Emmanuel Macron löst sein erstes Wahlversprechen ein. Die Rundfunkgebühren werden abgeschafft. Gleichwohl versucht der Präsident bei den öffentlichen Sendern gut Wetter zu machen. Die aber hofieren Jean-Luc Mélenchon.
Frankreich hat mit Élisabeth Borne eine Premierministerin – die zweite seiner Geschichte – und eine neue Regierung. Diese wird mit den Anschuldigungen zweier Frauen gegen den neuen Minister für Solidarität, Autonomie und Menschen mit Behinderungen, Damien Abad, gleich belastet. Die Frauen werfen ihm vor, er habe sie vergewaltigt. Die Übergriffe hätten sich 2010 und 2011 ereignet. Abad weist die Vorwürfe zurück, auch mit dem Hinweis, er sei zu den ihm vorgeworfenen Taten körperlich gar nicht in der Lage. Die Justiz ermittelt nicht, weil – sich die vermeintlichen Opfer nur anonym melden.
Medienaufmerksamkeit haben der französische Staatspräsident und die neue Regierung also mehr als genug. Schon im Wahlkampf hatten die Medien eine zentrale Rolle gespielt – als Akteure und als Gegenstand der Politik.
„Schande der Republik“
Über ihre gesellschaftliche Funktion, über die Konzentration in den Händen einiger Milliardäre und die links-grüne Ausrichtung der öffentlich-rechtlichen Anstalten wurde debattiert. Alle Kandidaten der Rechten versprachen, die öffentlichen Sender teilweise oder komplett zu privatisieren, Emmanuel Macron sagte zu, die Gebühren abzuschaffen.
Vor fünf Jahren hatte er im Wahlkampf die staatlichen Sender noch als „Schande der Republik“ bezeichnet. Vor dem jetzigen ersten Wahlgang hatte er jegliche Auftritte bei dem Sender France 2 vermieden, dem er nach seiner Wiederwahl zum Präsidenten aber umgehend sein erstes Interview gewährte.
Schon bei der Stichwahl gegen Marine Le Pen war ihm die Versöhnung mit dem öffentlichen Rundfunk ein großes Anliegen gewesen. Angesichts der im Juni bevorstehenden Parlamentswahl kann sich Macron einen Clinch mit den öffentlichen Sendern auch nicht mehr leisten. Die allerdings eine deutliche politische Schlagseite zeigen: Jean-Luc Mélenchon, den charismatischen Anführer einer unerwartet vereinten und erstarkten Linken, der Premierminister werden will, behandeln die öffentlichen Sender mit erstaunlicher Nachsicht und sehr entgegenkommend.
Die künftige Gestaltung und Finanzierung der öffentlichen Sender bleibt indes ungeklärt, ihre Zukunft ist ungewiss. Denn an der Abschaffung der Gebühren hält Macron fest. 138 Euro sind es zurzeit pro Jahr, jeweils im Herbst wird die Zahlung fällig. Zu dem Preis kann man gerade zweimal tanken. Aber die Rundfunkgebühr ist zu einem Symbol eines übergriffigen Abgabenstaats geworden. Und so werden die Gebühren schon in diesem Jahr erlassen. Es ist das erste Wahlversprechen, das Macron nach seiner Wiederwahl zum Staatspräsidenten einlöst.