrag einbringt.“
Der Antrag der BSW-Gruppe jedenfalls ähnelt in Teilen sehr dem, was auch die AfD in der Vergangenheit in einem eigenen Untersuchungsausschuss-Antrag verfasste. Darin sind erhebliche Vorwürfe enthalten: So sprechen die Autoren von „politischer Einflussnahme auf das Robert-Koch-Institut“ oder der „Unterdrückung abweichender Positionen im öffentlichen Diskurs“.
Das BSW kritisiert zudem den Gesetzesbeschluss des Bundestags zum „Schutz der Bevölkerung bei einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite“ scharf. „Damit wurde die Gewaltenteilung teilweise aufgehoben“, heißt es im Antrag. Dieser wurde am Donnerstag an alle Fraktionen und Gruppen im Bundestag versendet.
Die AfD hatte einen solchen Untersuchungsausschuss bereits im Herbst 2022 gefordert, im Frühjahr 2023 war der Antrag im Bundestag zurückgewiesen worden. „Wir freuen uns über den Sinneswandel beim BSW“, sagt Sichert. „2023 hatten die Abgeordneten, die heute BSW sind, unseren Antrag auf einen Untersuchungsausschuss noch abgelehnt.“
„Wenn nicht Brandenburg-Wahl wäre, würden sie es nicht machen“
Scharfe Kritik am Vorstoß des BSW übt deswegen Stephan Brandner, Zweiter Parlamentarischer Geschäftsführer der AfD im Bundestag. „Das ist ein durchschaubares Wahlkampfmanöver“, sagte er t-online. „Wenn am Wochenende nicht Brandenburg-Wahl wäre, würden sie es nicht machen.“ Die Idee zum Corona-Untersuchungsausschuss sei von der AfD „abgekupfert“.
Trotz seiner Kritik ist auch Brandner offen dafür, den Antrag zu unterstützen: Wenn es im Kern ausschließlich um die Aufarbeitung gehe und das BSW nicht versuche „noch sozialistische Ideen unterzujubeln“, dann könne er sich gut vorstellen, „dass wir das unterstützen“. Brandner will den Antrag, den das BSW am Donnerstagmorgen an alle Fraktionen verschickte, nun prüfen und mit seinen Parteikollegen besprechen.
Es wäre das erste Mal, dass AfD und BSW im Bundestag eine Allianz eingehen. Die für die Einrichtung eines Untersuchungsausschusses notwendige Zustimmung eines Viertels der Abgeordneten würde allerdings auch mit AfD-Stimmen nicht erreicht.
coh