Luftverteidigung

Geräuschlos, günstiger, ohne Munition – Israel läutet seine Laser-Ära ein

29.10.2024
Lesedauer: 4 Minuten
Israels Streitkräfte testen den Iron Beam Quelle: picture alliance/dpa/Israeli Ministry of Defense's Spokesperson's Office

Israel investiert massiv in die Luftverteidigung per Laser. Das Verteidigungsministerium hat ein 500 Millionen Euro schweres Abkommen mit zwei Rüstungskonzernen geschlossen. Das Iron-Beam-System soll den Iron Dome ergänzen – und bietet entscheidende Vorteile.

Israel investiert massiv in eine Laserwaffe mit dem Namen Iron Beam als Ergänzung seiner Flugabwehr. Innerhalb eines Jahres soll das System einsatzbereit sein. Statt mit Munition und Abwehrraketen soll mit gebündeltem Licht und damit einem „unbegrenzten Magazin“ Angriffe abgewehrt werden, etwa von Drohnen, Mörsergranaten oder kleinen Raketen.

Israels Verteidigungsministerium hat mit dem großen staatlichen Rüstungskonzern Rafael und dem börsennotierten Branchenbegleiter Elbit einen Vertrag über mehr als zwei Milliarden Schekel, also knapp 500 Millionen Euro, für das Laserwaffensystem unterzeichnet.

Elbit beziffert seinen Anteil auf umgerechnet gut 180 Millionen Euro. Zur Bedeutung der Verträge heißt es aus dem Ministerium: „Das ‚Iron Beam‘-Abkommen gehört zu den strategisch wichtigsten, die wir je unterzeichnet haben, und leitet eine neue Ära der Gefechtsfeldtechnologie ein – das Laserzeitalter“, so Generaldirektor Eyal Zamir.

Tatsächlich gibt es international bereits zahlreiche Versuche und Konzepte für Laserwaffen, sei es in der Flugabwehr vom Boden oder der Einsatz auf Panzern, Schiffen oder sogar von Flugzeugen aus. In Deutschland kooperieren beispielsweise Rheinmetall und der Lenkwaffenkonzern MBDA bei einem Laser-Drohnenabwehrsystem für Schiffe. Das System wurde bereits auf der Fregatte 124 „Sachsen“ mit über 100 Testschüssen erprobt.

Die große Herausforderung für die Ingenieure ist neben der ausreichenden Energieversorgung die exakte Zielverfolgung (Tracking) bei einem sich schnell bewegenden Objekt. Nur wenn der Laserstrahl exakt auf der Zielfläche von der Größe einer Kleinmünze konzentriert bleibt, kann das Objekt mit genug zerstörerischer Energie getroffen werden.

Israel will die neue Iron-Beam-Waffe in seinen Verbund mit ihren anderen Flugabwehrsystemen am Boden einbinden. Geplant ist eine Tandemlösung mit Israels renommiertem Abwehr-System Iron Dome (Eiserne Kuppel).

Dessen Entwicklung war eine Reaktion auf Raketenangriffe von Israels Feinden, wie der Terrororganisation Hamas oder der Hisbollah. Wie bei der Entwicklung des Iron Dome, das in einem Zusammenspiel zwischen einer Spezialabteilung des Verteidigungsministeriums und dem Rüstungskonzern Rafael entstand, wird jetzt auch das Iron-Beam-Projekt vorangetrieben. Vor allem soll die Produktion deutlich ausgebaut werden.

Militärexperten vermuten dahinter eine Sorge Israels, bei weiter eskalierenden Konflikten über nicht genügend Abfangraketen für den Iron Dome und andere Abwehr-Systeme zu verfügen. Hier könnte Iron Beam eine effiziente, kostengünstige und innovative Alternative sein. Die Laserwaffe habe eine Reichweite von wenigen Hundert Metern bis ein paar Kilometern, heißt es.

Kosten für Iron Beam betragen wenige Dollar pro Schuss

Die Besonderheit der israelischen Abwehrschirme ist ihre Vernetzung. Radare und Software analysieren die Flugbahn und Einschlagstelle anfliegender Objekte und priorisieren, welche Bedrohung bekämpft werden soll. Automatisch wird dann die Abwehrwaffe gewählt.

Das Lasersystem Iron Beam basiert auf einem Hochenergie-Laser-Effektor in der Klasse von mindestens 100 Kilowatt. Damit rangiert die israelische Technik am oberen Ende der derzeitigen Entwicklung. Die USA testen seit 2022 auf dem Kampffahrzeug Stryker einen 50 Kilowatt-Laser. Der führende US-Rüstungskonzern Lockheed Martin hat angeblich in einer Versuchsanordnung eine 300 Kilowatt Laserkanone entwickelt, die auf bis zu 500 Kilowatt erweitert werden soll.

Der Hochleistungslaser des Iron Beam arbeitet mit mindestens 100 Kilowatt; Quelle: picture alliance/dpa/Israeli Ministry of Defense’s Spokesperson’s Office

Laserwaffen haben im Vergleich zu herkömmlichen Rohr- und Lenkwaffen viele Vorteile. Die Waffe arbeitet weitgehend geräuschlos und der Laserstrahl ist für das menschliche Auge unsichtbar. Das große Plus: Es ist kein Munitionsvorrat notwendig – nur ausreichend Strom. Die Kosten pro Schuss werden auf wenige Dollar für die Stromkosten veranschlagt, gegenüber mutmaßlich 15.000 bis 20.000 Dollar pro Iron-Dome-Abfangrakete. Meist werden davon zwei auf ein Ziel abgefeuert.

Aber es gibt auch Nachteile: Die Laserwirkung ist stark von den Eigenschaften des beschossenen Materials abhängig und ob die punktgenaue Zielverfolgung gelingt. Die Laserstrahlwirkung kann zudem von Witterungseinflüssen wie Nebel oder aufgewirbeltem Staub und Sand beeinflusst werden.

Dass der staatliche Rüstungskonzern Rafael als Hersteller von Iron Dome und Iron Beam eine Schlüsselstellung einnimmt, wurde Ende September deutlich. Dabei feuerte die libanesische Hisbollah Raketen auf einen Industriekomplex in der Nähe der Hafenstadt Haifa.

Gerhard Hegmann schreibt für WELT über Rüstung, Luft- und Raumfahrt und Militär.

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