Wie scheinheilig ist ein grüner Wirtschaftsminister, der einerseits über hohe Preise für US-Flüssiggas jammert und andererseits verhindert, dass Deutschland weniger abhängig wird von importierter Energie? Ein Kommentar von Georg Anastasiadis.
So was nennt man Chuzpe: Heimisches Frackinggas will der grüne Bundeswirtschaftsminister nicht haben, die verstärkte Nutzung von Biogas wird ebenso verschmäht und Atomenergie (über den April 2023 hinaus) sowieso – und dann vergießt Robert Habeck bittere Tränen über die „Mondpreise“ für amerikanisches Flüssiggas. Für wie dumm hält dieser Minister eigentlich die Bürger?
Habeck hätte längst mithelfen können, dass Deutschlands Abhängigkeit von US-Frackinggas reduziert wird
Statt die angeblich mangelnde Solidarität unserer Freunde zu beklagen, hätte Habeck längst mithelfen können, dass Deutschlands neue Abhängigkeit von US-Frackinggas etwas reduziert wird: Er hätte etwa die Kohlemeiler schon im März hochfahren können, dann hätte man nicht so viel Gas verstromen müssen, das nun teuer aus Übersee importiert wird. Und wie „solidarisch“ war Berlin in den vergangenen Jahren eigentlich mit den Partnern, die uns händeringend baten, uns nicht Putin und seiner Pipeline auszuliefern?
Dass nun auch die Altkanzlerin, die uns die Misere eingebrockt hat, sich mit neunmalklugen Tipps zum Umgang mit Moskau aus dem Ruhestand zurückmeldet, ist ärgerlich genug. Fatal für die Zukunft des Industriestandorts aber ist die energiepolitische Irrfahrt der jetzt Verantwortung tragenden Regierung. Wer Energiepreise senken und Bürger und Betriebe vor der Pleite retten will, muss Knappheiten beseitigen, statt hohe Marktpreise zu bejammern und insgeheim vom Klimaparadies zu träumen.
Atompolitik: Eindrucksvoller hätten sich die Grünen nicht selbst der Schwindelei überführen können
Typisch für Habecks mangelnde Lernfähigkeit – oder ist es fehlende Aufrichtigkeit? – ist die Atompolitik. X Gründe führte der Minister ins Feld, warum ein Weiterbetrieb der AKW übers Jahresende hinaus ausgeschlossen sei: kein Personal, keine Brennstäbe, keine Sicherheit, kein Stromproblem und so weiter. Jetzt plötzlich geht es also doch. Eindrucksvoller hätten sich die Grünen nicht selbst der Schwindelei überführen können. Bis zur Niedersachsenwahl in drei Tagen hält man eisern an der Fiktion fest, man könne sich den Luxus leisten, Deutschlands modernsten Meiler im Emsland in drei Monaten abzuschalten. Noch so ein Manöver, das beweist: Für die Grünen kommt in der schwersten Krise seit dem Krieg erst die Partei und dann das Land.
Georg Anastasiadis