Zwar stieg die Zahl der Abschiebungen in den ersten sechs Monaten 2024 im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um gut 1600, allerdings scheiterten mehr als 14.000 Abschiebungen. Dafür gibt es mehrere Gründe.
Die Zahl der Abschiebungen nimmt weiter zu. Im ersten Halbjahr 2024 sind nach Angaben des Bundesinnenministeriums knapp 9500 Menschen aus Deutschland abgeschoben worden. Das zeigt eine Antwort des Ministeriums auf eine Anfrage der Linken im Bundestag. Im Vergleichszeitraum 2023 waren es 7861 und im gesamten Jahr 16.430 vollzogene Abschiebungen, im Jahr davor knapp 13.000. Das entspricht einem Anstieg im Vergleichszeitraum von mehr als 20 Prozent (20,85).
Die größten Abschiebe-Gruppen im Überblick:
- Türkei: 915
- Georgien: 839
- Nordmazedonien: 774
- Afghanistan: 675
- Albanien: 675
- Syrien: 534
Ein Großteil der 9465 im ersten Halbjahr abgeschobenen Menschen wurde den Angaben zufolge ausgeflogen: 7848 Personen. Bei einem Drittel aller Abschiebungen (3043 Fälle) handelte es sich um sogenannte Überstellungen im Rahmen der Dublin-Verordnung. Das heißt, Betroffene wurden in das europäische Land zurückgebracht, das für ihr Asylverfahren zuständig ist, weil sie dort zuerst ankamen. Deswegen stehen auch Afghanistan und Syrien in der Tabelle. In 164 Dublin-Fällen wurde nach Bulgarien abgeschoben, wohin auch der Solinger Attentäter überstellt werden sollte.
Zum Stichtag 30. Juni waren den Angaben zufolge 226.882 Personen in Deutschland ausreisepflichtig, davon 182.727 Personen mit und 44.155 ohne sogenannte Duldung. Geduldete sind ausreisepflichtig, können aber aus bestimmten Gründen nicht abgeschoben werden, zum Beispiel, weil sie keine Ausweisdokumente haben oder krank sind.
Mehr als 14.000 gescheiterte Abschiebungen
Im ersten Halbjahr 2024 scheiterten 14.067 Abschiebungen vor der Übergabe an die Bundespolizei, zum Beispiel, weil Flüge gestrichen wurden, Menschen nicht anzutreffen oder krank waren oder aus anderen auch organisatorischen Gründen. 534 Abschiebungen wurden während oder nach Übernahme durch die Bundespolizei abgebrochen. Gründe können hier sein, dass sich Fluggesellschaften oder Piloten weigern, Betroffene mitzunehmen, auch „Widerstandshandlungen“ werden genannt, medizinische Gründe oder laufende juristische Verfahren.
Die Linken-Abgeordnete Clara Bünger sagte, immer wieder werde nach mehr Abschiebungen gerufen, dabei steige die Zahl seit Jahren kontinuierlich an. „Nach dem Terroranschlag von Solingen werden erneut reflexhafte Rufe nach mehr Abschiebungen laut. Dazu muss gesagt werden: Abschiebungen sind keine Maßnahmen der Prävention von Kriminalität. Sie werden den Islamismus nicht einhegen.“ Es brauche handfeste Strategien der Kriminalitätsprävention und Jugendsozialarbeit.
dpa/jr