Das Sicherheitsgefühl der Bevölkerung nimmt drastisch ab, das zeigt der Deutschlandtrend. Es gibt starke Unterschiede nach Parteipräferenz, eine große Mehrheit der Ampel-Anhänger fühlt sich sicher. Vor allem einer Partei trauen die Bürger zu, Verbrechen zu bekämpfen.
Bluttaten wie die tödliche Messerattacke von Mannheim und der Totschlag von Bad Oeynhausen rücken die innere Sicherheit als politisches Thema in den Fokus. Und tatsächlich ist es um das Sicherheitsgefühl vieler Deutscher aktuell schlecht bestellt: Zwar fühlen sich laut dem Deutschlandtrend für Juli 13 Prozent der Bürger „sehr“ und 43 Prozent „eher“ sicher, wenn sie sich im öffentlichen Raum bewegen. Doch zugleich fühlen sich immerhin 40 Prozent der Bevölkerung „eher“ (31 Prozent) oder „sehr“ (neun) unsicher, wenn sie etwa auf Plätzen, Straßen und Parks sowie mit öffentlichen Verkehrsmitteln unterwegs sind.
Die von Infratest Dimap im Auftrag von ARD-„Tagesthemen“ und WELT erhobene repräsentative Umfrage zeigt auch: Das Sicherheitsgefühl in der Bevölkerung hat in den vergangenen Jahren stark gelitten. So gaben in einer Befragung im Januar 2017 noch drei Viertel der Bevölkerung an, sie hielten sich im öffentlichen Raum für „eher“ oder „sehr“ sicher – gegenüber 23 Prozent, die das nicht taten.
Generell fühlen sich deutlich mehr Frauen unsicher als Männer (43 gegenüber 36 Prozent). Auch nach Altersgruppen betrachtet, zeigen sich starke Unterschiede: Viel mehr ältere Menschen ab 65 Jahren nehmen sich als sicher wahr (68 Prozent) als andere Altersgruppen. Am stärksten ist das Gefühl der eigenen Gefährdung bei den 35- bis 49-Jährigen ausgeprägt (47 Prozent). Und deutlich mehr Ostdeutsche als Westdeutsche fühlen sich im öffentlichen Raum unsicher (45 zu 38 Prozent).
Bemerkenswert: Vor allem Anhänger der Ampel-Parteien fühlen sich „sehr“ oder „eher“ sicher – bei denen der Grünen sind es 92 Prozent, bei denen von SPD und FDP 80 beziehungsweise 70 Prozent. Von den Unterstützern von CDU/CSU und dem Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) äußern sich 56 beziehungsweise 54 Prozent entsprechend. AfD-Anhänger geben mehrheitlich an, sich in der Öffentlichkeit unsicher zu fühlen (78).
Welche konkreten Ängste haben die Bürger, wenn sie sich im öffentlichen Raum aufhalten? 49 Prozent befürchten „immer“, „häufig“ oder zumindest „manchmal“, bestohlen werden – genauso viele haben diese Angst „selten“ oder „nie“. Immerhin 46 Prozent der Befragten fürchten, „beleidigt“ oder „angepöbelt“ zu werden. Jeweils 27 Prozent haben die Sorge, sie könnten „geschlagen und verletzt“ werden – oder „Opfer eines terroristischen Anschlags“ werden. Und ein Fünftel befürchtet, in der Öffentlichkeit „sexuell bedrängt“ zu werden.
Vor allem einer Partei trauen die Deutschen zu, Kriminalität und Verbrechen zu bekämpfen: der CDU/CSU. 37 Prozent der Befragten äußern sich entsprechend. Auf Platz zwei folgt mit 16 Prozent die AfD, dahinter die SPD mit elf Prozent. Desolat schneiden hier das BSW (drei Prozent), Grüne und Linke (jeweils zwei) sowie die FDP (ein Prozent) ab.
Dieser für die Ampel-Parteien ernüchternde Befund geht einher mit einer desaströsen Bewertung der Arbeit der Regierung, die derzeit in einem heftigen Streit über den Bundeshaushalt steckt: Null Prozent der Befragten sind aktuell „sehr zufrieden“. 19 Prozent äußern sich „zufrieden“ – minus drei Punkte im Vergleich zum Vormonat. 41 Prozent sind demnach „weniger zufrieden“ (plus vier Punkte), 38 Prozent „gar nicht zufrieden“ (plus ein Punkt).
Im Ranking der beliebtesten Politiker steht Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) weiterhin an der Spitze, allerdings gibt er vier Punkte ab und kommt aktuell auf 53 Prozent. Zweitplatzierter ist CDU-Chef Friedrich Merz mit 32 Prozent (plus drei Punkte). Dahinter folgen Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) und Sahra Wagenknecht (BSW) mit 29 beziehungsweise 28 Prozent. Finanzminister Christian Lindner (FDP) kommt auf 24 Prozent. Kanzler Olaf Scholz (SPD) liegt mit 21 Prozent und drei Punkten Verlust nur noch knapp vor AfD-Chefin Alice Weidel, die drei Punkte auf 20 Prozent zulegt. Am Ende des Rankings: Weidels Co-Parteichef Tino Chrupalla mit zwölf Prozent.
In der Sonntagsfrage zur Bundestagswahl bleibt die CDU/CSU mit unverändert 31 Prozent stärkste Kraft. SPD und Grüne geben im Vergleich zum Vormonat je einen Punkt ab und kommen auf 14 beziehungsweise 13 Prozent. Die FDP legt einen Punkt auf fünf Prozent zu und würde es somit wieder ins Parlament schaffen. Die AfD gibt einen Punkt ab und liegt jetzt bei 17 Prozent. Die Linke verharrt bei drei Prozent. Das Bündnis Sahra Wagenknecht legt drei Punkte zu und kommt auf acht Prozent.
Wie die Deutschen die Wagenknecht-Partei sehen
Die Demoskopen von Infratest fragten diesmal in einem eigenen Schwerpunkt die Einstellung der Bevölkerung zum BSW ab. 57 Prozent stimmen „eher“ der Aussage zu, die Partei habe außer Wagenknecht selbst „wenig zu bieten“. Eine Mehrheit von 53 Prozent findet es demnach „gut, dass sich das BSW gleichzeitig für mehr Soziales und weniger Zuwanderung einsetzt“.
Mehrheitlich eher schlecht kommt der dezidiert Russland-freundliche Kurs der Wagenknecht-Partei an. 55 beziehungsweise 59 Prozent finden es „eher nicht“ gut, dass sich das BSW „gegen weitere Waffenlieferungen für die Ukraine“ sowie „für ein besseres Verhältnis mit Russland“ einsetzt. Ostdeutsche Befragte beurteilen diese Positionen deutlich positiver als westdeutsche.
Zurzeit sieht es ganz danach aus, dass das BSW bei Regierungsbildungen nach den drei Landtagswahlen in Thüringen, Sachsen und Brandenburg im September gebraucht wird, um Mehrheiten gegen die AfD zu bilden. 38 Prozent fänden eine solche Beteiligung „gut“, 46 Prozent vertreten die gegenteilige Ansicht. Unter den ostdeutschen Befragten würde eine Mehrheit von 55 Prozent eine BSW-Regierungsbeteiligung auf Landesebene befürworten.
Nach Parteianhängern betrachtet, findet sich nur bei Unterstützern von BSW (94 Prozent) und AfD (55 Prozent) eine Mehrheit dafür. Die Anhänger von Union, SPD, Grünen und FDP finden jeweils mehrheitlich, eine solche Regierungsbeteiligung der Wagenknecht-Partei wäre „nicht gut“.
Für den Deutschlandtrend hat Infratest Dimap vom 1. bis 3. Juli 1294 wahlberechtigte Bürger in 770 Telefon- und 524 Online-Interviews befragt. Die Fehlertoleranz liegt zwischen zwei und drei Prozentpunkten.