Wie würde sie sich beim Hausmedium Donald Trumps verkaufen? Kamala Harris zeigte auf Fox News klare Kante. Ihr Konkurrent sei für das Amt ungeeignet. Und sie sagte, was sie anders machen will als Joe Biden.
Das war ein interessanter Versuchsaufbau: Wie würde sich die demokratische US-Präsidentschaftskandidatin Kamala Harris beim rechtsgerichteten Sender Fox News schlagen? Bei dem TV-Sender, der so gern Donald Trump erneut als Präsidenten sehen würde.
Harris gab ein kämpferisches Interview. Das rund 30-minütige Gespräch mit Fox-Moderator Bret Baier hatte mitunter Duell-Charakter, und immer wieder wurde es laut. Die Demokratin machte dabei einige sehr klare Ansagen. Überraschend deutlich hat sie sich etwa vom Amtsinhaber abgegrenzt: »Meine Präsidentschaft wird keine Fortsetzung der Präsidentschaft von Joe Biden sein«, sagte die Vizepräsidentin in dem am Mittwochabend ausgestrahlten Interview.
»Ich repräsentiere eine neue Generation von Führungskräften«, sagte Harris. Wie jede neue politische Führungskraft werde sie »ihre Erfahrung, ihre Berufserfahrung und neue Ideen einbringen«, antwortete die 59-Jährige auf die Frage, weshalb sie in früheren Äußerungen wenig angeführt habe, was sie anders als Biden machen würde.
»Lassen Sie es mich ganz klar sagen: Meine Präsidentschaft wird keine Fortsetzung der Präsidentschaft von Joe Biden sein.«
Kamala Harris im Interview mit Fox News
Harris amtiert seit 2021 als Vizepräsidentin und übernahm die Kandidatur der Demokratischen Partei im August, nachdem der 81-jährige Joe Biden aus Altersgründen verzichtet hatte. Vom Trump-Lager wird ihr immer wieder vorgeworfen, sie habe ihre dreieinhalb Jahre im Amt nicht genutzt, um Dinge anders zu gestalten – somit sei nicht glaubhaft, dass sie dies als Präsidentin tun werde.
Beim Thema Migration gerät Harris unter Druck
Bret Baier setzte die Demokratin vor allem mit Fragen zum Thema Migration unter Druck. Harris ist als US-Vize unter anderem für das Thema Einwanderung zuständig. Ihr republikanischer Rivale greift die 59-Jährige bei dieser Thematik immer wieder heftig an und wirft ihr Versagen vor. Im Wahlkampf hatte die Demokratin die US-Grenze zu Mexiko besucht, um sich ein Bild von der Lage zu dort machen.
»Darf ich zu Ende antworten?«, fragte Harris immer wieder, wenn Baier ihr ins Wort fiel. Es sei richtig, dass das amerikanische Volk vor der Wahl eine Diskussion über Migration führen wolle. Was die Menschen aber nicht wollten, seien »politische Spiele«, sagte Harris mit Blick auf Trump.
Fox-Moderator Baier fragte Harris weiter, ob sie den Angehörigen von Frauen, die von Migranten ermordet wurden, eine Entschuldigung schulde. »Lassen Sie mich zunächst einmal sagen, dass dies tragische Fälle sind. Daran besteht kein Zweifel«, reagierte Harris. Das Migrationssystem der USA sei schon seit Langem kaputt. Der Kongress sei dafür zuständig, es zu reparieren, sagte Harris und warf den Republikanern und Trump vor, Lösungen zu blockieren.
Harris attackiert Trump – wegen seiner Aussage zum »inneren Feind«
Zugleich griff sie ihren Rivalen Donald Trump scharf wegen dessen Äußerung an, in den USA gebe es einen »Feind im Inneren«, der notfalls mit dem Militär bekämpft werden müsse. Trump neige dazu, »das amerikanische Volk zu erniedrigen, herabzusetzen und kleinzureden«, sagte Harris. »Der Präsident der Vereinigten Staaten sollte in der Lage sein, sich mit Kritik auseinanderzusetzen, ohne damit zu drohen, den Urheber ins Gefängnis zu stecken.«
Trump hatte vor Kurzem auf Fox News gesagt, es gebe in den USA »kranke Menschen, radikale linke Irre«. Mit diesen müsse der Staat fertig werden, und dies sei einfach zu handhaben, »wenn nötig durch die Nationalgarde oder, falls wirklich nötig, durch das Militär«.
Den Ausschnitt über den »inneren Feind« hat Harris direkt nach der Sendung auf X gepostet:
Ihr Urteil über Trump selbst – instabil, nicht für das Amt des Präsidenten geeignet – spielte Harris ebenfalls als Videosequenz aus dem Interview im Kurznachrichtendienst X vor:
Es war Harris’ erstes Interview auf Fox News. Zuvor hatte sie bei einem Wahlkampfauftritt vor Republikanern in Pennsylvania den US-General Mark Milley, der früher in der Trump-Regierung tätig war, mit den Worten zitiert, Trump sei »von Kopf bis Fuß ein Faschist«.
»Der Präsident der Vereinigten Staaten sollte in der Lage sein, sich mit Kritik auseinanderzusetzen, ohne damit zu drohen, den Urheber ins Gefängnis zu stecken.«
Kamala Harris über Trumps Drohung mit der Nationalgarde gegen »linke Irre«
Trump-Lager findet Fox »schwach und weich«
Trumps Wahlkampfteam nannte das Interview ein Fiasko und bezeichnete Harris als »wütend und defensiv«. Baier ist Chefmoderator für Politik bei Fox News. Sein Schwerpunkt liegt auf politischer Analyse, Interviews und Nachrichten. Trump hatte den Moderator schon vor der Ausstrahlung des Interviews angegriffen. Er gehe Linke nicht hart genug an, warf er Baier auf seiner Onlineplattform Truth Social vor. »Ich hätte lieber einen Journalisten gesehen, der hartnäckiger nachfragt, aber Fox ist so schwach und weich gegenüber den Demokraten geworden.«
Kamala Harris war vor allem in der Anfangsphase ihrer Kandidatur vorgeworfen worden, Interviews zu meiden und sich damit vor kritischen Fragen zu drücken. Zuletzt hat sie mehrere Interviews gegeben – unter anderem mit CNN, CBS und ABC News, die als liberalere Sender und den Demokraten tendenziell eher wohlgesinnt gelten. Außerdem gab die Demokratin unterschiedlichen Podcastern Interviews, um eine jüngere Zielgruppe anzusprechen.
Bei der Präsidentschaftswahl am 5. November wird ein äußerst knappes Rennen erwartet. Harris und Trump liegen in den entscheidenden Bundesstaaten in den Umfragen vielfach praktisch gleichauf. Landesweit sieht die »New York Times« derzeit Harris mit 49 Prozent knapp vor Trump , der auf 47 Prozent käme, wenn jetzt gewählt würde.
oka/AFP/dpa