Die AfD hat im sächsischen Landtag doch nicht mehr als ein Drittel aller Mandate. Eine IT-Panne sorgte zunächst für eine falsche Sitzvergabe. Die Kritik ist groß.
Viele Wahlbeobachter waren sich schon in der Wahlnacht sicher: Nachdem die Linke in Leipzig zwei Direktmandate gewann und wegen der Grundmandatsklausel doch in Fraktionsstärke in den Landtag in Dresden einzieht, wird die AfD dort nicht mehr als ein Drittel aller Sitze erhalten.
Die Überraschung war deshalb groß, als Landeswahlleiter Martin Richter der gesichert rechtsextremen sächsischen AfD im vorläufigen amtlichen Endergebnis 41 von 120 Sitzen zuwies. Bereits in der Wahlnacht vermuteten die Experten von Wahlrecht.de, dass sich Richter, der im Hauptberuf Präsident des Landesamtes für Statistik ist, verrechnet haben könnte.
Tatsächlich korrigierte sich Richter am Montagmorgen. Demnach hat die AfD doch nur 40 von 120 Sitzen errungen. Auch die CDU bekommt ein Mandat weniger und ist künftig mit 41 Abgeordneten vertreten. Für die Panne machte Richter einen Softwarefehler verantwortlich.
„Die (scheinbar inkompetente) sächsische Wahlbürokratie tut ihr Bestes, um der AfD einen Verschwörungsmythos zu liefern.“
Politikwissenschaftler Peter R. Neumann bei X
Die Frage ist entscheidend, weil die AfD mit mehr als einem Drittel der Abgeordneten eine Sperrminorität in vielen politischen Entscheidungen hätte. So könnte die AfD Verfassungsänderungen – etwa zur Lockerung der sächsischen Schuldenbremse – verhindern. Auch eine Auflösung des Landtags und die Wahl neuer Verfassungsrichter wäre ohne AfD-Zustimmung nicht mehr möglich.
Im Netz blühen Verschwörungstheorien
Wegen der weitreichenden Folgen muss sich Richter für die Panne bei der Sitzverteilung harsche Kritik gefallen lassen. „Die (scheinbar inkompetente) sächsische Wahlbürokratie tut ihr Bestes, um der AfD einen Verschwörungsmythos zu liefern“, schrieb etwa der Politikwissenschaftler Peter R. Neumann vom King’s College London bei X.
In AfD-Kreisen kursieren bereits die ersten Verschwörungstheorien. „Zufälle gibt’s“, schreibt bei X etwa der Historiker David Engels, der der Neuen Rechten zugeordnet wird. „Spricht alles für sich selbst“, meint bei X Frank-Christian Hansel, der für die AfD im Berliner Abgeordnetenhaus sitzt.
Wahlleiter ist sich keiner Schuld bewusst
Der sächsische Landeswahlleiter lieferte zu dem Fehler am Montagnachmittag weitere Erläuterungen. Man habe das seit dieser Landtagswahl gesetzlich vorgegebene mathematische Verfahren zur Bestimmung der proportionalen Repräsentation angewandt.
Die Software eines Dienstleisters habe aber ab der Vergabe des 117. Sitzes, die Mandate nicht mehr korrekt zugewiesen. Dieser Fehler sei bei Kommunalwahl und bei Wahltests vor der Landtagswahl nicht aufgetreten. „Unser IT-Dienstleister ist an der Analyse und Behebung des Fehlers“, so Richter.
Der Fehler fiel schließlich auf, weil die Mitarbeiter des Landeswahlleiters nach den Hinweisen in der Wahlnacht selbst nachrechneten.
Einen größeren Schaden sieht Richter nicht. Sein Büro verweist lakonisch darauf, dass die rechtlich verbindliche Zuteilung der Mandate ohnehin erst nach der Feststellung des endgültigen amtlichen Endergebnisses durch den Landeswahlausschuss am 13. September erfolgt.