Datenträger, Bargeld, zwei Pkw und Goldmünzen waren in Gießen bei einer Razzia im Zusammenhang mit dem Verbot des Magazins Compact beschlagnahmt worden.
Gießen – Juristen und Journalisten hatten starke Zweifel geäußert, als Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) Mitte Juli das rechtsextreme Magazin Compact verbot und bundesweit bei Razzien Räume durchsuchen und Gegenstände beschlagnahmen ließ. Rund einen Monat später durften sich die Zweifler und Kritiker bestätigt fühlen: Vergangene Woche gab das Bundesverwaltungsgericht einem Eilantrag von Compact-Gründer Jürgen Elsässer statt, der sein Magazin und weitere Medienprodukte damit bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache wieder verbreiten darf.
Und nicht nur das: Der Staat muss die beschlagnahmten Gegenstände an die Eigentümer zurückgeben. Wie das Landeskriminalamt Hessen auf GAZ-Anfrage bestätigt, betrifft das auch die Sachen, die bei einer Hausdurchsuchung im Gießener Ostviertel am Dienstag, dem 16. Juli, von der Polizei mitgenommen worden waren. »Aufgrund der Aufhebung des Verbots der Vereinigung Compact-Magazin GmbH sind die rechtlichen Voraussetzungen für die in diesem Zusammenhang sichergestellten/beschlagnahmten Gegenstände nicht mehr gegeben. Das Hessische Landeskriminalamt avisiert daher die schnellstmögliche Herausgabe aller im Zusammenhang stehender Asservate an die Verantwortlichen«, kündigte LKA-Sprecherin Elionor Weber auf Anfrage dieser Zeitung an.
Verbot von Compact Magazin aufgehoben – Razzien auch in Gießen
Wie berichtet, betraf die Gießener Durchsuchung eine Doppelhaushälfte im Eichgärtenviertel. Dort sollen nach Angaben des LKA ein 53-jähriger Mann und eine 56-jährige Frau leben, die für »Compact« tätig seien. Näheres brachte das Nachrichtenmagazin Der Spiegel ans Licht. Danach handelt es sich bei der 56-Jährigen um Dr. Stephanie Elsässer, die Ehefrau von Compact-Gründer Jürgen Elsässer.
In den Wohnungen und an dem Haus waren laut LKA zahlreiche Speichermedien, eine Menge Bargeld, Sammlermünzen, zwei Fahrzeuge sowie Flugblätter und Magazine gefunden und beschlagnahmt worden. Laut Spiegel darunter auch Goldmünzen, die in einem Tresor eingeschlossen gewesen sein sollen.
Ehefrau von Compact-Gründer in CDU Gießen engagiert
Für Gesprächsstoff in der Reihen der Gießener CDU sorgten Recherchen der Gießener Allgemeinen Zeitung, wonach es sich bei der Ehefrau Elsässers um das frühere Gießener Parteimitglied Dr. Stephanie Eckhardt handelt. Unter diesem Namen hatte sich die spätere Ehefrau des Compact-Chefs in der Gießener CDU engagiert und gehörte dem Vorstand des einflussreichen Ortsvereins Gießen-Ost sowie der Frauen-Union im Kreis Gießen an – jeweils als Schriftführerin. 2011 kandidierte sie auf einem hinteren Listenplatz fürs Stadtparlament, zu einem Mandat reichte es nicht.
Wie aus der heimischen Union heißt, sei Eckhardt sehr selbstbewusst und mit Ambitionen aufgetreten. Im Zusammenhang mit der Flüchtlingskrise 2015 sei es dann aber immer wieder zu Kontroversen über die Politik der CDU-geführten Bundesregierung gekommen. 2017 trat Eckhardt schließlich zur AfD über und kandidierte 2018 als Ersatzkandidatin für Arno Enners bei der Landtagswahl im Gießener Wahlkreis 18. Wenig später habe sie ihren Lebensmittelpunkt nach Ostdeutschland verlegt, heißt es aus der Gießener AfD.
Vorgehen von Nancy Faeser bei Compact-Verbot als „ungeschickt“ kritisiert
Dr. Stephanie Elsässer war bzw. ist wieder Geschäftsführerin der ebenfalls vom Innenministerium zunächst verbotenen Firma Conspect Film und war für »Compact« auch journalistisch tätig. Zwar steht eine Entscheidung über das Verbot in der Hauptsache noch aus, aber das Verfahren kann sich noch Jahre hinziehen.
Politisch wird Faesers Vorgehen mit Blick auf die Wahlen in drei ostdeutschen Bundesländern daher als mindestens ungeschickt kritisiert und schwere Schlappe eingestuft. Der Deutsche Journalistenverband sprach von einem »politischen Schnellschuss« der Innenministerin und begrüßte die Eilentscheidung des Gerichts als »klares Bekenntnis zum Grundrecht auf Pressefreiheit«.
Ob ein Publikationsverbot in diesem Fall verhältnismäßig ist, wird nun das Bundesverwaltungsgericht im Hauptsacheverfahren prüfen. Auch wenn man aus Compact »eine kämpferisch-aggressive Haltung« gegenüber Prinzipien des Grundgesetzes herauslesen könne, seien weite Teile der Texte »mit Blick auf die Presse- und Meinungsfreiheit nicht zu beanstanden«, begründete das Gericht seine Eilentscheidung. (mö)