Die berühmte Gaststätte im Rathaus Charlottenburg soll tatsächlich geschlossen bleiben. Das ist absurd und zeugt von politischem Fanatismus, meint Gunnar Schupelius.
Es gibt vielleicht schönere Gaststätten als einen Ratskeller in einem Berliner Rathaus. Der Ratskeller im Rathaus Charlottenburg (Otto-Suhr-Allee 102) aber hatte immer einen besonderen Charme.
Gut geführt von der Pächterin Angelika Scholtz war er ein beliebter Treffpunkt im Kiez, beherbergte zahlreiche Stammtische und das Kabarett „Klimperkasten“.
Vor drei Jahren, am 31. Dezember 2018, war Schluss. Das Bezirksamt kündigte, Frau Scholtz musste den Betrieb einstellen, in den sie im Laufe von 15 Jahren viel investiert hatte.
Die Kündigung hatte einen politischen Grund. Man wollte verhindern, dass sich die Politiker der AfD im Ratskeller treffen. Die trafen sich dort wie alle anderen Politiker auch zum Bier, aber das sollten sie eben nicht mehr, jedenfalls nicht nach Auffassung der Linken, der Grünen und der SPD.
Er sei nicht glücklich darüber, „dass der Ratskeller politisch so einseitig belegt“ sei, sagte Bezirksstadtrat Oliver Schruoffeneger (Grüne). Den Nachweis für diese einseitige Belegung brachte er nicht. Es sei wichtig, „diesen Treffpunkt auszutrocknen“, sagte der Bezirksverordnete Niklas Schenker (Linke).
So sahen es auch linksextreme Gewalttäter, die am 28. Mai 2018 um 3 Uhr die Scheiben des Ratskeller mit Pflastersteinen einwarfen. Sie feierten ihre Tat im Internet: „Wer die AfD bewirtet, muss mit Glasbruch rechnen.“
Schließlich beschlossen die Bezirksverordneten mit großer Mehrheit, dass der Betrieb im Ratskeller eingestellt werden sollte. Dagegen stimmte außer der AfD nur die FDP. Deren Bezirksverordneter Max Rexrodt verurteilte die Schließung als „politisch motivierten Eingriff in einen wirtschaftlichen Betrieb und die Existenzgrundlage der Betreiber und Mitarbeiter“.
Stadtrat Schruoffeneger kündigte an, den Betrieb im Ratskeller neu auszuschreiben. Dem künftigen Betreiber werde auferlegt, „ein Konzept zur Demokratieförderung“ zu erarbeiten. Was damit gemeint war, erklärte er nicht, und auf die Neuausschreibung warten wir bis heute.
War ein neuer Betrieb etwa nie geplant? Wahrscheinlich tatsächlich nicht. Als ich jetzt die zuständige Stadträtin Heike Schmitt-Schmelz (SPD) fragte, wie es weitergehe, antwortete sie, es sei „nicht absehbar, wann der ehemalige Ratskeller (…) wieder eröffnen kann und ob dies für den Bezirk sinnvoll ist.“ Es werde „geprüft, ob die Räume auch langfristig für die interne bezirkliche Nutzung geeignet sind“.
Man will den Ratskeller offensichtlich auf Dauer schließen, das geht aus dieser Antwort recht eindeutig hervor. Das Gerede von der Neuausschreibung und dem „Konzept zur Demokratieförderung“ war wahrscheinlich nur eine Nebelkerze.
Also bleibt es dabei: Um AfD-Politikern die Möglichkeit zu nehmen, sich bei einem Bier im Rathaus zu treffen, bleibt der größte und bekannteste Ratskeller Berlins geschlossen. Das ist vollkommen absurd und zeugt von politischem Fanatismus.
Hat Gunnar Schupelius recht? Rufen Sie an: 030/2591 73153, oder Mail: gunnar.schupelius@axelspringer.de