Über die Rundfunkreform sind sich die Länder einig. Und sie sind kurz davor, ein neues Verfahren für den Rundfunkbeitrag zu beschließen. Die Verfassungsklage von ARD und ZDF könnte all das zunichte machen. War das der Plan?
Die Rundfunkkommission der Länder hatte in ihrer jüngsten Sitzung den Vorschlag für eine vereinfachte Festsetzung des Rundfunkbeitrags entwickelt, genannt „Widerspruchsmodell“: Der Beitrag steigt automatisch, wenn die Länder dem nicht widersprechen. Neu ist eine ergänzende Quotenregelung.
Empfiehlt die Beitragskommission KEF eine Erhöhung von bis zu zwei Prozent des bisherigen Beitrags von 2029 an, wird diese ohne neuen Finanzierungsstaatsvertrag angenommen. Ein Widerspruch der Landtage ist erst ab dieser Schwelle möglich. Liegen die KEF-Berechnungen über fünf Prozent, wird das bisherige Prozedere, inklusive eines Finanzierungsstaatsvertrages, in Gang gesetzt. Die jetzige Empfehlung für die Beitragsperiode von 2025 bis 2028 beträgt Plus 3,2 Prozent. Nach dem neuen Modell müssten zwei Landtage dagegen sein, um diese Anhebung zu verhindern.
Die Ablehnungsfront gibt es noch
Sieht man sich die Ablehnungsfront mehrerer Länder an, hätte es das bisher übliche Verfahren gegeben und nichts wäre für die Länder gewonnen. Selbst die ARD hat in ihrer Begründung der Verfassungsbeschwerde eingeräumt, dass mehrere Länder eine Beitragserhöhung für unnötig erachten. Heike Raab (SPD), Koordinatorin der Medienpolitik der Länder, bezeichnete im Gespräch mit der F.A.Z. die letzte Sitzung der Rundfunkkommission als „Sternstunde“ der Demokratie, da alle Länder ein vereinfachtes Verfahren anstrebten. Die Länder wollten sich nicht aus der Verantwortung stehlen, sagt sie, aber die Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks unabhängiger von aktuellen politischen Entwicklungen gestalten. Zudem erwarte sie, dass die Reformen mittel- und langfristig zu einer Absenkung des Finanzbedarfs von ARD, ZDF und Deutschlandrandradio führten.
Die KEF rechnet allerdings in ihrem Sondergutachten vor, dass frühestens nach 2029 mit relevanten Einsparungen zu rechnen sei, sollten die Anstalten das anstreben. Heike Raab geht deshalb davon aus, dass die Ministerpräsidentenkonferenz am 12. Dezember dem Modell zustimmt. In dieser Woche sollen die Rundfunkreferenten noch für den letzten Schliff sorgen.
Die Klage zeigt, wie die jetzige Lage ist
Nicht ganz so euphorisch wie seine Amtskollegin sieht Conrad Clemens (CDU), Koordinator der unionsregierten Bundesländer und Chef der Staatskanzlei Sachsens, die Debatte um die Reform des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. So sagte er der F.A.Z: „Die jetzige Klage von ARD und ZDF vor dem Bundesverfassungsgericht, die einen Kompromiss der Länder bei der künftigen Beitragsfestsetzung erschwert, zeigt, dass das bisherige System nicht mehr zeitgemäß ist. Deshalb ist es richtig, auch mit Blick auf die nächste Beitragsperiode, hier eine Änderung vorzunehmen. Ich sehe weiterhin die Chance, dass die Ministerpräsidentenkonferenz im Dezember einem Systemwechsel zustimmt.“ Ähnlich vorsichtig bewerten das auch andere Mitglieder der Rundfunkkommission.
Zwei Aussagen lassen bei Conrad Clemens aufhorchen: „schwierig, einen Kompromiss zu finden“ und „Chance“. Bekanntlich haben ARD und ZDF sich sehr bemüht, das Reformpaket scheitern zu lassen. Das vom Hamburger Kultur- und Mediensenator Carsten Brosda (SPD) angesprochene Junktim zwischen dem Reformpaket und einem neuen Finanzierungsstaatsvertrag bedeutet, dass es ohne die Einigung der Ministerpräsidenten über die künftige Finanzierung auch keine Reformen gibt. Die Anrufung des Bundesverfassungsgerichts einen Tag vor der Beratung der Rundfunkkommission lässt nur den Schluss zu, dass die Intendanten auf Widersprüche zwischen den Ländern setzen und hoffen, dass sie sich nicht auf eine neue Methode, den Rundfunkbeitrag festzusetzen, einigen. Doch selbst bei dem jetzt mühsam gefundenen Widerspruchsmodell ist die Zustimmung der Regierungschefs in gut zwei Wochen nicht sicher.
Die Verärgerung über die Klage zum jetzigen Zeitpunkt sei so groß, dass einige Länder möglicherweise keinen Kompromiss anstreben, ist aus Staatskanzleien zu hören. Denn durch die Verfassungsklage ist auch das Moratorium gescheitert, eine Erhöhung für zwei Jahre auszusetzen. Damit könnte der Plan von ARD und ZDF aufgehen, die 135 Seiten novellierter Staatsverträge zu Makulatur werden zu lassen. Und mehr Geld erhalten sie in den nächsten vier Jahren wahrscheinlich auch.
Quelle: F.A.Z.