Kriminalität

Die Grünen blockieren Gesetz zur Geldwäschebekämpfung

03.07.2024
Lesedauer: 4 Minuten
Christian Lindner mit einer Spezialeinheit des Zolls: Der Finanzminister möchte eine neue Behörde aufbauen, die Geldwäsche bekämpft. Foto: IMAGO/Jens Schicke

Finanzminister Lindner plant eine neue Behörde zum Kampf gegen Finanzkriminalität. Doch nun halten die Grünen das Vorhaben auf. SPD und FDP wittern einen Erpressungsversuch.

Berlin. Rückschlag für die Geldwäschebekämpfung in Deutschland: Nach monatelangen Diskussionen wollten SPD, Grüne und FDP in dieser Woche im Bundestag ein Gesetz zur Bekämpfung der Finanzkriminalität beschließen. Doch am Dienstag kündigten die Grünen überraschend an, dem Vorhaben weiterhin nicht zustimmen zu wollen – und sorgten damit für großen Ärger bei ihren Koalitionspartnern.

„Wir halten das für außerordentlich problematisch“, sagte Finanzstaatssekretär Florian Toncar (FDP). Er sprach von einem Rückschlag im Kampf gegen „schwerste organisierte Kriminalität“. Der Erste Parlamentarische Geschäftsführer der FDP, Johannes Vogel, spottete über eine „neu entdeckte Liebe der Grünen für die Organisierte Kriminalität“.

Mit dem Finanzkriminalitätsbekämpfungsgesetz soll unter anderem eine neue Behörde geschaffen werden. Im „Bundesamt zur Bekämpfung von Finanzkriminalität“ (BBF) sollen bestehende Behörden ihre Kräfte bündeln und neue Ermittlungsbefugnisse erhalten, um auch große Fälle mit internationalen Verzweigungen bearbeiten zu können. Es sei eine „Behörde, die dafür gemacht ist, die großen Fische zu fangen“, sagte Toncar.

Geldwäsche: Neue Behörde sollte eigentlich 2025 starten

Im Jahresverlauf 2025 sollte die Behörde an den beiden vorgesehenen Standorten Köln und Dresden voll handlungsfähig werden, lauteten die bisherigen Pläne des Finanzministeriums. Der dringliche Wunsch des Finanzministeriums war es, das Gesetz noch vor der Sommerpause zu beschließen, damit der Aufbau der Behörde beginnen kann.

Der Zeitplan sei nun nicht mehr zu halten, sagte Toncar. Er fürchtet, dass Deutschlands Ruf auch international Schaden nehmen könnte. Geldwäsche ist in Deutschland verbreiteter als in vielen anderen Staaten. Ein internationales Gremium hatte deshalb Maßnahmen von der Bundesregierung gefordert. Der Aufbau des BBF war eine Reaktion darauf.

» Lesen Sie auch: Neues Finanzkriminalamt: Wie Christian Lindner härter gegen Geldwäscher vorgehen will

Nun sei aber unklar, wie die Gesetzgebung weitergehe. Dabei waren bereits Mitarbeiter für die neue Behörde vorgesehen. Es gebe nun die „Befürchtung, dass die sich andere Aufgaben suchen“, sagte Toncar. Der Aufbau der neuen Behörde sei nun „im Grunde nicht planbar“. Schließlich ist unklar, ob und wann die Grünen die Blockade aufgeben.

Die Grünen begründen ihr Vorgehen mit einem anderen Gesetzesvorhaben, das Maßnahmen gegen die Verschleierung von Vermögen beinhaltet. Dieses befindet sich noch in der Ressortabstimmung, es gibt Bedenken im FDP-geführten Justizministerium. „Leider blockiert die FDP weiterhin die nötigen Instrumente zur Bekämpfung von Finanzkriminalität“, sagte der stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Grünen, Andreas Audretsch.

Der Grünen-Finanzexperte hält das Gesetz für ein notwendiges Instrument, welches die neue Behörde braucht. „Unser Ziel ist konsequenter gegen Finanzkriminalität vorzugehen, gerade gegen die dicken Fische. Darum ist es wichtig, dass die FDP nun zügig ihren Streit um Instrumente klärt.“

Im Finanzministerium hält man die Verknüpfung für nicht sinnvoll. Das Gesetzgebungsverfahren zur Vermögensverschleierung laufe, betonte Toncar. Es gehe um „komplexe Abwägungen“ und „verfassungsrechtliche Fragen“. Aus Sicht des Finanzstaatssekretärs sollte man in der Zwischenzeit mit dem Aufbau der neuen Behörde beginnen.

Erpressungsversuch der Grünen?

Darauf sollen sich Fachpolitiker von SPD, Grünen und FDP auch verständigt haben. Deshalb hatten die Grünen vergangene Woche im Finanzausschuss dem Gesetz schon zugestimmt. Dass sie nun in dieser Woche die finale Verabschiedung im Bundestag blockieren, ist umso überraschender. SPD und FDP vermuten deshalb ganz andere Gründe hinter der Aktion.

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FDP-Politiker Vogel wirft den Grünen einen Erpressungsversuch vor. „Es geht ganz offensichtlich darum, dass die Kindergrundsicherung nicht geeint werden konnte“, sagte er. „Ich habe dafür kein Verständnis“, sagte er zu der Blockade.

Lisa Paus: Die Kindergrundsicherung ist das Herzensprojekt der Familienministerin.
 Foto: dpa

Die Grünen sind verärgert, dass das Herzensprojekt von Familienministerin Lisa Paus (Grüne) nicht vorankommt. Seit Wochen laufen dazu im Bundestag Gespräche. Allerdings halten SPD und FDP den Gesetzesentwurf von Paus für nicht zustimmungsfähig. Auch aus den Ländern und von der Bundesagentur für Arbeit (BA), die das Vorhaben mit umsetzen müsste, gab es massive Kritik. FDP-Politiker Vogel sagte, dass man die Kindergrundsicherung nicht aus politischen Gründen aufhalte, sondern „wegen schlechter Vorarbeit von Lisa Paus“.

Und die Liberalen sind mit ihrem Ärger nicht allein. Auch bei der SPD herrscht Unverständnis über die blockierte Geldwäschebekämpfung.

„Wir sind für einen schnellen Abschluss der Beratungen, das haben wir intern auch deutlich gemacht“, sagte der finanzpolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Michael Schrodi. „Es hilft niemandem, politische Vorhaben mit anderen Projekten zu verknüpfen. Schon gar nicht, wenn es um den Kampf gegen Geldwäsche geht und der Aufbau einer dafür zuständigen Behörde um Monate verzögert wird.“

Mehr: Internationale Kontrolleure fordern von Deutschland mehr Einsatz beim Kampf gegen Geldwäsche

Erstpublikation: 02.07.2024, 17:00 Uhr.

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