Abgelehnte Asylbewerber beschreiten einen schier endlosen Rechtsweg, der den Staat Schachmatt setzt. Die Politiker kennen das Problem, lösen es aber nicht.
Nach dem Blutbad in Solingen vom letzten Freitag fordern die Politiker wieder die Ausweisung abgelehnter Asylbewerber. Man müsse nun Abschiebungen „mit rechtlichen Regelungen“ weiter beschleunigen, sagte Bundeskanzler Scholz (SPD) in Solingen. Endlich müsse „geltendes Recht durchgesetzt werden“, forderte Brandenburgs Ministerpräsident Woidke (SPD) im Deutschlandfunk.
So reden sie immer, wenn etwas Schreckliches passiert ist. Am 23. Oktober 2023, wenige Tage nach dem Überfall der Hamas auf Israel, meldete der Spiegel: „Scholz macht die irreguläre Migration zur Chefsache und erklärt, wie er die Zahl der Flüchtlinge reduzieren will.“
Und ein paar Jahre vorher, am 9. Januar 2017, berichtete die FAZ: „Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat bei der Abschiebung abgelehnter Asylbewerber eine nationale Kraftanstrengung angekündigt.“
Worthülsen und Nebelkerzen sind das Einzige, was wir seit 2015 von den Politikern um die Ohren bekommen. Nie sind den Worten Taten gefolgt. Das hat einen Grund: Das deutsche Asylsystem entmachtet den Staat. Behörden und Gerichte werden von Klagewellen überschwemmt.
Ein Asylbewerber kann bis zu acht Mal Einspruch einlegen, bis sein Gesuch endgültig abgelehnt werden darf und er ausreisepflichtig wird. So sieht der Klageweg aus: Wenn das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) einen Asylantrag ablehnt, kann der Migrant dagegen vor dem Verwaltungsgericht (VG) klagen.
Wenn das VG ablehnt, zieht er vor das Oberverwaltungsgericht (OVG). Wenn er dort abgelehnt wird, kann er sich als „Härtefall“ bei der Landesregierung melden. Und wenn das nicht hilft, kann er einen neuen Asylantrag stellen (Folgeantrag) und es noch einmal versuchen.
Wenn die zweite Runde fehlschlägt, kann er auf „subsidiären Schutz“ klagen oder auf Abschiebeschutz. Dafür gibt es von der Bundesregierung einen kostenlosen Anwalt. Das setzten die Grünen Anfang des Jahres durch.
Der lange Rechtsweg nimmt etwa zweieinhalb Jahre in Anspruch. In dieser Zeit erhält der klagende Asylbewerber Sozialhilfe. Auf dem langen Rechtsweg wird er von hunderten von „Nicht-Regierungsorganisationen“ (NGOs) begleitet, tausende Helfer geben Tipps, die öffentliche Hand fördert das. Engagierte Flüchtlingsanwälte stehen zur Verfügung, die Prozesskostenhilfe trägt der Staat und natürlich auch die Kosten für Millionen von Verfahren vor den Verwaltungsgerichten.
Der Rechtsweg wird genutzt, um den Staat Schachmatt zu setzen. Migranten klagen jahrelang, ohne dass die Politiker Einfluss darauf haben. Das ist die Wahrheit, über die nicht gesprochen wird.
Was würde helfen? Die Rechtswege müssen verkürzt oder abgeschnitten werden. Das BAMF entscheidet und Schluss! Anders geht es nicht mehr.
Hat Gunnar Schupelius recht? Schreiben Sie an: gunnar.schupelius@axelspringer.de