In der ARD-Doku „Gau am Bau“ geht es um die Mietpreisbremse und weitere Ideen, wie man Wohnen (wieder) bezahlbarer machen kann. Bezeichnend ist die Antwort des zuständigen Bauministeriums.
„Brisant“-Moderatorin Marwa Eldessouky reist für die ARD-Doku „Gau am Bau“ (ARD-Mediathek, am 6.Mai, 20:15 in der ARD) quer durch Deutschland. Natürlich führt ihr Weg auch nach München, der Hochburg für teures Wohnen. Sie trifft Felicitas Sommer, die an der LMU München darüber forscht, ob die eingeführte Mietpreisbremse funktioniert. Dieses Instrument soll überteuerte Mieten verhindern.
Von Mietwucher ist beispielsweise die Rede, wenn die Miete 50 Prozent höher ist als die ortsübliche Vergleichsmiete. Tatsächlich sind die Mieten in der Landeshauptstadt in nur zwei Jahren um 21 Prozent gestiegen. Sommer und ihre Kollegen finden anhand einer Umfrage heraus, dass ein Viertel aller Befragten eine Miete bezahlt, die mehr als zehn Prozent zu hoch ist.
„Wir haben keinen Babysitter-Nanny-Staat“
„Die Münchner könnten viel Geld sparen“, sagt Reporterin Eldessouky. „Falschparken wird stärker geahndet als das Recht auf Wohnen“, meint Felicitas Sommer. Eine Forderung lautet, dass der Staat mehr prüfen soll, damit die Mietpreisbremse auch wirkungsvoll ist. Bundesbauministerin Klara Geywitz winkt ab: „Wir haben keinen Babysitter-Nanny-Staat, der sich in die Vertragsbeziehung zweier Privatpersonen einmischt.“ Heißt: Das Risiko einer Klage muss ein Betroffener schon selbst eingehen.
SPD-Politiker Kevin Kühnert hat selbst ein Jahr gebraucht, um in Berlin eine Wohnung zu finden. Er kritisiert vor allem, dass mit Neubauten Spekulation betreiben wird. „Steuerbegünstigungen müssen beendet werden, um Spekulationen aus dem Markt herauszunehmen. Mit Wohnungen zu handeln, ist einfach anders als mit Porsche zu handeln“, findet Kühnert. „Das ist das Elend auf unserem Markt. Das hat Leute wütend werden lassen.“ Am Ende der Film-Doku steht Kühnert mit Marwa Eldessouky auf dem Tempelhofer Feld. Vor zehn Jahren hatten die Berliner per Volksentscheid dafür gestimmt, dass diese riesige Fläche zunächst unbebaut bleibt. Gerade aber der Wohnraum für Einkommensschwache wird immer knapper.
Zahl der Sozialwohnungen sinkt
In den vergangenen elf Jahren ist die Zahl der Sozialwohnungen in Berlin von 146.000 auf 91.000 gesunken. Zu Zeiten des Volksentscheids, meint Kühnert, hätten noch 400.000 weniger Menschen in der Stadt gelebt. „Ich glaube nicht, dass wir mit dem Ausbau von Dachgeschossen und Penthäusern so viel Wohnraum schaffen.“
Der Markt für Wohnimmobilien ist katastrophal. In Ballungsräumen sind kaum noch bezahlbare Mietwohnungen zu finden. Am Bau herrscht Frust durch gestiegene Zinsen, Fachkräftemangel und die stetig wuchernde Baubürokratie. Und auf dem Land zweifeln Eigenheimbesitzer an den Versprechungen der Energiewende.
Ministerin hat keine Ahnung von der Bautätigkeit
Die Bundesregierung, zu der bekanntlich auch Kühnerts SPD gehört, hat 400.000 neue Wohnungen pro Jahr versprochen. Im Jahr 2023 waren es 300.000. Die Prognose für das aktuelle Jahr ist noch düsterer. Gerade noch 200.000 Wohnungen, also die Hälfte des einstigen Ziels, wird es 2024 mehr geben. Kurios ist, dass die Bundesregierung überhaupt keine konkreten Zahlen über den Stand der Bautätigkeit besitzt. „Wir wissen gar nicht, was im Jahr gebaut wird“, erklärt Bauministerin Klara Geywitz. „Das ändern wir aber jetzt gerade, indem wir sicherstellen, dass wir viermal im Jahr die aktuellen Zahlen haben.“
Immerhin hat das Ministerium Erkenntnisse darüber, dass das Bauen in Deutschland extrem teuer ist „Wir müssen damit aufhören, weiter die Standards zu verschärfen“, klagt Geywitz. So hätten die Bundesländer etwa die Grunderwerbssteuer von 3,5 auf 6,5 Prozent heraufgesetzt. Insgesamt bedingen die behördlichen Vorgaben mittlerweile 37 Prozent der Baukosten. „Wer will, dass wieder gebaut wird, muss die Grunderwerbssteuer wieder auf 3,5 Prozent setzen.“ Auf allen drei staatlichen Ebenen müsse „das Abschöpfen von Immobiliengewinnen reduziert werden, weil die Gewinne nicht mehr in dem Maße da sind“.
„Verlernt, konventionell und seriell zu bauen“
Nach Angaben der Bau-Unternehmer steht jeder fünfte Projektentwickler für Häuserbau finanziell „unter Druck“. Die Fachkräfte fehlen und die Kosten sind in allen Bereichen gestiegen. Frühere Kalkulationen stimmen einfach nicht mehr. Der ehemalige Projektentwickler Andreas Lehner sagt: „Wenn sich die Konjunktur ändert, beißen die Letzten die Hunde!“ Als Lösung für die Bau-Misere empfiehlt er, die Ansprüche zu senken. „Simpler bauen, einfacher bauen, nicht den Anspruch haben, Holzbau zu machen“, sagt er. Man habe „die Fähigkeit verlernt, konventionell und seriell zu bauen“. Überdies sei es in einer Stadt wie München nicht möglich, einfach nicht möglich, 9000 Euro pro Quadratmeter für einen Hausbau zu bezahlen und dann dafür 15 Euro Miete pro Quadratmeter zu nehmen. „Das ist der ökonomische Super-GAU.“