Vor Gericht, weil er keinen Rundfunkbeitrag zahlt:

„Der ÖRR ist nicht unabhängig und stark tendenziös“

05.06.2024
Lesedauer: 4 Minuten
Jan-Ulrich Maue im Gerichtssaal des Bayerischen Verwaltungsgerichts. Es geht um die Zahlung der Rundfunkgebühren. © Andreas Schmid/Imago Christian Ohde (Montage)

Jan-Ulrich Maue will den Rundfunkbeitrag nicht zahlen. Vor Gericht begründet er das mit fehlender Ausgewogenheit bei ARD und ZDF – und mit einem Manifest.

Jeder deutsche Haushalt ist grundsätzlich dazu verpflichtet, monatlich 18,36 Euro Rundfunkbeitrag zu zahlen – mit Ausnahmen beispielsweise für Bürgergeld-Empfänger. Im Jahr 2022 haben laut dem Beitragsservice von ARD und ZDF etwa 560.000 Menschen trotz mehrfacher Aufforderungen nicht gezahlt und ein Mahnschreiben erhalten. Wer sich weiterhin weigert zu zahlen, muss sich vor Gericht verantworten.

Jan-Ulrich Maue, ein IT-Fachmann aus Garching bei München, hat sich dazu entschieden, seine Beitragspflicht gerichtlich überprüfen zu lassen. Beim Prozess war hna.de dabei.

Wegen des Rundfunkbeitrags vor Gericht: „Der ÖRR ist nicht ausgewogen“

Maue hat beschlossen zu klagen. Obwohl bereits mehrere Gerichte festgestellt haben, dass der Rundfunkbeitrag verfassungsgemäß ist. Teils aus Prinzip; teils weil er glaubt, dass sich die Situation verändert hat.

Maue bezieht sich dabei auf ein Manifest von Mitarbeitern des öffentlich-rechtlichen Rundfunks (ÖRR). Maue argumentiert, dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk nicht ausgewogen sei und daher seiner Aufgabe nicht gerecht werde. „Da wird sehr einseitig und regierungskonform berichtet“, sagt er. Er selbst sieht sich politisch weder rechts noch links. „Die Zeiten der politischen Einordnung in links und rechts sind überholt und ich möchte mich auch nirgends einordnen“.

Im Gespräch mit hna.de betont Maue immer wieder, dass er „ein ganz normaler Bürger“ sei. „Ich bin kein Querulant, der kein Geld bezahlen will.“ Der Streit vor Gericht dreht sich um die überschaubare Summe von 118,16 Euro, die sich aus sechs Monaten Rundfunkbeitrag plus einem Mahnzuschlag zusammensetzt. Maue ist bereit, die Kosten zu tragen, „aber nur für einen unabhängigen und neutralen Rundfunk“. Er ist der Meinung, dass ARD, ZDF und deren Spartenprogramme nicht unabhängig und neutral sind. „Der ÖRR ist nicht ausgewogen und hat in der Vergangenheit, zum Beispiel während Corona, ganz klar Lügen verbreitet“, sagt er.

Vor Gericht wiederholt Maue diese Vorwürfe. „Mir geht es nicht darum, den Rundfunk abschaffen zu wollen. Aber er gehört reformiert. Dann bin ich auch bereit, zu zahlen.“ Ein „unabhängiger ÖRR“ sei für die politische Meinungsbildung der Bevölkerung maßgeblich. Das sieht Maue nicht gegeben. Vor Gericht spricht er immer wieder von „Zwangsgebühren“, da er „für etwas bezahle, was eindeutig nicht unabhängig, sondern stark tendenziös ist.“

Richterin: „Programmkritik gibt kein Recht, den Rundfunkbeitrag zurückzuhalten“

Die Richterin hört sich die Argumentation Maues geduldig an. Letztlich wird sie sich in ihrem Urteil aber auf höherinstanzliche Gerichte berufen. So teilt sie Maue noch im Gericht mit Blick auf eine Entscheidung des VGH mit: „Programmkritik gibt kein Recht, den Rundfunkbeitrag zurückzuhalten.“ Man solle sich in so einem Fall an den Rundfunkrat wenden.

Maue bezeichnet den Rundfunkrat als „zahnlosen Tiger“ und meint: „Das Gericht sollte zur Kenntnis nehmen, dass sich die Zeit weiterentwickelt hat, dass es neue Fakten gibt.“ Dann holt er ein Schreiben aus seiner Tasche. „Das ist das Manifest für einen neuen öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Das würde ich Ihnen gerne überreichen.“

Klage gegen Rundfunkbeitrag: Garchinger muss zahlen

Anfang April hatten Mitarbeiter von ARDZDF und Deutschlandradio ein Dokument veröffentlicht, in dem sie die Ausrichtung des ÖRR beklagen. Darin sehen sie den Programmauftrag und die im Medienstaatsvertrag festgelegten Grundsätze des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in Gefahr. So beobachten die Autorinnen und Autoren, die teils mit Klarnamen, teils anonym auftreten, eine „Eingrenzung des Debattenraums“, ein Verschwimmen von „Meinungsmache und Berichterstattung“ sowie zu wenig „inhaltliche Auseinandersetzungen mit konträren Meinungen“.

Das Manifest ist Maues Kernargument. „Es zeigt, dass es hier wirklich einen Missstand gibt“, sagt der Garchinger. „Diese Information gab es zum Zeitpunkt der Urteile, die Sie mir zugesandt haben, noch nicht. Daher sollte das wirklich neu beleuchtet werden.“ Die Richterin gibt die Ausführungen Maues zu Protokoll und schließt die Verhandlung nach knapp einer Stunde. Ein rechtskräftiges Urteil gibt es nach maximal fünf Monaten. Zwei Wochen nach der Sitzung erhält Maue den Tenor des Urteils. Tendenz: Die Klage wird abgewiesen. Wie erwartet muss der Kläger den Rundfunkbeitrag bezahlen. (as)

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