Hugo Müller-Vogg

Unbegrenzte Einwanderung, Umverteilung: Bei Jung-Grünen zeigt Lang ihre wahre Haltung

25.10.2023
Lesedauer: 4 Minuten
Ricarda Lang, Bundesvorsitzende von Bündnis 90/Die Grünen. Bildquelle: Peter Kneffel/dpa

Die Jugendorgansiation der Grünen ist eine Gruppe mit konsequent linken Forderungen. Die Co-Chefin der Bundespartei, Ricarda Lang, kritisierte die Forderungen nicht und zeigt damit auch, welche Positionen sie in Wahrheit für richtig hält.

„Die Demokratie lebt vom Kompromiss. Wer keine Kompromisse machen kann, ist für die Demokratie nicht zu gebrauchen.“ Diese Feststellung von Helmut Schmidt ist in Zeiten einer Ampel-Regierung aktueller denn je. Denn nicht wenige der Beteiligten tun sich mit Kompromissen schwer. Das gilt ganz besonders für die Grüne Jugend.

Auf ihrem Bundeskongress machte die Nachwuchsorganisation der Grünen am Wochenende deutlich, was sie von der rot-grünen-gelben Koalition hält – nämlich nichts. „Meine Solidarität mit der Ampel ist am Ende“, bekundete die scheidende-Co-Chefin Sarah-Lee Heinrich. Und: „Meine Solidarität mit der grünen Zurückhaltung ist auch am Ende.“

Grüne Jugend versteht sich als Teil der „linken gesellschaftlichen Bewegung“

Dass die beiden neuen Sprecherinnen, Svenja Appuhn und Katharina Stolla, in die Ampel-Schelte einstimmten, war keine Überraschung. Anderenfalls wären sie nicht gewählt worden. Denn die Grüne Jugend versteht sich als Teil der „linken gesellschaftlichen Bewegung“, die dem globalen Kapitalismus einen starken Internationalismus entgegensetzen will.

Das anzustreben, kann man der Ampel freilich nicht vorwerfen. Genau deshalb sind die jungen Grünen so unzufrieden mit ihren eigenen Kabinettsmitgliedern. So bekannte der scheidende Co-Sprecher Timon Dzenius: „Ich bin wahnsinnig froh darüber, dass wir nicht zum Robert-Annalena-Ampel-Fanclub geworden sind“.

Der Saal war begeistert. Auch davon, dass Dzenius die jüngsten Äußerungen des Kanzlers zum Thema Abschiebungen „zum Kotzen“ fand. Heinrich verstieg sich sogar zu der Behauptung, die Ampel betreibe eine „AfD-Politik light in der Migrationspolitik“.

Aus Sicht der Grünen Jugend können gar nicht genug Flüchtlinge nach Deutschland kommen. Deshalb sind sie für Rettungsmissionen „mit allen verfügbaren Schiffen“. Finanzieren sollen das „die Reichen“.

Grüne Jugend zu Ricarda Lang: „Ricarda, wir zählen auf dich“

Eine politische Jugendorganisation hat es nicht leicht, wenn man sich vom eigenen Spitzenpersonal im Stich gelassen fühlt. Doch der Grünen-Nachwuchs setzt seine Hoffnungen auf seine ehemalige Bundessprecherin: Ricarda Lang. Die Co-Vorsitzende der Partei war zum Bundeskongress gekommen und Stolla rief ihr hoffnungsvoll zu: „Ricarda, wir zählen auf dich.“

Lang, die Linke neben dem Realo Omid Nouripour an der Parteispitze, enttäuschte ihre Fans nicht. Im Gegenteil: Sie lobte die Arbeit der Parteijugend ausdrücklich. Diese habe es nämlich geschafft, Bündnisse mit Klimabewegungen zu stärken und auszubauen.

Dass Parteivorsitzende ihren Nachwuchs loben, gehört zum Ritual. Dass sie aber auf so massive Kritik an der eigenen Regierung nicht dezidiert eingehen, ist schon ungewöhnlich. Lang jedenfalls hat erst gar nicht ernsthaft versucht, sich mit der der schrillen Kritik der jungen grünen Linken an der Ampel auseinanderzusetzen.

Vielmehr wandte sie sich gegen einen schärferen Kurs in der Migrationspolitik. Dass die Grünen einen Koalitionsvertrag unterschrieben haben, in dem eine „Rückführungsoffensive, um Ausreisen konsequenter umzusetzen“, vereinbart wurde, verschwieg sie. Stattdessen flüchtete sie sich in die Formulierung, der Rechtsstaat sei „handlungsfähig“.

Teilweise linksradikale Haltung entsprechen wohl Langs Haltung

Die Grüne Jugend konnte den Eindruck gewinnen, ihre teilweise linksradikalen Forderungen stießen bei „ihrer“ Ricarda jedenfalls nicht auf Widerspruch. Schon gar nicht der Ruf nach 15 Euro Mindestlohn, wo Lang selbst doch schon bei 14 Euro angekommen ist.

Vieles, was die Grüne Jugend fordert, könnte Sahra Wagenknecht ins Programm ihres neuen Vereins übernehmen: Abschaffung der Schuldenbremse, die Verstaatlichung großer Wohnungskonzerne, einen europaweiten Mietendeckel, ein Verbot der Privatisierung von Krankenhäusern, Verkehrs- und Energiebetrieben oder eine Millionärssteuer auf Vermögen, Einkommen und Erbschaften.

Wenn eine Parteivorsitzende dies alles mehr oder weder widerspruchslos hinnimmt, gibt es nur drei Möglichkeiten: Sie nimmt die Parteijugend nicht ernst, sie fürchtet sich vor einer Auseinandersetzung oder sie stimmt mit alldem weitgehend überein.

Dass Lang die Parteijugend als eine zu vernachlässigende Gruppierung betrachtet, darf man ausschließen. Schließlich kommt sie selbst aus dieser Organisation. Und harte Auseinandersetzungen scheut Lang ebenfalls nicht.

Bleibt also nur, dass die Politik der Grünen Jugend weitgehend Langs Vorstellungen entspricht – mehr oder weniger unbegrenzte Einwanderung, dezidiert linke Wirtschaftspolitik mit noch mehr Staatseinfluss und eine Umverteilungspolitik, die die Herzen aller Sozialisten höherschlagen lässt.

Grüne gaben sich im Wahlkampf noch bürgerlich

Ganz nebenbei: Wer in der Politik noch einiges vorhat, was bei Lang der Fall sein dürfte, den stört das „Bashing“ der eigenen Minister nicht. Schließlich sind alle Partei-„Freunde“ irgendwie auch Konkurrenten.

Lang hätte die Chance gehabt, bei der Grünen Jugend für mehr Realismus zu werben. Sie hätte darauf hinweisen können, wie schwer es eine Dreierkoalition hat, stets einen gemeinsamen Nenner zu finden. Sie hätte erwähnen können, dass die Demokratie vom Kompromiss lebt, dass sich eine Gesellschaft ohne Kompromissbereitschaft aller nicht zusammenhalten lässt. Sie hat es aber nicht getan.

Im Bundestagswahlkampf 2021 gaben sich die Grünen noch viel Mühe, sich als bürgerliche Kraft zu positionieren. Inzwischen rücken Teile der Partei davon ab und wieder deutlich nach links. Die Grüne Jugend tut, was sie kann, um diese Entwicklung zu verstärken – und kann dabei „auf Ricarda zählen“.

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