»Reichsbürger«-Prozess in Frankfurt

Verteidiger von Prinz Reuß schlagen Putin und Obama als Zeugen vor

08.10.2024
Lesedauer: 3 Minuten
Heinrich XIII. Prinz Reuß: Hauptangeklagter im »Reichsbürger«-Prozess Foto: Boris Roessler / dpa

Im Prozess um die mutmaßliche »Reichsbürger«-Gruppe beschäftigt sich das Gericht derzeit mit Dokumenten, die beim Hauptangeklagten Heinrich XIII. Prinz Reuß sichergestellt wurden. Seine Verteidiger machten einen kuriosen Vorschlag.

Briefe nach Russland, Sitzungsprotokolle, Fantasieausweise: Im Terrorprozess um die mutmaßliche »Reichsbürger«-Gruppe rücken aktuell Dokumente in den Fokus, die in Büro und Haus des Hauptbeschuldigten Heinrich XIII. Prinz Reuß sichergestellt wurden. Weil es in einigen davon um Kontakte nach Russland geht, schlugen Verteidiger dem Gericht vor, Machthaber Wladimir Putin als Zeuge zu laden.

Im Gerichtsgebäude des Oberlandesgerichts in Frankfurt-Sossenheim verlas der Vorsitzende unter anderem einen Brief an Reuß, in dem dieser vom Absender als »künftiges Staatsoberhaupt« tituliert wird, unterzeichnet von »Ihr Diener«.

Gefunden wurde auch der Vordruck eines »vorläufigen Staatsangehörigkeitsausweises«, ausgestellt in Frakturschrift auf Basis eines Gesetzes von 1913, unterzeichnet von einer »staatlichen Wahlkommission Reuß«, und ein »Ausweis«, der es der Polizei untersagen sollte, ihn festzunehmen.

Heinrich XIII. Prinz Reuß im Mai vor Gericht: »Künftiges Staatsoberhaupt«
 Foto: Boris Roessler / dpa

Sichergestellt wurde auch ein Stapel mit Mitgliedsanträgen für »Kompetenz-Teams und Arbeitsgruppen zur Herbeiführung des Weltfriedens«. Auf einem Rechner fanden die Beamten eine »Eid-Entbindung«, mit der sich Reuß von einem laut Dokument »korrupten und menschenverachtenden System«, der BRD, lossagt.

In einem Brief schrieb Reuß: »Das Kaiserreich von 1918 ist nicht untergegangen«, und »das Deutsche Reich ist existent«. Er habe es durch die Proklamation seiner Fürstentümer »wieder aktiviert«. Gezeigt wurde das Protokoll einer Sitzung des »Übergangsrates«, der laut Anklage nach dem geplanten Umsturz die Regierungsgeschäfte übernehmen sollte.

Was wusste Putin?

In einem Mailverkehr geht es um die Frage, wie »die Anerkennung souveräner Gliedstaaten des Reichs« erreicht werden kann. Reuß schreibt darin, Putin sei »über meine Tätigkeit informiert«. Der Anwalt einer Mitangeklagten schlug daraufhin vor, diesen als Zeuge zu laden.

Reuß’ Anwalt schloss sich dem an und erweiterte die Liste um den Ex-US-Präsidenten Barack Obama, der etwas zur Frage der Souveränität Deutschlands beitragen könnte. Zu den anderen Dokumenten sagte Reuß’ Anwalt, diese bewiesen vor allem, dass sein Mandant entgegen der Anklage keinen gewaltsamen Umsturz geplant habe, sondern bestrebt war, seine Ziele friedlich zu verfolgen.

Briefe an Putin wurden nicht verlesen, aber an Außenminister Sergej Lawrow und einen Mitarbeiter einer russischen Bank. Reuß bittet darin um die Anerkennung seiner Fürstentümer als »erste Gliedstaaten« des Deutschen Reichs, sowie seiner Person als Botschafter des Deutschen Reichs. Die Hilfe Russlands könne »zu einem dauerhaften weltweiten Frieden« führen, heißt es in verlesenen und eingeblendeten Briefen. »Das Deutsche Reich ist nicht untergegangen, sondern mangels Verwaltungsstruktur lediglich nicht handlungsfähig.«

Neun Beschuldigte in Frankfurt

In Frankfurt wird neun Beschuldigten vorgeworfen, Mitglieder einer terroristischen Vereinigung gewesen zu sein beziehungsweise diese unterstützt zu haben. Sie sollen einen politischen Umsturz geplant und in Grundzügen eine neue Regierung ausgearbeitet haben.

Mit zwei parallel laufenden Verfahren in München und Stuttgart müssen sich insgesamt 26 mutmaßliche Verschwörer in dem Komplex verantworten. Bis zum Urteil gilt die Unschuldsvermutung. 

ptz/dpa

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