Für neue Kaminanlagen mag es strenge Vorschriften geben, damit die Luft sauberer wird, aber doch nicht für Bestehende! Wo bleibt der Bestandsschutz, der im Baurecht vorgesehen ist?
Der Count Down läuft: Ab 1. Januar 2025 müssen Kamine und Kaminöfen mit einem Staubfilter ausgerüstet werden, wenn sie mehr als vier Gramm Kohlenmonoxid oder mehr als 0,15 Gramm Feinstaub pro Kubikmeter Abgas ausstoßen.
So will es die Bundes-Immissionsschutzverordnung, deren letzte Übergangsfrist für Kaminöfen am 31. Dezember ausläuft.
Falls der Einbau einer Filteranlage nicht möglich ist, muss der Kamin stillgelegt und ein neuer eingebaut werden. Das ist ein teurer Spaß.
In Berlin sind nach Angaben des Senats aktuell rund 115.000 Kaminöfen in Betrieb. Wie viele davon umgerüstet oder stillgelegt werden müssen, ist nicht bekannt.
Wenn der Einbau eines Staubfilters möglich ist, gibt es dafür zwei Varianten: Den elektrostatischen Filter gibt es inklusive Einbau ab 3000 Euro. Zweitens kommt der keramische Filter in Frage. Der ist mit etwa 600 Euro in der Anschaffung zunächst deutlich billiger, muss aber regelmäßig gereinigt und nach ca. drei Jahren erneuert werden.
Ausnahmen von der Filterpflicht werden nur wenige gemacht. Kamine und Öfen, die vor 1950 errichtet wurden und immer noch an ihrem ursprünglichen Platz stehen, sind ausgenommen, außerdem Kachelöfen, die fest in die Wand eingebaut sind.
Wer seinen Kamin nur selten nutzt, kommt ebenfalls ohne Filter davon, aber nur, wenn der Kamin nicht mehr als acht Tage im Monat für jeweils fünf Stunden betrieben wird. Darüber soll Buch geführt werden. Der Schornsteinfeger kann anhand der Rußablagerungen nachprüfen, ob der Kamin länger als erlaubt in Betrieb gewesen ist.
Schließlich gibt es noch die Möglichkeit, den Kamin als „Notfeuerstätte“ anzumelden, die für den Fall gebraucht wird, dass die Zentralheizung ausfällt.
Dann entfällt die Filterpflicht, dann darf der Kamin aber auch wirklich nur im Notfall genutzt werden. Der Schornsteinfeger überprüft das.
Wer nicht unter die Ausnahmen fällt und seinen Kamin oder Kaminofen dennoch ohne Filter nutzt, für den ist im Gesetz ein Bußgeld von bis zu 50.000 Euro vorgesehen.
In welchem Verhältnis steht die Kamin-Maßnahme?
Es ist also alles ganz genau geregelt, aber alles zulasten der privaten Haushalte. In der jetzigen Zeit, in der immer höhere Kosten auf das Portemonnaie drücken, sollte man doch erst einmal fragen, für wen die Nachrüstung mit einer Filteranlage oder erst recht ein neuer Kamin überhaupt erschwinglich ist. Wer kann sich das leisten?
Und in welchem Verhältnis steht diese drakonische Umweltschutzmaßnahme zur Wirkung? Wie groß ist denn der Schaden, der durch Holzfeuer entsteht, an dem sich die Menschen seit Jahrtausenden wärmen? Ist der Feinstaub aus Kaminöfen wirklich ein Problem oder nur ein erfundenes?
Für neue Kaminanlagen mag es Vorschriften geben, damit die Luft sauberer wird, aber doch nicht für Bestehende. Wo bleibt denn der Bestandsschutz, der im Baurecht vorgesehen ist?
Der Griff der Regierung nach dem Kamin im Wohnzimmer ist unangemessen, es ist eher ein Übergriff.
Hat Gunnar Schupelius recht? Schreiben Sie an: gunnar.schupelius@axelspringer.de