Wegen Widerstands gegen Polizisten in Berlin

AfD-Maskenverweigerer Hilse muss 3000 Euro Geldstrafe zahlen

09.03.2022
Lesedauer: 4 Minuten
Der Bundestagsabgeordnete Karsten Hilse (AfD). FOTO: IMAGO/XC.XHARDTX/XFUTUREXIMAGE

Der AfD-Bundestagsabgeordnete Karsten Hilse ist rechtskräftig verurteilt worden. Grund ist ein Vorfall am Rande der Querdenker-Demo im November 2020 in Berlin. 

Einst Volkspolizist, nach der Wende im Streifendienst, einmal Mister Brandenburg – und nun verurteilt wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte: Gegen den AfD-Bundestagsabgeordneten Karsten Hilse aus dem sächsischen Bautzen ist in Berlin ein Strafbefehl ergangen. Der vom Amtsgericht Tiergarten auf Antrag der Staatsanwaltschaft erlassene Strafbefehl ist bereits rechtskräftig. Entsprechende Tagesspiegel-Informationen bestätigte am Mittwoch ein Sprecher der Berliner Strafgerichte.

Demnach ist der 57-Jährige wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte zu einer Geldstrafe von 3000 Euro verurteilt worden. Hilse muss 20 Tagessätze zu 150 Euro zahlen. Indem der AfD-Politiker den Strafbefehl akzeptiert hat, vermied er einen öffentlichen Prozess mit Anklage gegen ihn. Zudem ist er mit 20 Tagessätzen nicht vorbestraft, das wäre erst ab 90 Tagessätzen der Fall.

Bei dem Strafverfahren ging es um einen Vorfall am Rande der großen Demonstration von Querdenkern und von Gegnern der staatlichen Coronaschutzmaßnahmen am 18. November 2020. Dabei hatten Teilnehmer versucht, zum Bundestag zu gelangen, wo die Novelle des Infektionsschutzgesetzes beschlossen worden war. 77 Polizisten waren von Demonstranten verletzt worden, drei davon schwer: Tritt gegen den Kopf, Arm ausgekugelt, Bruch der Handknochen. Die Polizei löste die Demonstration auch mithilfe von Wasserwerfern auf. Hilse wetterte gegen die Gesetzesnovelle.

Bevor es mit der Demo richtig los ging, war die Polizei mit Hilse befasst. In einem Video berichtete der rechte Medienaktivist Thorsten Schulte, bekannt als „Silberjunge“, Hilse sei „etwas Unglaubliches passiert“. Dann erzählte Hilse in Sichtweite des Brandenburger Tores, er sei von seinem Büro gekommen und zwei Polizisten hätten ihn nach seinem Mund-Nase-Schutz gefragt. Er habe erwidert, er verfüge über ein ärztliches Attest und habe dieses den Beamten vorgezeigt..

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Die Beamten hätten ihm erklärt, das Attest sei ungültig, da keine konkrete Erkrankung darin genannt werde. Dann hätten die Beamten ihn gebeten, wegen einer Ordnungswidrigkeit mitzukommen. Das habe er anfangs befolgt, als er dann aber ein Handyvideo aufnehmen wollte, habe es den Polizisten zu lange gedauert.

Sie hätten ihn geschubst, ihm die Hände auf den Rücken gedreht, ihn zu Boden geworfen und festgenommen. „Das kann nicht wahr sein, was in diesem Land los ist“, empörte sich Hilse in dem Video. 

Auf Videos war ein Handgemenge zu sehen und wie die Beamten Hilse zu Boden bringen. Hilse wehrte sich damals und schrie sie an: „Ey, ich bin Bundestagsabgeordneter! Habt ihr ’ne Scheibe oder was?! Ich bin deutscher Bürger!“ Später erklärte Hilse via Pressemitteilung: „Die Polizei geht mit großer Härte gegen kleinste Ordnungswidrigkeiten vor.“ 

Der Bundestag hob die Immunität des Abgeordneten auf

Die Berliner Polizei leitete gegen Hilse ein Ermittlungsverfahren wegen des Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte und des Verdachts der Fälschung von Gesundheitszeugnissen ein. Im Dezember 2021 beantragte die Staatsanwaltschaft Berlin beim Bundestag, die Strafverfolgung wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte gegen Hilse zu genehmigen und dessen Abgeordnetenimmunität dafür aufzuheben. Am 13. Januar 2022 hob der Bundestag die Immunität mit breiter Mehrheit gegen die Stimmen der AfD-Fraktion auf.

Zwar hatte sich Hilse damals im November 2020 auf seine Immunität als Mitglied des Bundestages berufen. Dabei war klar, dass die bei Fällen wie diesem nicht gilt. Denn nach der Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages gilt die Immunität von Abgeordneten nicht, wenn es um freiheitseinschränkende Maßnahmen nach dem Infektionsschutzgesetz geht.

„Der Abgeordnete wurde aufgrund eines Widerstandes gegen Vollstreckungsbeamte festgenommen, ein Ermittlungsverfahren wurde entsprechend eingeleitet“, hatte eine Polizeisprecherin nach dem Vorfall erklärt. Vorausgegangen sei eine Personalienfeststellung, weil der zu Überprüfende keinen Mund-Nasen-Schutz trug und der Verdacht bestand, dass er ein gefälschtes Attest zur Befreiung der Tragepflicht vorgelegt hatte.

Dieser Überprüfung hatte sich Hilse widersetzt, daher sei der Abgeordnete „mittels einfacher körperlicher Gewalt zur Überprüfung seiner Personalien zu einem Polizeifahrzeug gebracht“ worden. 

Auch die Bundestagspolizei hatte sich mit dem Vorfall befasst. In einem internen Papier heißt es dazu, ein Abgeordneter sei an einer Kontrollstelle im Bereich Wilhelmstraße einer Identitätsfeststellung unterzogen worden. „Er sei zunächst den Beamten kooperativ zur Bearbeitung gefolgt, habe dann einen Begleiter aufgefordert zu filmen, habe sich gegen die Maßnahmen der Polizei gestellt und sei zu Boden gebracht worden.“

Hilse war 2017 erstmals in den Bundestag per Direktmandat gewählt worden, 2021 schaffte er erneut den Einzug in den Bundestag. Im Oktober 2021 gehörte Hilse zu jenen 22 AfD-Abgeordneten, die sich bei der konstituierenden Sitzung des Bundestages weigerten, die 3G-Regel einzuhalten. Sie mussten daher auf der Tribüne des Bundestags Platz nehmen. Hilse trug einen Sticker mit der Aufschrift „nicht geimpft“. Wenige Tage vor der Demonstration im November 2020 sprach Hilse mit „Querdenken“-T-Shirt am Bundestags-Redepult.

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