Gunnar Schupelius

Wer sind die Täter, die homosexuelle Menschen in Berlin angreifen?

25.07.2023
Lesedauer: 3 Minuten
Eine riesige Regenbogen-Flagge auf dem dem diesjährigen CSD Foto: John MACDOUGALL / AFP

Um die Homophobie zu bekämpfen, müssen die Täter benannt werden, und wenn es in Berlin vor allem junge Männer arabischer und türkischer Herkunft sind, dann muss darüber gesprochen werden, meint Gunnar Schupelius.

Der Komiker und Autor Hape Kerkeling hat Berlin verlassen, weil er sich als schwuler Mann hier nicht mehr sicher fühlte. Er sei „schweren Herzens“ zurück nach Köln gegangen, sagte er am vergangenen Donnerstag in der Talk-Sendung von Maybrit Illner im ZDF. Konkret wurde er dabei nicht, er sagte nicht, von wem er sich bedroht fühlt.

Ganz ähnlich verhält sich der neue Queer-Beauftragte des Berliner Senats, Alfonso Pantisano. Auch er spricht von einer zunehmenden Homophobie, ohne zu sagen, von wem sie ausgeht.

Sehr viel konkreter beschrieb der 44-jährige Berliner Thorsten S. aus Neukölln das Problem. Er wurde in der Nacht zum Sonnabend am Nollendorfplatz von zwei jungen Männern wegen seiner Homosexualität zusammengeschlagen.

Es habe sich um „arabisch aussehende“ Täter gehandelt, erklärte er und berichtete dem „Tagesspiegel“, dass er aus Neukölln fortgezogen sei, weil er die offene Schwulenfeindlichkeit dort nicht mehr ertragen habe. Auch viele seiner Freunde seien gegangen, „weil sie die homophoben Attacken dort nicht mehr aushalten“. Die Angreifer seien arabische Jugendliche, sagte Thorsten S., der sich selbst als „politisch links“ einordnet. „Wir müssen darüber reden, ohne dass das gleich als rassistisch gebrandmarkt wird.“

Aber genau das wollen Hape Kerkeling und Alfonso Pantisano offenbar nicht. Auch der zuständige Stadtrat von Tempelhof-Schöneberg, Matthias Steuckardt (CDU) formuliert es nur indirekt. Zur Gewalt gegen Thorsten S. am Nollendorfplatz erklärte er: „Es ist wichtig, bei einem solchen Vorfall alle relevanten Informationen transparent zu machen und die Fakten offen zu benennen.“

Der Nollendorfplatz und die angrenzenden Straßen sind seit mehr als 100 Jahren ein besonders bekannter Treffpunkt homosexueller Menschen. Seit einigen Jahren klagen sie über Attacken von männlichen Jugendlichen aus den angrenzenden Wohngegenden.

Doch die Fakten werden nicht offen benannt, wie es Stadtrat Steuckardt fordert. Obwohl sie bekannt ist, will man offiziell die Wahrheit nicht in Worte fassen. Man fürchtet, dass dann die Ausländerfeindlichkeit zunehmen könne.

Doch die Täter sind ja meistens gar keine Ausländer, viele von ihnen sind hier geboren und aufgewachsen und haben den deutschen Pass. Aber sie stehen unter dem Eindruck der Menschenfeindlichkeit gegen Homosexuelle, die in der arabischen Welt verbreitet ist. Diese Feindseligkeit nehmen sie offenbar über die Medien oder ihre Familien auf.

Um die Homophobie zu bekämpfen, müssen die Täter benannt werden und wenn es in Berlin vor allem junge Männer arabischer und türkischer Herkunft sind, dann muss darüber gesprochen werden.

Totschweigen bringt uns nicht weiter, sondern in eine Abwärtsspirale, in der noch mehr Menschen wie Hape Kerkeling diese Stadt verlassen werden.

Hat Gunnar Schupelius recht? Rufen Sie an: 030/2591 73153, oder Mail: gunnar.schupelius@axelspringer.de

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