CDU-Chef Merz hat den Landesverbänden in Sachsen und Thüringen freie Hand für eine Zusammenarbeit mit dem BSW gegeben. Einige Christdemokraten wollen nun einen Unvereinbarkeitsbeschluss erwirken.
Die Aussicht auf Koalitionen mit dem Bündnis Sahra Wagenknecht in Sachsen und Thüringen stößt in der CDU zunehmend auf Kritik. „Wagenknecht widerspricht allem, wofür die Unionsparteien seit Gründung der Bundesrepublik Deutschland stehen: klare Westbindung, ein vereintes Europa und Mitgliedschaft in der Nato als dem größten Friedensprojekt der Geschichte“, sagte der nordrhein-westfälische Christdemokrat Frank Sarfeld dem Tagesspiegel.
Er spricht stellvertretend für eine Gruppe von CDU-Mitgliedern, die vom nächsten Bundesparteitag einen Unvereinbarkeitsbeschluss fordern. „Wie die AfD wendet sich auch das BSW autoritären Systemen zu“, sagt Sarfeld. „Mit solchen Gruppierungen darf es keine Zusammenarbeit geben.“
Der Basisinitiative haben sich demnach bisher rund 40 Parteimitglieder angeschlossen. Darunter befinden sich der Außenpolitiker Roderich Kiesewetter, der designierte Vorsitzende des Arbeitnehmerflügels CDA. Dennis Radtke, und das Bundesvorstandsmitglied Monica Wüllner.
Zudem gehören die Bürgermeister von Eschwege, Gummersbach und Eltville, Alexander Heppe, Frank Helmenstein und Patrick Kunkel, zu den Kritikern der Linie von Parteichef Friedrich Merz.
Freie Hand für die Landesverbände passt den Kritikern nicht
Dieser hatte im Frühsommer auf Druck des Thüringer Spitzenkandidaten Mario Voigt den Landesverbänden freie Hand im Umgang mit der Wagenknecht-Partei gelassen, damit bei entsprechenden Wahlergebnissen überhaupt eine Regierung gebildet werden kann – und diese Haltung nach den Landtagswahlen bekräftigt.
Es sei an den Parteimitgliedern vor Ort, in die „black box oder red box“ BSW hineinzuschauen, sagte der CDU-Chef am Montag.
„Das BSW agiert als verlängerter Arm des Kreml.“
Der CDU-Außenpolitiker Roderich Kiesewetter
„Jeder politische Akteur weiß, wofür das BSW inhaltlich steht – nämlich gegen elementare christdemokratische Grundüberzeugungen wie die Westbindung, die liberale Demokratie und die europäische Einigung. Von einer ,black box‘ kann höchstens in Bezug auf undurchsichtige Geldgeber die Rede sein“, sagte dagegen Radtke dem Tagesspiegel in Richtung Merz.
Kiesewetter, zugleich stellvertretender Vorsitzender des Geheimdienstkontrollgremiums im Bundestag, erklärte: „Das BSW agiert als verlängerter Arm des Kreml“.
Missverhältnis beim Umgang mit den Grünen beklagt
Das BSW wolle „die demokratische Mitte inklusive der Union als Volkspartei aushöhlen und unsere Grundwerte unterminieren, weshalb eine Zusammenarbeit ausgeschlossen sein sollte“, so Kiesewetter weiter. „Die CDU steuert auf einen Abgrund zu, wenn wir uns vor den Karren von Sahra Wagenknecht spannen lassen“, befürchtet Radtke: „AfD und BSW wollen die CDU zerstören, weil wir das letzte Bollwerk der politischen Mitte sind.“
„Wer soll noch verstehen, dass wir mit Stalinisten paktieren wollen, aber Koalitionen mit einem demokratischen Wettbewerber ausschließen, der dazu noch weitgehend unsere außenpolitischen Überzeugungen teilt?“
Der EU-Abgeordnete und designierte CDA-Chef Dennis Radtke
Er kritisierte in diesem Zusammenhang auch den Umgang der Parteispitze mit den Grünen, die zwar für ihre schlechte Politik kritisiert werden müssten, aber nicht als Hauptgegner betrachtet werden dürften: „Wer soll noch verstehen, dass wir mit Stalinisten paktieren wollen, aber Koalitionen mit einem demokratischen Wettbewerber ausschließen, der dazu noch weitgehend unsere außenpolitischen Überzeugungen teilt?“
Man stehe „im Kampf um unsere Demokratie und ein freies Europa wieder an einem Scheidepunkt. Das muss jedem klar sein bei seinem Verhalten in den nächsten Monaten“.
Der nächste CDU-Bundesparteitag, der über eine Erweiterung des bisher die AfD und die Linkspartei betreffenden Unvereinbarkeitsbeschlusses entscheiden muss, findet erst im Juni nächsten Jahres in Köln statt. Bis dahin, so fordern es die Mitglieder der Gruppe, sollen Präsidium und Bundesvorstand sich aktiv gegen solche Koalitionen einsetzen.