Europas größter Chemiekonzern BASF kehrt Deutschland still und leise den Rücken. Jetzt hat der Leiter des Ludwigshafener BASF-Werks bei einer Veranstaltung Klartext gesprochen. Für Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) wäre es eine wichtige Lehrstunde gewesen.
Da wäre Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) sicherlich gern dabei gewesen: Uwe Liebelt, Leiter des Ludwigshafener BASF-Werks, verkündete kürzlich bei einem Manager-Treffen, manche Investitionen in Deutschland würden „eher aus Patriotismus als aus wirtschaftlichen Gründen“ getätigt.
„Standortpatriotismus“, das gefällt dem grünen Vizekanzler. Diese Patriotismus-Variante hatte er vor ein paar Monaten gefordert, als der Deutsche Fußball-Bund den amerikanischen Sportartikelhersteller Nike seinem bisherigen Ausrüster Adidas aus Herzogenaurach vorzog.
Der DFB handelte freilich ökonomischer, als es sich dieser Minister für Ökonomie vorstellen konnte. Er entschied sich für das finanziell ungleich attraktivere Angebot aus Amerika.
Heimatliebe kann für BASF nicht der entscheidende Maßstab sein
Heimatliebe kann für kein Unternehmen und schon gar nicht für einen DAX-Konzern wie das Ludwigshafener Chemieunternehmen der entscheidende Maßstab sein. Denn mit der Anhänglichkeit an das eigene Land lassen sich weder Umsatz noch Gewinn erhöhen, geschweige denn die Aktionäre zufriedenstellen.
Deshalb hätte Habeck keine große Freude gehabt, wenn er den gesamten Ausführungen des BASF-Managers gelauscht hätte. Der hatte nämlich keine frohe Botschaft zu verkünden, wie der „Mannheimer Morgen“ berichtet.
Liebelt sprach Klartext: „Die Rahmenbedingungen werden kontinuierlich schlechter. Der Standort Deutschland wird zunehmend unattraktiv.“ Folglich baut die BASF einen Teil ihrer Kapazitäten in Deutschland ab – wie viele andere Industrieunternehmen auch.
BASF-Werksleiter rechnet mit Standort Deutschland ab
Habeck hätte bei dieser Veranstaltung erfahren, warum sich viele Unternehmen Standortpatriotismus nicht leisten können. Liebelt zählte sie auf: die hohen Energiepreise, der Fachkräftemangel, die hohen Steuern und Abgaben, die die Unternehmen lähmende Bürokratie. Bereits im Februar kündigte BASF deshalb massive Einsparungen an. Mehr dazu erfahren Sie im Video.
Martin Brudermüller, bis Ende April dieses Jahres Vorstandsvorsitzender der BASF, hatte schon vor einiger Zeit Konsequenzen aus den in Deutschland überdurchschnittlich hohen Energiepreisen gezogen. Sein Rezept: Kosten senken und die eine oder andere nicht mehr wettbewerbsfähige Anlage in Deutschland stilllegen.
Zugleich hat Brudermüller das China-Engagement ausgebaut . So errichtet das Unternehmen für 10 Milliarden Euro eine petrochemische Anlage im Südosten Chinas. Sein Nachfolger Markus Kamieth setzt diese Unternehmenspolitik konsequent fort.
Die BASF bekennt sich zwar unverdrossen zu ihrem Stammwerk, dem mit rund 39.000 Mitarbeitern und einer Fläche von 10 Quadratkilometern größten zusammenhängenden Chemieareal der Welt. Doch macht Ludwigshafen täglich einen Verlust von 4 Millionen Euro.
Dagegen hilft kein Standortpatriotismus à la Habeck
Das hat Folgen, und zwar keine schönen. Die BASF schließt am Stammsitz 11 Fabriken und 14 Teilanlagen. Denn sie sind aufgrund der hohen Energiepreise, vor allem des für Erdgas, in Deutschland nicht mehr wettbewerbsfähig.
Wenn nur die BASF angesichts ihrer besonderen Abhängigkeit vom Erdgas Schwierigkeiten hätte, wäre das kein Problem. Doch andere Unternehmen verlagern ihre Produktion ebenfalls zunehmend ins Ausland.
Was ebenso schlimm ist: Die Direktinvestitionen ausländischer Unternehmen bei uns gehen zurück. Manche Ökonomen malen bereits das Bild einer drohenden De-Industrialisierung an die Wand – ein Schreckensgemälde.
Dagegen hilft kein Standortpatriotismus à la Habeck. Dagegen hilft nur eine Politik, die die Attraktivität des Standorts erhöht – durch eine sichere und bezahlbare Energieversorgung, eine moderne Infrastruktur, international wettbewerbsfähige Steuern und die überfällige Digitalisierung des ganzen Landes.
BASF-Manager Liebelt macht das Dilemma deutscher Manager deutlich
Der grüne Wirtschaftsminister und die Ampel-Regierung verweisen gern auf große Investitionen ausländischer Unternehmen in Deutschland wie die Chip-Fabrik von Intel, das Werk des schwedischen Batteriezellen-Herstellers Northvolt oder die „Gigafactory“ von Tesla.
So erfreulich diese Investitionen auch sind: Ohne Milliarden-Subventionen wären diese Unternehmen nicht nach Deutschland gekommen. Warum auch sollten ausländische Investoren die Rahmenbedingungen bei uns attraktiver finden als deutsche?
Der BASF-Manager Liebelt machte das Dilemma deutscher Manager deutlich: Soll man alte Anlagen für viel Geld auf den neuesten Stand bringen oder sie nicht besser an einem anderen Standort bauen?
Die Antworten der meisten deutschen Vorstände könnten Wirtschaftsminister Habeck verunsichern.