Verlogen und sinnlos

Eine Abrechnung mit dem links-grünen Anti-AfD-Kampf

29.05.2024
Lesedauer: 5 Minuten
Verlogen und sinnlos: Eine Abrechnung mit dem links-grünen Anti-AfD-Kampf

Beim „Kampf gegen rechts“ sind die Parteien links der Mitte am lautesten. Doch die Lautstärke ihrer Schlachtgesänge übertrifft ihre Erfolge an der „Wählerfront“ bei weitem.

Die Kommunalwahlen in Thüringen haben bestätigt, was sich anderenorts schon gezeigt hat: SPD, Grüne und Linke sind für unzufriedene Wähler keine Alternative, im Gegenteil.

Absturz der Regierungsparteien

Seit fast zehn Jahren wird Thüringen von einer rot-rot-grünen Koalition mit Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) an der Spitze regiert. In dieser Zeit ist ausgerechnet die AfD immer stärker geworden. Dass da auch bundespolitische Einflüsse eine Rolle spielen, liegt auf der Hand. Die rot-grün-roten Errungenschaften haben die Wähler in den Kommunen jedenfalls nicht beeindruckt. Am Sonntag kamen die drei linken Regierungsparteien zusammen gerade noch auf 24 Prozent der Stimmen. Vor fünf Jahren waren es 34,9 Prozent gewesen.

Was für ein Absturz! Der Nutznießer war die rechtsextremistische AfD, die auf 26 Prozent kam, ein Plus von 8,3 Punkten. Und das ungeachtet all ihrer Skandale und Affären.Besonders hart getroffen hat es Ramelows Linke, die nur noch auf 8,8 (14) Prozent kam. Dazu trug das „Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW)“ nicht allzu viel bei, da die neue Partei nur in wenigen Gemeinden und Kreisen kandidierte.

Die Grünen, im Osten ohnehin schwach, wurden fast halbiert: 3,9 nach 7,5 Prozent. Die SPD fiel von bescheidenen 13,4 Prozent noch tiefer, auf 11,3 Prozent. Wenn demokratische Parteien gegen Extremisten Front machen, ist das immer begrüßenswert. Bei SPD, Grünen und Linken hat man jedoch stets den Eindruck, in Wirklichkeit gehe es „Linksgrün“ in erster Linie darum, die CDU in die Nähe der AfD zu rücken.

Die „Brandmauer gegen rechts“ ist ein morscher Gartenzaun

Das zeigt sich schon bei dem Slogan „Kampf gegen rechts“. Mit ihm wird bewusst nicht zwischen rechts-konservativ und rechtsextrem unterschieden. Linke sagen AfD, wollen aber die CDU ebenfalls treffen.

Der AfD ist jetzt in Thüringen zwar nicht der von ihr erhoffte Durchmarsch gelungen. Doch wird sie in vielen Kreistagen, Gemeinde- und Stadträten die stärkste Fraktion stellen. Das macht das Ausgrenzen der Höcke-Truppe noch schwieriger. Die SPD preist sich gerne als „Brandmauer gegen rechts“ an. Wie die Wahlergebnisse von Sonntag zeigen, handelt es sich bei dieser Mauer indes eher um einen morschen Gartenzaun.

Dass sich Ausgrenzen und Abgrenzen leichter von anderen fordern, als selber umsetzen lässt, zeigt das Beispiel der Kleinstadt Schmalkalden. Dort wurde der parteilose, von der SPD nominierte Thomas Kaminski als Bürgermeister wiedergewählt. Die SPD wurde stärkste Fraktion im Stadtrat, vor der AfD.

Im „Spiegel“ sagte der Wahlsieger deutlich, wie er sich eine „an der Sache“ orientierte Kommunalpolitik vorstellt: „Wenn die AfD einen Vorschlag einbringt, der für die Stadtentwicklung gut ist, dann schauen wir uns den an, diskutieren darüber“. Und: „Ein komplettes Abschotten macht die AfD stärker.“ Kaminski hat insofern Glück, als er auf dem SPD-Ticket gewählt wurde. Hätte er ein CDU-Parteibuch, wäre ihm nach diesen Äußerungen ein veritabler „Shitstorm“ gewiss.

Sorgen und Nöte der Bürger lassen sich nicht ausgrenzen

Freilich wird die SPD in vielen Kreistagen, Gemeinde- und Stadträten die AfD nicht konsequent ausgrenzen können. Sehr oft stellen die Rechtsextremisten die stärkste Fraktion. Zudem sind CDU, SPD, Grüne und FDP vielerorts zu schwach, um klare Mehrheiten bilden zu können. Schließlich ziehen auch Vertreter verschiedener Wählergruppen, die zusammen auf rund 20 Prozent aller Stimmen kamen, in viele Gremien ein. Diese sind parteipolitisch nicht einzuordnen und auch an keine überregionalen „Brandmauer-Beschlüsse“ gebunden.

Der erste Durchgang der Kommunalwahlen ist für die demokratischen Parteien ernüchternd. SPD, Grüne und FDP (2,6 nach 4,8 Prozent) haben massiv Stimmen eingebüßt. Die CDU hat immerhin ihr Ergebnis mit 27,5 Prozent leicht verbessert, aber nicht vom Ansehensverlust der Ampel-Parteien profitiert. In Thüringen zeigt sich, was viele Politiker links der Mitte nicht wahrhaben wollen: Extreme Parteien lassen sich zu einem gewissen Maß ausgrenzen, die Sorgen und Nöte der Bürger aber nicht.

SPD, Linke und Grüne liefern nicht, was der AfD am ehesten Wähler abspenstig machen könnte: Erfolge bei der Begrenzung der illegalen Immigration, eine Klimapolitik, die die Menschen finanziell nicht überfordert, oder eine Sozialpolitik, bei der sich der Arbeitende nicht als der Dumme vorkommt.

Gegen die AfD hilft nur eine andere Politik

Letzteres ist bei den großzügigen Bürgergeld-Regelungen der Ampel der Fall. Die von den Grünen vorangetriebene Kindergrundsicherung droht zudem den Eindruck zu verstärken, dass der Sozialstaat der bessere „Arbeitgeber“ ist als ein Betrieb, der Menschen mit geringer Qualifikation einfache, niedrig bezahlte Jobs anbietet.

In Thüringen stehen die Zeichen für die Stichwahlen insofern gut, als die AfD beim Kampf um Landratsämter und Rathäuser so gut wie keine Chance auf absolute Mehrheiten hat.

Doch die Lehren aus dem ersten Wahlgang sind eindeutig: Gegen die AfD hilft nur eine andere Politik, in Erfurt und vor allem in Berlin.

Wobei man sich keinen Illusionen hingeben darf. Die Zahl der Menschen, die sich bei der AfD weder an rechtsextremistischen Ansichten noch an proletenhaft auftretenden oder Diktatoren bewundernden Politikern stören, ist größer, als wir das noch vor einem Jahrzehnt gedacht hätten – leider nicht nur in Thüringen.

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