„Das ist krank!“ Der ehemalige Formel-1-Weltmeister Nico Rosberg wedelt sich mit der rechten Hand Luft zu, während er mit der linken seinen AMG One auf der Teststrecke in Untertürkheim steuert. Ihn überkommen die Emotionen, als er den für die Straße modifizierten Formel-Motor hinter sich bei über 10.000 Umdrehungen kreischen hört. Zuvor waren Fahrer und Auto noch ganz ruhig, als der V6-Plug-in-Hybrid im rein elektrischen Modus unterwegs war.
Nachhaltig sein und bei Verbrennern jubeln – heuchlerisch?
Es ist ungewöhnlich, den sonst stark auf Nachhaltigkeit bedachten Nico in diesem kürzlich veröffentlichten YouTube-Video völlig außer sich zu erleben, wenn dieser 1,6 Liter große Benziner auf Touren kommt. Heuchlerisch, weil so gegensätzlich zur grünen E-Mobilität? Nein! Ich finde, als Autobegeisterter kann man beides: hochdrehende Verbrennungsmotoren lieben und dennoch für eine nachhaltige und elektrifizierte Zukunft eintreten. Diese Ausgewogenheit würde uns in der aktuellen Debatte ums Verbrenner-Aus sicherlich helfen.
Autobauer halten länger am Verbrenner fest
Gerade wurde Ursula von der Leyen wieder zur EU-Kommissionspräsidentin gewählt. Mit der Wiederwahl wächst die Hoffnung auf mehr Spielraum für E-Fuels. Zugleich wächst der Druck, das Verbrenner-Aus für 2035 aufgrund der aktuellen Marktlage und aus Sorge um die Wirtschaft zu kippen. Die Autobauer haben zuletzt ihre Pläne für den eigenen Verbrenner-Ausstieg für dieses Jahrzehnt nach hinten verschoben oder gleich gecancelt.
Die Rahmenbedingungen haben sich geändert. Die Elektromobilität ist seit dem plötzlichen Ende der staatlichen Fördergelder ins Stocken geraten. Der Markt regelt das schon – und der sieht weniger Nachfrage bei E-Autos. Hinzu kommt ein Fokus in Europa auf den Ukraine-Krieg, womit der Klimaschutz automatisch weniger Aufmerksamkeit und Gelder bekommt. Das Verbrenner-Verbot für 2035 jetzt zu überdenken – ich empfehle es!
Bekenntnis zur Technologieoffenheit
Zuvor war der Ausstieg für viele Automarken Grundvoraussetzung für ihre Antriebsstrategie, gab ihnen Planungssicherheit. Doch mittlerweile drohen geringe Nachfrage und EU-Strafen sie in die Enge zu treiben. Ein klares Bekenntnis zu Technologieoffenheit, nicht nur für E-Fuels, scheint aus meiner Sicht der einzige Ausweg zu sein.
Verbote und strikte Fokussierung auf Elektroantriebe führen nur zu Lagerbildung. E-Auto und Verbrenner müssen keine Gegensätze sein; beide können zum Ziel von null Emissionen führen. Diesen Weg müssen die Autohersteller allerdings auch ohne Verbote konsequent verfolgen, in der gesamten Produktion – ohne Schummeleien.