Die Ukraine-Krise beschäftigt den UN-Sicherheitsrat – USA und Russland liefern sich einen heftigen Schlagabtausch. Großbritannien kündigt Maßnahmen an. Der News-Ticker.
- Im Ukraine-Konflikt* wollen die USA, Großbritannien und Frankreich nun mehr Soldaten nach Osteuropa entsenden (siehe Erstmeldung vom 30. Januar, 12.00 Uhr).
- Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg stellte aber auch klar: Kampftruppen des Bündnisses in der Ukraine werde es nicht geben. (Update vom 30. Januar, 17.18 Uhr)
- Am Montag war die Ukraine-Krise Thema im UN-Sicherheitsrat – Russland scheiterte mit einem Einwand. (Update vom 31. Januar, 17.15 Uhr)
- Dieser Ticker wirf fortlaufend aktualisiert.
Update vom 31. Januar, 17.15 Uhr: Gegen den entschiedenen Widerstand Russlands hat in New York nun eine öffentliche Sitzung des UN-Sicherheitsrates zur Ukraine-Krise begonnen. Ein Antrag Moskaus auf Annullierung der von den USA beantragten Sitzung wurde am Montag abgelehnt – zehn der 15 Mitglieder des Sicherheitsrates votierten für die Sitzung. Die US-Botschafterin warf Russland vor, eine Aufstockung seiner Truppen in Belarus nahe der ukrainischen Grenze zu planen.
Russlands UN-Botschafter Wassili Nebensia beschuldigte die USA, mit der öffentlichen Sitzung des Sicherheitsrates „Hysterie schüren“ zu wollen. Mit „unbegründeten Anschuldigungen“ wollten die USA „die internationale Gemeinschaft täuschen“, sagte Nebensia. US-Kollegin Linda Thomas-Greenfield wies das zurück. Die Stationierung von mehr als 100.000 russischen Soldaten an der Grenze zur Ukraine bedeute eine „Bedrohung der internationalen Sicherheit“ und rechtfertige eine öffentliche Debatte bei der UNO.
Thomas-Greenfield beschuldigte Moskau zudem, eine deutliche Truppenaufstockung in Belarus zu planen. Derzeit seien dort bereits rund 5000 russische Soldaten stationiert. „Wir haben Beweise gesehen, dass Russland beabsichtigt, diese Präsenz auf mehr als 30.000 Soldaten“ bis Anfang Februar auszuweiten, sagte die US-Botschafterin. Die russischen Truppen sollen demnach „weniger als zwei Stunden nördlich von Kiew“ stationiert werden. „Das ist die größte – hören sie mich laut und deutlich – Mobilisierung von Truppen in Europa seit Jahrzehnten“, sagte Thomas-Greenfield.
Ukraine-Krise: Debatte im UN-Sicherheitsrat – US-Botschafterin spricht von „größter Mobilisation seit Jahrzehnten“
Update vom 31. Januar, 16.45 Uhr: Die US-Botschafterin in der UN, Linda Thomas-Greenfield warnte, russische Bedrohungen gegen die Ukraine würden auch ganz Europa einer Gefahr aussetzen. Die Handlungen von Moskau bezeichnete sie als „aggressives Verhalten“. Die Stationierung von 100.000 russischen Soldaten an der Grenze zur Ukraine sei die „größte Truppenmobilisation in Europa seit Jahrzehnten“.
„Wir streben nach dem Pfad des Friedens. Wir streben nach dem Pfad von Dialog. Wir möchten keine Konfrontation“, betonte Thomas-Greenfield im UN-Sicherheitsrat. Allerdings werde man „entschlossen, schnell und vereint“ auf eine erneute russische Invasion in die Ukraine handeln. Bereits jetzt seien 10.000 russische Truppen samt schweren Waffen in Belarus, wobei diese Zahl Erwartungen zufolge in den nächsten Tagen auf 30.000 steigen werde.
Update vom 31. Januar, 16.35 Uhr: Im UN-Sicherheitsrat hat der russische Botschafter Wassili Nebensja um ein Votum zur Notwendigkeit von Beratungen zur Ukraine. Nebensja zufolge wurde das Treffen auf Basis „unbegründeter Vorwürfe“ und dem „Mythos russischer Aggression“ einberufen. Er beschuldigte die USA, „Hysterie“ in einem „extrem sensiblen Thema“ zu erzeugen.
Tatsächlich wurde auf Antrag von Nebensja ein Votum abgehalten, wobei sich allerdings 10 Länder wie die USA, Großbritannien, Frankreich, Brasilien, Norwegen für eine Debatte um den Ukraine-Konflikt aussprachen. Lediglich China unterstützte die russische Forderung, die Debatte abzusagen. So steht fest: Die Diskussion um die Ukraine-Krise im UN-Sicherheitsrat findet statt.
Ukraine-Krise: Kreml wirft London „unverhüllten Angriff“ vor – Kiew bestreitet Offensivaktionen im Osten
Update vom 31. Januar, 16.25 Uhr: Der Kreml hat die Ankündigung aus London zur möglichen Ausweitung der britischen Sanktionen gegen Russland scharf verurteilt. Bei diesen Plänen handele es sich um einen „unverhüllten Angriff auf die Wirtschaft“, sagte Kreml-Sprecher Dmitri Peskow. Die Briten befeuerten damit „massiv die Spannungen auf dem europäischen Kontinent“.
Peskow nannte die Ankündigung aus London „sehr besorgniserregend, nicht nur für unsere Unternehmen“. Die britische Regierung drohe mit der Ankündigung auch seinen eigenen Konzernen, sagte er. Mit Blick auf die „internationalen finanziellen Strukturen“ seien die britischen Pläne „Anlass zu ernster Sorge“. Der Sprecher von Staatschef Wladimir Putin kündigte für den Fall von Sanktionen gegen russische Unternehmen „Vergeltungsmaßnahmen“ an.
Update vom 31. Januar, 14.30 Uhr: Die Ukraine hat russische Warnungen vor einer möglichen Militäroffensive Kiews gegen die abtrünnigen Gebiete im Osten des Landes als unbegründet zurückgewiesen. „Die Ukraine plant keine Offensivaktionen im Donbass und zieht dort auch keine Truppen zusammen“, sagte Außenminister Dmytro Kuleba am Montag vor Journalisten. Moskau droht für den Fall einer Offensive von ukrainischer Seite wiederum mit einem Einmarsch, weil im Donbass auch viele russische Staatsbürger leben.
Kiew und die Ukrainer wollten keinen Krieg, sagte Kuleba. Zugleich betonte der 40-Jährige die Wichtigkeit ausländischer Waffenlieferungen. „Die Dutzenden Tonnen Verteidigungswaffen, Ausrüstung und Munition, die heute in der Ukraine eintreffen, sind Tonnen neuer Argumente, welche die Verhandlungsposition der Ukraine stärken.“ Die deutsche Weigerung, Waffen an Kiew zu liefern (siehe voriges Update), wird vor allem in der Ukraine stark kritisiert.
Ukraine-Konflikt: „Eiserne Konsequenz“ mit Russland? Lindner fordert klare Kante – und lobt „großes Volk“
Update vom 31. Januar, 12.45 Uhr: Der FDP-Vorsitzende und Bundesfinanzminister Christian Lindner will für den Fall einer neuen russischen Aggression gegen die Ukraine „eiserne Konsequenz“ der Bundesregierung. „Deutschland darf keinen Zweifel daran lassen, dass wir das Völkerrecht verteidigen. Wenn der Kreml Grenzen verletzt und damit meine ich territoriale wie auch rechtliche und politische, dann muss Moskau sich darüber im Klaren sein, dass wir zu eiserner Konsequenz bereit sind“, sagte Lindner dem TV-Sender Welt. Zugleich sagte Lindner auch: „Ich bin sehr dafür, dass wir zur Kooperation mit Russland zurückfinden, das große russische Volk mit seiner Tradition hat Respekt verdient, aber seine Führer, die Führer des russischen Volkes müssen sich an die Hausordnung in Europa halten.“ Zur Frage möglicher Waffenlieferungen legte sich Lindner nicht fest. Man solle aber die Maßnahmen mitgehen, die innerhalb der EU und der Nato beschlossen würden.
Dem Magazin Spiegel sagte Lindner, er sehe keinen deutschen Sonderweg in Bezug auf Waffenlieferungen an die Ukraine. Zuvor hatte Deutschland, die Zustimmung zur Lieferung von DDR-Haubitzen an die ukrainische Armee durch Estland versagt. Dazu sagte der FDP-Politiker: „Mit alten Haubitzen aus dem NVA-Bestand, die militärisch keinen Wert gegen eine hochmoderne Armee hätten, kommen wir politisch nicht weiter.“ Einen deutschen Sonderweg dürfe und werde es nicht geben. „Wenn Sie den FDP-Vorsitzenden befragen, dann ist der dafür, dass wir in allen Fragen eine gemeinsame Position in Europa und der Nato beziehen“, betonte Lindner auch hier. „Die Priorität muss Diplomatie sein. Das Ziel muss Frieden, Stabilität und dereinst vielleicht wieder Kooperation sein“, so der Minister. Es dürfe aber auch keinen Zweifel an der Entschlossenheit geben, „unsere Werte zu verteidigen“.
Ukraine-Krise: Russland schließt Manöver im Süden ab – CDU-Politiker Otte kritisiert Bundesregierung
Update vom 31. Januar, 12.00 Uhr: Nach Militärübungen im Süden Russlands sind mehr als 6.000 Soldaten nach Angaben des Verteidigungsministeriums in Moskau zu ihren Stützpunkten zurückgekehrt. An den Übungen beteiligt waren Verbände der Fliegerkräfte des Wehrbezirks Süd, wie die Behörde mitteilte. Die Gefechtsbereitschaft der Truppen überprüft wurde demnach etwa in den russischen Regionen Rostow und Wolgograd. Zudem seien 20 Kriegsschiffe der Schwarzmeer-Flotte wieder zu Marine-Stützpunkten in Noworossijsk sowie auf der 2014 annektierten ukrainischen Schwarzmeer-Halbinsel Krim zurückgekehrt.
Update vom 31. Januar, 11.55 Uhr: Der stellvertretende Vorsitzende des Verteidigungsausschusses im Deutschen Bundestag, Henning Otte (CDU), hat die Position der Bundesregierung im Ukraine-Konflikt als „zaudernd und zögerlich“ kritisiert. Das betreffe nicht nur die Bereitstellung von 5000 Helmen für ukrainische Soldaten, sondern auch den Vorstoß von Bundesverteidigungsministerin Christine Lambrecht, ein Feldlazarett zu entsenden. „Das ist ja schon fast Sarkasmus. Denn es geht gerade darum, keinen militärischen Konflikt in Gang setzen zu lassen“, sagte der CDU-Politiker im phoenix-Interview.
Von Bundeskanzler Scholz erwartet Otte, die Führung zu übernehmen: „Die SPD hat einen Konflikt zwischen Fraktion, Partei und Regierung. Olaf Scholz muss hier das Zepter in die Hand nehmen und nicht die Partei.“ Die neue Bundesregierung sei verpflichtet zu handeln, „zusammen innerhalb Europas, in der NATO, mit unseren Verbündeten“, sagte Otte und forderte zu Geschlossenheit auf. Otte hält Waffenlieferungen an die Ukraine für eine mögliche Option, „wenn dies notwendig erscheint innerhalb der NATO und der Europäischen Union“. Die Stationierung von Soldaten in der Ostukraine unter einem UN-Mandat ist für den Verteidigungspolitiker allerdings kein geeignetes Mittel, um einen militärischen Konflikt zu verhindern.
Es gehe darum, die Regierung und die Menschen in der Ukraine moralisch zu unterstützen, aber auch mit Ausrüstung zu stärken, sofern dies notwendig ist. „Es geht nicht darum, Kampftruppen zu entsenden“, so Otte. Der CDU-Abgeordnete forderte die Stärkung des Sicherheitsdeichs an der osteuropäischen NATO-Grenze „durch eine Vorne-Präsenz, wie wir dies in den baltischen Staaten durchführen mit England und Kanada, zusammen mit den USA, in Polen“. Er begrüße auch die Bereitschaft Frankreichs, Truppen nach Rumänien zu entsenden. „Russland muss wissen, dass diese Zangenoperation an der russischen Grenze wie auch in Weißrussland eine hohe Bedrohung für die Ukraine ist“, unterstrich Otte. Es dürfe keine Grenzen mehr überschreiten.
Ukraine-Krise: Johnson warnt Putin vor Einmarsch – Kanada zieht diplomatisches Personal in Kiew ab
Update vom 31. Januar, 11.50 Uhr: Vor einem Telefonat mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin hat der britische Premierminister Boris Johnson erneut eindringlich vor einem russischen Angriff auf die Ukraine gewarnt. „Ich werde dem Präsidenten sagen (…), dass Russland einen Schritt zurück vom Abgrund tun muss“, sagte Johnson bei einem Besuch in Tilbury. „Ein Einmarsch in die Ukraine, jedes Eindringen in die Ukraine über das Territorium, das Russland bereits 2014 an sich gerissen hat, hinaus, wäre eine absolute Katastrophe für die Welt, aber vor allem wäre es eine Katastrophe für Russland“, so der Premierminister.
Johnson betonte, das Nato-Mitglied Großbritannien unterstütze die territoriale Souveränität der Ukraine. Der Premier sagte, er sei sicher, dass die Ukrainer ihr Land „erbittert“ verteidigen würden. Johnson hatte am Wochenende angekündigt, in die Krisenregion zu reisen. Sein genaues Ziel wurde bisher nicht genannt, Medien rechnen aber mit einem Besuch in der Ukraine. Zudem will Johnson die Zahl der britischen Truppen in Osteuropa verdoppeln. Noch am Montag wollte das britische Außenministerium neue Sanktionen gegen die „finanziellen und strategischen Interessen“ Russlands ankündigen.
Update vom 31. Januar, 10.10 Uhr: Im Zuge des Ukraine-Konflikts zieht nun auch Kanada ein Teil des diplomatischen Personals aus der kanadischen Botschaft in Kiew zurück. Dies verkündete das kanadische Außenministerium. „Während wir die Situation weiterhin genau beobachten, ist die Sicherheit von Kanadiern unsere höchste Priorität“, gab das Ministerium in einer Pressemitteilung an. So habe man die Entscheidung getroffen, „nicht wesentliches diplomatisches Personal“ abzuziehen. Die Botschaft werde jedoch trotzdem offen bleiben und kanadische Staatsbürger vor Ort unterstützen.
Darüber hinaus erklärte die kanadische Verteidigungsministerin Anita Anand, kanadische Truppen in der Ukraine hätten sich in Gebiete westlich des Flusses Dnepr, der Quer durch die Hauptstadt Kiew verläuft, zurückgezogen. „Wir werden alle nötigen Maßnahmen treffen, um für die Sicherheit unserer Soldaten zu sorgen“, unterstrich Anand während ihrem Besuch in Kiew. Derzeit befinden sich rund 200 kanadische Soldaten in der Ukraine für ein militärisches Trainingsprogramm. Der US-Denkfabrik „Institut für Kriegsstudien“ zufolge könnten russische Truppen im Falle einer neuen Invasion der Ukraine bis zum Dnepr-Fluss vorstoßen und alle Gebiete östlich des Flusses samt Kiew besetzen.
Ukraine: USA will Druck auf Russland im UN-Sicherheitsrat – Senator warnt vor „Mutter aller Sanktionen“
Update vom 31. Januar, 9.50 Uhr: Heute versammelt sich der UN-Sicherheitsrat für Beratungen zur Ukraine-Krise. Im Treffen wolle man Druck auf Russland ausüben und Erklärungen verlangen, gab nun die US-Botschafterin in der UN, Linda Thomas-Greenfield, an. „Mit einer vereinten Stimme rufen wir die Russen dazu auf, Erklärungen zu liefern“, sagte die Botschafterin im amerikanischen Sender ABC. Zwar werde man die Position von Moskau anhören, jedoch „uns nicht von ihrer Propaganda ablenken lassen“.
Indes forderte der demokratische Senator und Präsident des Außenpolitischen Ausschusses des US-Senats Bob Menendez schon jetzt Sanktionen gegen Russland. „Ausgehend von dem was Russland bisher gemacht hat, gibt es tatsächlich manche Sanktionen, die man schon jetzt verhängen könnte“, betonte der Senator im Sender CNN. Russland habe Cyber-Angriffe sowie Operationen unter falscher Flagge durchgeführt und versucht, die ukrainische Regierung von innen zu destabilisieren, so Menendez. Im Falle einer erneuten Invasion gegen die Ukraine warnte er Moskau vor der „Mutter aller Sanktionen“.
Ukraine-Krise: SPD berät über Kurs im Konflikt – Russischer Botschafter weist Drohkulisse-Vorwürfe zurück
Update vom 31. Januar, 09.16 Uhr: Wie weiter verfahren in der Ukraine-Krise? Diese Frage stellt sich heute die SPD. Auf Einladung von Parteichef Lars Klingbeil kommen führende Politiker der Partei zu vertraulichen Beratungen über die Ukraine-Krise zusammen. Klingbeil sprach gestern in einem Interview für die ZDF-Sendung „Berlin direkt“ von einem „Routinetreffen“. Es werde vor allem um die Frage gehen, wie ein Krieg mitten in Europa abgewendet werden kann.
Im ARD-“Morgenmagazin“ verteidigte Klingbeil am Montag den Kurs seiner Partei gegenüber Russland. „Wenn der Kanzler sich hinstellt und sagt, alle Optionen liegen auf dem Tisch, sollte von Russland die territoriale Integrität der Ukraine angegriffen werden, dann ist das klar und unmissverständlich. Das ist eine deutliche Ansage gegen Russland.“
Im Mittelpunkt müsse jetzt aber die Suche nach einer diplomatischen Lösung stehen. Es gehe darum, „möglichst viele Gespräche zu führen und diplomatische Wege zu suchen“, um eine Eskalation zu verhindern, sagte der SPD-Chef. „Ich möchte nicht, dass wir jetzt durch Drohungen, durch Taten in eine Situation geraten, in der auf einmal – vielleicht ungewollt – eine Kriegssituation mitten in Europa entsteht.“
Auf die Äußerungen von Alt-Kanzler Gerhard Schröder (SPD)*, der Kritik an Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) geäußert und ein „Säbelrasseln“ der Ukraine beklagt hatte, reagierte Klingbeil gelassen. „Es zeigt, wie emotional die Situation gerade ist. Es geht um die Frage, wie wir Krieg abwenden können mitten in Europa“, sagte der SPD-Chef. Baerbock (Grüne) habe die „volle Rückendeckung“ der aktuellen SPD-Führung.
Update vom 30. Januar, 21.11 Uhr: Der russische Botschafter in Deutschland, Sergej Netschajew, hat Vorwürfe einer russischen Drohkulisse an der ukrainischen Grenze zurückgewiesen. „Nie und in keiner Weise drohten wir den Menschen in der Ukraine“, schreibt der Diplomat in einem Gastbeitrag für die Mitteldeutsche Zeitung vom Montag (31. Januar).
Im Streit um Russlands Forderung nach „Sicherheitsgarantien“ beschuldigte Netschajew die Nato. „Nicht wir rückten dicht an die Nato-Grenzen heran. Es ist die Nato, die bereits vor unserer Haustür steht. Russland kann nicht irgendwohin zurückweichen. Die Nato aber schon.“ Das „häufige Gerede über das ‚friedliche Verteidigungsbündnis‘, das dicht an unseren Grenzen steht, überzeugt uns nicht“, betonte er.
Ukraine-Krise: Scholz‘ Kurs weiter in der Kritik – Söder attestiert „seltsames Bild“ im Streit um Waffenlieferungen
Update vom 30. Januar, 20.50 Uhr: Der Ukraine-Kurs der Bundesregierung von Kanzler Olaf Scholz bleibt in der Kritik. Am Montag will die SPD ein internes Treffen zum Thema abhalten – wohl auch aufgrund mehrerer Einwürfe von der Seitenlinie, etwa vonseiten des Russland-nahen Ex-Kanzlers Gerhard Schröder*. CSU-Chef Markus Söder bemängelte unterdessen in einem ARD-Interview*, die Ampel-Koalition gebe „ein seltsames Bild ab“. Streit über Waffenlieferungen an die Ukraine schwäche die deutsche Position. Er sei allerdings ebenfalls „bei Waffen sehr zurückhaltend“, räumte Söder ein.
Update vom 30. Januar, 17.50 Uhr: Der UN-Sicherheitsrat beschäftigt sich am Montag (31. Januar) erstmals mit den Spannungen an der Grenze zwischen Russland und der Ukraine. Die USA haben das Thema vergangene Woche nach informellen Gesprächen mit anderen Nationen des Rats und der Ukraine das Thema auf die Tagesordnung gesetzt. „Es ist nicht mehr angebracht, einfach abzuwarten, was passiert“, erklärte die US-amerikanische UN-Botschafterin Linda Thomas-Greenfield. „Jetzt braucht es die volle Aufmerksamkeit des Rats.“ Die Beratungen sollen ab 16 Uhr mitteleuropäischer Zeit öffentlich stattfinden.
Ukraine-Wende? Nato-Chef macht klare Ankündigung zu „Kampftruppen“ – auch Russland sendet neue Signale
Update vom 30. Januar, 17.18 Uhr: Die Nato hat einen Kriegseinsatz in der Ukraine im Falle eines russischen Einmarsches klar ausgeschlossen. „Wir haben keine Pläne, Nato-Kampftruppen in der Ukraine einzusetzen“, sagte Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg am Sonntag der BBC. In der Ex-Sowjetrepublik seien Nato-Militärausbilder im Einsatz, zudem helfe das Bündnis dabei, die Verteidigungsfähigkeit der Ukraine zu stärken und liefere militärische Ausrüstung.
Da die Ukraine aber kein Nato-Staat sei, gelte die Garantie 100-prozentiger Sicherheit, die Mitglieder in Anspruch nehmen können, nicht für das Land, betonte Stoltenberg. „Für die Ukraine, einen Partner, leisten wir Unterstützung und senden auch die Botschaft, dass es schwere Wirtschaftssanktionen geben wird, wenn Russland erneut Gewalt anwendet.“ Die ukrainische Armee sei nun „viel stärker, viel größer und viel besser ausgerüstet“ als noch 2014, sagte der Nato-Generalsekretär.
Stoltenberg betonte aber auch, es gebe „keine Gewissheit“ über Russlands Intentionen. Allerdings sei ein erheblicher russischer Aufmarsch mit vielen Truppen und schwerer Militärtechnik zu beobachten, der von „drohender Rhetorik“ begleitet werde. „Es gibt ein reales Risiko, und das ist genau der Grund, warum die Nato-Partner ihre Unterstützung für die Ukraine erhöhen.
Ukraine-Krise und Nord Stream 2: Bundesnetzagentur bremst weiter
Update vom 30. Januar, 15.00 Uhr: Die besonders im Zusammenhang der Ukraine-Krise umstrittene Gaspipeline Nord Stream 2 wird wohl keine schnelle Zulassung erhalten. Und das obwohl eine deutsche Tochtergesellschaft gegründet wurde. Die Eintragung ins Handelsregister sei erfolgt, „es fehlen aber weitere Schritte“, sagte der Präsident der Bundesnetzagentur, Jochen Homann, der Frankfurter Allgemeinen Zeitung. Bei einem Blick auf die noch ausstehenden Prüfungen „kommt man schnell zu dem Ergebnis, dass ein Abschluss im ersten Halbjahr kaum mehr möglich sein wird“.
Die Pipeline ist hochumstritten und sorgte innenpolitisch, innerhalb der EU und auch in der Beziehung zu den USA für Diskussionen. Im Ukraine-Konflikt wurde sie Deutschland zum Vorwurf gemacht und gleichzeitig auch als effektives Sanktionsmittel gegen Russland zur Debatte gebracht. Die Netzagentur hatte die Genehmigung vor einigen Wochen ausgesetzt.
Russland sendet in Ukraine-Krise neue Signale: Respektvolle Beziehung zu den USA
Update vom 30. Januar, 13.00 Uhr: In der aktuell angespannten Lage äußerten sich der russische Außenminister Sergej Lawrow* und Russlands Sicherheitsratschef Nikolai Patruschew. Russland strebt nach Angaben von Außenminister Lawrow ungeachtet des Konfliktes im Zusammenhang der Ukraine respektvolle Beziehungen zu den USA an. „Wir wollen gute, gleichberechtigte und von gegenseitigem Respekt geprägte Beziehungen zu den Vereinigten Staaten, wie zu jedem Land der Welt“, äußerte Lawrow am Sonntag (30. Januar) im russischen Fernsehen. Zugleich hob er hervor, dass Russland „nicht in einer Situation bleiben will, in der unsere Sicherheit täglich verletzt wird“.
In diesem Zusammenhang ging er wie bereits häufig zuvor auf die Verteidigungslinie der Nato ein, die der Ukraine inzwischen „sehr nahe gekommen sei“. Der von Russland befürchtete Nato-Beitritt der Ukraine würde die Beziehungen zwischen dem Westen und Russland ernsthaft beeinträchtigen, sagte der russische Außenminister. Der Kreml strebe daher weiterhin „rechtlich verbindliche Garantien“ anstatt politische Zusicherungen an. Das weitere Vorgehen Moskaus hänge nun auch von Antworten der Mitgliedstaaten der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) ab, sagte Lawrow. Russland hatte den OSZE-Ländern schriftlich die Frage gestellt, wie sie gewährleisten wollen, die eigene Sicherheit nicht auf Kosten der Interessen eines anderen Staates zu festigen.
Russlands Sicherheitsratschef: „Wir wollen keinen Krieg, wir brauchen ihn überhaupt nicht“
Russlands Sicherheitsratschef Nikolai Patruschew hat derweil Vorwürfe zurückgewiesen, die Russland als Bedrohung für die Ukraine darstellen. „Derzeit wird davon gesprochen, Russland bedrohe die Ukraine“, sagte Patruschew am Sonntag der Agentur Interfax zufolge in St. Petersburg. „Das ist eine komplette Absurdität, es gibt keine Bedrohung.“ Seine Einschätzung zur aktuellen Lage und den russischen Absichten ist eindeutig: „Wir wollen keinen Krieg, wir brauchen ihn überhaupt nicht“.
Der frühere Leiter des russischen Inlandsgeheimdienstes FSB beschuldigte außerdem den Westen, bezüglich eines möglichen Krieges „eigennützige Erfindungen“ zu verbreiten. Bereits zuvor hatte das russische Außenministerium westliche Medien für die Berichterstattung scharfe Vorwürfe gemacht. „Der Hype in westlichen Medien um die russisch-ukrainischen Beziehungen hat einen Siedepunkt erreicht. Oder besser gesagt: ein extremes Stadium des Wahnsinns“, hieß es zum Beispiel in einer Mitteilung. So sei die Verlegung des Militärs ins benachbarte Belarus keine Vorbereitung einer Invasion in die Ukraine, sondern es handele sich um Vorbereitungen für ein gemeinsames Manöver im Februar.
Großbritannien wartet auf russische Reaktion: „Der Ball liegt in Russlands Feld“
Update vom 30. Januar, 12.30 Uhr: Nachdem Großbritannien die Anzahl britischer Soldaten in Osteuropa verdoppeln will, sieht es nun Russland am Zug. Die britische Außenministerin Liz Truss machte dies in einem Gastbeitrag fpr die Zeitung Sunday Telegraph deutlich: „Es gibt einen Ausweg aus dieser Situation“. Langjährige Verpflichtungen müssten eingehalten und Grenzen respektiert werden. „Das kann nur damit beginnen, dass Russland deeskaliert, seine aggressive Kampagne beendet und sinnvolle Gespräche führt“, schrieb Truss weiter. „Der Ball liegt in Russlands Feld.“
Auch das britische Verteidigungsministerium kritisiert den Kreml scharf: „Russlands Verbreitung von Desinformationen spaltet und greift in demokratische Prozesse ein“, schrieb der britische Staatssekretär James Haeppey ebenfalls für die Zeitung Sunday Telegraph. Er wirft Russland unter anderem Cyberattacken in Estland und Polen, einen Putschversuch in Montenegro und Auftragsmorde in Bulgarien vor. Ein solches Verhalten führe zu einem Bedrohungsgefühl seitens der Nato-Staaten. „Deshalb werden wir eher ihre östlichen Grenzen verstärken als uns wie von (Putin) gefordert zurückziehen. Er wird genau das gefördert haben, was er angeblich fürchtet.“
Reaktion auf Russland: Nato-Mitgliedsstaaten zeigen sich geschlossen – außer Deutschland
Erstmeldung vom 30. Januar, 12.00 Uhr: Kiew/Moskau/Berlin – Der Konflikt zwischen der Ukraine und Russland hält weiter an und spaltet die Bündnispartner zunehmend in ihrem Vorgehen. Russland verstärkte zuletzt weiter seine Militärpräsenz in den Grenzgebieten zur Ukraine. Vereinzelte Mitgliedsstaaten der Nato reagieren nun ebenfalls mit einer stärkeren Militärpräsenz in Osteuropa. Es besteht weiterhin die Sorge, Russland könne in die Ukraine einmarschieren.
Die Nato hatte Anfang der Woche eine Verstärkung ihrer Militärpräsenz in Osteuropa angekündigt. US-Präsident Joe Biden sagte am Freitag (28. Januar), dass mehr US-Soldaten in Osteuropa eingesetzt werden sollen. Die USA haben für die Verstärkung der Nato-Präsenz bereits 8500 Soldaten in Alarmbereitschaft versetzt. Nach Informationen der New York Times befassen sich die USA außerdem mit Plänen, russische Banken härter als je zuvor mit Sanktionen zu treffen. Einige der größten Finanzinstitute Russlands könnten mit Sanktionen belegt werden, was bisherige westliche Sanktionen weit übertreffen und die russische Wirtschaft stark schädigen könnte.
Ukraine-Konflikt: USA und Großbritannien entsenden mehr Soldaten nach Osteuropa
Nun will auch Großbritannien angesichts der anhaltenden Spannungen im Ukraine-Konflikt sein militärisches Engagement in Osteuropa ausweiten. Dies teilte die britische Regierung am Samstagabend (29. Januar) mit. Premierminister Boris Johnson plant die Zahl britischer Soldaten in der Region zu verdoppeln und Estland Waffen zur Verteidigung zu liefern. Dies solle „dem Kreml eine deutliche Botschaft senden“, erklärte Johnson.
„Falls Präsident (Wladimir) Putin den Weg des Blutbads und der Zerstörung wählt, bedeutet dies eine Tragödie für Europa. Die Ukraine muss frei in der Wahl ihrer Zukunft sein“, sagte Johnson. Aktuell sind nach offiziellen Angaben bereits mehr als 900 britische Soldaten in Estland stationiert, mehr als 100 in der Ukraine und 150 in Polen. Johnson habe das Militär angewiesen, mit Vorbereitungen für eine Unterstützung der Nato-Verbündeten in Europa zu beginnen.
Deutschland und Frankreich als Vermittler: Nächster Ukraine-Besuch Anfang Februar geplant
In Brüssel sollen die Details dieser Pläne mit der Nato besprochen werden. Auch ein Treffen zwischen Boris Johnson und den Staats- und Regierungschefs der Nato-Mitglieder ist für Anfang Februar geplant. Johnson wolle darüber hinaus in den kommenden Tagen mit Putin telefonieren und in die Region reisen. Auch Frankreich plant die Entsendung mehrerer hundert Soldaten nach Rumänien als Teil eines möglichen Defensiv-Einsatzes an der Nato-Ostflanke, wie Verteidigungsministerin Florence Parly am Samstag (29. Januar) mitteilte.
Außenministerin Annalena Baerbock* kündigte derweil an, Anfang Februar erneut nach Kiew zu reisen. Diesmal soll sie mit dem französischen Außenminister Jean-Yves Le Drian die Ukraine besuchen. Dieser twitterte, dass der Besuch für den 7. und 8. Februar angesetzt sei. Von deutscher Seite wurde bisher kein genauen Zeitpunkt bekannt gegeben. Deutschland hofft, in dem Konflikt gemeinsam mit Frankreich vermitteln zu können und diesen damit zu entschärfen.
Deutschland in der Kritik: Keine Waffen für die Ukraine
Im Gegensatz zu Bündnispartnern wie die USA und Großbritannien hatte die Bundesregierung der Lieferung von Waffen an die Ukraine eine klare Absage erteilt. Diese Entscheidung wird von der Ukraine und anderen Ländern wie Polen oder den baltischen Staaten scharf kritisiert. Auch in der deutschen Politik gibt es Kritik am Vorgehen des Bundesregierung.
So fordert der frühere Außenminister Sigmar Gabriel (SPD) im Zusammenhang der Frage von Waffenlieferungen an die Ukraine eine „Diskussion ohne Tabus“. Der ehemalige Außenminister kritisierte in einem Interview mit der Bild am Sonntag das Auftreten der gesamten EU im Ukraine-Konflikt scharf. „Derzeit überlassen wir die Preisschilder für Krieg in Europa den Amerikanern. Ich finde das beschämend“, sagte der Vorsitzende der Atlantik-Brücke.
„Wir sind uneinig in der Beurteilung der Situation in der Ukraine, haben Angst um unsere Wirtschaftsinteressen und sind froh, dass andere für uns die heißen Kartoffeln aus dem Feuer holen. Wir Europäer müssen lernen, unsere Interessen selbst in die Hand zu nehmen.“ Seiner Auffassung nach müssen Frankreich und Deutschland nun ihre Führungsrolle wahrnehmen und im Falle eines Einmarschs Russlands in die Ukraine sollte die Gaspipeline Nord Stream 2 sofort gestoppt werden.
Sicherheitsexperte Ischinger: Deutschland „in einem miesen, schlechten Licht“
Auch der Sicherheitsexperte Wolfgang Ischinger kritisiert das Vorgehen der Bundesregierung in der Krise und beklagt einen internationalen Ansehensverlust Deutschlands. „Ungeschicklichkeiten“ im Umgang mit der umstrittenen Gaspipeline Nord Stream 2 und der Frage der Waffenlieferungen an die Ukraine hätten dazu geführt, dass Deutschland nun in den USA und bei anderen Bündnispartnern „in einem miesen, schlechten Licht“ dastehe, sagt der Leiter der Münchner Sicherheitskonferenz in einem Interview der Deutschen Presse-Agentur. Die Haltung er Bundesregierung spiele Russland* in die Hände und dabei verliere Deutschland bei einer ganzen Reihe von Partnern Vertrauen oder riskiere es gerade zu verlieren. Schlechte Kommunikationspolitik der Bundesregierung habe dies begünstigt.
(at/dpa/AFP) *Merkur.de ist ein Angebot von IPPEN.MEDIA.