Gunnar Schupelius

Polizisten müssen jetzt eine politisch korrekte Sprache lernen

26.12.2022
Lesedauer: 3 Minuten
Harter Polizei-Alltag, der jetzt noch schwieriger wird: Polizisten in Berlin wurde kurz vor Weihnachten eine politisch korrekte Sprache verordnet. Eine ganze Reihe von Begriffen dürfen sie nicht mehr verwenden. Foto: Michael Körner

Was haben die Kollegen falsch gemacht, dass sie erzogen werden sollen? Sie werden unter Generalverdacht gestellt. Das darf die Polizeipräsidentin nicht tun, es sei denn, es gäbe eine Begründung dafür, aber die wird nicht geliefert, meint Gunnar Schupelius.

Kurz vor Weihnachten bekamen Berlins Polizisten einen Sprach-Kodex verordnet: Darin werden ihnen politisch korrekte Formulierungen vorgeschrieben, die sie im beruflichen Alltag anwenden sollen.

Das Werk mit dem Titel: „Empfehlungen für einen diskriminierungssensiblen Sprachgebrauch“ umfasst 29 DIN A4-Seiten. Es wurde von der Kriminalrätin Eva Petersen erarbeitet, der „Beauftragten für Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit“ der Berliner Polizei.  Im Vorwort schreibt sie in Richtung ihrer Kollegen, sie sollten „die Reproduktion rassistischer, antisemitischer, antiziganistischer, frauenfeindlicher, LSBTI-feindlicher oder anderer menschenverachtender Zuschreibungen in Schrift und gesprochenem Wort vermeiden lernen“.

Begriffe, die nicht mehr verwendet werden sollen, sind durchgestrichen, dafür werden alternative Formulierungen vorgegeben. Nicht mehr gesagt werden soll zum Beispiel „illegale Migranten“ und stattdessen „irregulär eingereiste Person“. „Asylbewerber“ wird durch „schutzsuchende Menschen“ ersetzt (Seite 11).

Der Begriff „Kopftuchträgerin“ ist nicht mehr erlaubt, dafür diese Formulierung: „Das unbekannt gebliebene Opfer trug einen Hidschab (Hijab)“ (Seite 18). Kompliziert wird es beim „Südländer“. Neue Formulierung: „dunklerer Hauttyp, Phänotypus: westasiatisch, gemäß Zeugenaussage arabisch sprechend, sehr dunkle, leicht gewellte Haare“ (Seite 12).

Noch komplizierter wird es im Falle der Geschlechter: Bei „diversen Personen“ muss die Anrede „Frau“ oder „Herr“ entfallen und durch eine  „neutrale Ansprache“ ersetzt werden, indem man den Vor- und Nachnamen spricht (S. 26).

Auch „Leitkultur“ wird aussortiert. Das sei „ein vager Begriff“, der vor allem in rechtspopulistischen bis rechtsextremen Kreisen kursiert“ (Seite 28). „Mehrheitsgesellschaft“ sei missverständlich, stattdessen müsse es heißen: „Mehrheitsbevölkerung, also die von 64 Millionen Deutschen ohne Migrationsgeschichte“ (Seite 29).

Diese „Empfehlungen“ werfen viele Fragen auf. Erstens: Wer kann sich das alles merken? Zweitens: Wer kann im sehr anstrengenden und gefährlichen Polizei-Alltag auf die vielen Feinheiten achten? Drittens: was geschieht, wenn ein Polizist aus Versehen doch einmal „Südländer“ oder „Kopftuch“ sagt oder einen Menschen mit „Herr“ oder „Frau“ anspricht, der nicht so angesprochen werden will?

Viertens: Wie kommen die Beamten eigentlich zu dem ganzen Glück? Haben sie sich „menschenverachtender Zuschreibungen in Schrift und gesprochenem Wort“ schuldig gemacht, dass man sie ihnen jetzt austreiben muss?

Das ist nicht bekannt. Warum dann diese massive Belehrung? Die Polizeipräsidentin sollte sich dazu äußern.

Weshalb werden die Kollegen unter Generalverdacht gestellt? Das darf die Dienstherrin nicht tun, es sei denn, es gäbe eine Begründung dafür, aber die wird nicht geliefert.    

Hat Gunnar Schupelius recht? Rufen Sie an: 030/2591 73153, oder Mail: gunnar.schupelius@axelspringer.de

Das könnte Sie auch interessieren

Wegen westlicher Raketen
21.11.2024
Deindustrialisierung
21.11.2024
805 Strafanträge seit Amtsantritt
21.11.2024

Kommentare

Schreiben Sie einen Kommentar

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

14 − 9 =

Weitere Artikel aus der gleichen Rubrik

Gunnar Schupelius – Mein Ärger
17.11.2024

Neueste Kommentare

Trends

Alle Kategorien

Kategorien