Gut, dass SPD und Grüne langsam einsehen: Die europäische Aufnahmebereitschaft hat eine natürliche Grenze. Wer Offenheit und Humanität will, braucht erst mal Zäune.
Teile der SPD, mehr noch der Grünen, quälen sich gerade zu einer härteren Gangart gegen irreguläre Migranten. Innenministerin Nancy Faeser (SPD) stimmt einem uralten EU-Plan für Asylverfahren an den Außengrenzen zu. In abgeschwächter Form zwar, aber immerhin. Kanzler Olaf Scholz sagt klar: Die Zahl der Ankommenden muss runter, die der Abschiebungen rauf. Für ähnliche Vorschläge war der frühere CSU-Chef Horst Seehofer noch gescholten worden. Mit der Regierungsübernahme sterben, unter Schmerzen, ein paar alte Lebenslügen, die lange zur festen Identitätsbeflaggung im linken Lager gehörten. SPD und Grüne sind international dabei längst nicht die Ersten, andere sind schon weiter.
Beispiel USA: Die Obama-Regierung hat phasenweise deutlich mehr abgeschoben als Trump. Die Demokraten unter Biden haben bislang von einer Corona-Regel ihrer Vorgängerregierung profitiert, wonach Menschen an der Grenze abgewiesen werden können. Die läuft jetzt aus, Tausende strömen zur Grenze. Einfacher wird es dadurch aber nicht, illegal in die USA zu gelangen, eher im Gegenteil. Jetzt müssen Migranten in Mexiko Asyl beantragen oder einen US-Antrag schon in ihrer Heimat stellen.
Beispiel Australien: Anfang der Nullerjahre schickte die konservative Regierung Migranten auf Pazifikinseln und ließ keine Boote mehr anlanden. Labour kippte das nach einigen Jahren, aber nur für kurze Zeit. Als die Zahl der Ankommenden rasant stieg, öffnete auch die linke Regierung die Offshore-Asylzentren schnell wieder. Zwei Regierungswechsel später – inzwischen regiert wieder Labour – gibt es die Lager immer noch.
In Großbritannien kritisiert Labour zwar aus der Opposition Stil und Umsetzung der Flüchtlingspolitik der regierenden Torys, inzwischen aber weniger deren Grundausrichtung. Ganz ähnlich ist die Lage in mehreren skandinavischen Ländern.
Wer eine Migrationspolitik der offenen Tür will, braucht erst mal eine Mauer
Progressive Kräfte weltweit haben längst eingesehen, was in Deutschland auch dank der Grünen und ihrer öffentlichen Empörungsmacht – noch – weitgehend tabu bleibt: Es gibt eine Grenze der Aufnahmefähigkeit für Flucht-, erst recht für Elendsmigration, wobei die Übergänge fließend sind. Darüber, wo die Grenze liegt – im Zweifel höher, als man auf den ersten Blick meinen sollte –, lässt sich streiten. Nicht aber über ihre Existenz. Wer diese Realität verleugnet, crasht argumentativ auf Querdenkerniveau.
Gerade Linke, die die Öffentlichkeit seit 40 Jahren mit ihren Degrowth-Fantasmen hinters Licht führen, sollten es besser wissen: Dieses Wachstum kennt tatsächlich ein objektives Limit. In den Turnhallen, Klassenzimmern, Sprachkursen, auf dem Miet- und Arbeitsmarkt – und natürlich in der Staatskasse.
Wenn schon die Feststellung, dass man aus einer Wohnung nicht zehn und aus einem Lehrer nicht 20 machen kann und dass diese Umstände bei der Einwanderungspolitik tunlichst mitzubedenken sind – wenn allein das schon Ausweis für einen globalen Rechtsrutsch, einen Siegeszug des Orbánismus sein soll, dann ist ordentlich was aus dem Lot.
Der alte grüne Reflex zieht nicht mehr. Die rhetorische Eskalation in die Moral – Menschlichkeit kenne keine Obergrenze – führt ins Gegenteil. Wer eine Migrationspolitik der offenen Tür will, braucht erst mal eine Mauer. Wozu sonst überhaupt Türen? Die linksgrüne Weigerung, diese simple Dialektik überhaupt anzuerkennen, zementiert im Namen falsch verstandener Humanität den Status quo: Rein darf jeder, der es reinschafft, und raus muss im Prinzip kaum jemand. Humanitär ist an dieser aktuellen Politik gar nichts.
Der brutale Sozialdarwinismus an den Grenzen muss enden
An den Südgrenzen Europas (und der USA) herrscht Sozialdarwinismus in seiner brutalsten Form. Nicht die Schutzbedürftigsten finden Schutz. Im Kampf um die Schlepperboote (oder einen Ritt auf La Bestia) gewinnen die Stärksten, Wohlhabendsten und im Zweifel die Skrupel- und Ruchlosesten – die dann, einmal in Europa, die Kriminalstatistiken sprengen. Der renommierte Migrationsforscher Ruud Koopmans rechnet vor, Flüchtlinge seien bei „Totschlag, Mord und Vergewaltigung klar überrepräsentiert, sie sind statistisch sechs- bis siebenmal so häufig Täter wie Angehörige der Mehrheitsgesellschaft“.
Wer das ändern will, braucht legale Zuwanderungswege. Dafür müssen zwingend erst alle anderen verbaut werden. Kein Migrant wäre töricht genug, sich auf ein Verfahren einzulassen, an dessen Ende auch ein hartes Nein stehen können muss, wenn alternativ das Schlauchboot bedingungslose Aufnahme verspricht – nicht zu vergessen einen Sozialstaat, der weltweit seinesgleichen sucht. Und keine Aufnahmegesellschaft wird ernsthaft bemüht sein, legale Wege zu schaffen, wo ohnehin der Zustrom über die extralegalen Wege die Grenze des Zumutbaren erreicht.
Es ist eine Abwärtsspirale: Ein Mangel legaler Wege sorgt für mehr irreguläre Migration, führt zu noch weniger Bereitschaft zur legalen Aufnahme, und so weiter. Wer mehr Zuwanderung will, muss sie zuallererst begrenzen. Es gilt, die Einwanderungsgesellschaft vor ihren lautesten Befürwortern zu bewahren. Gut gemeint ist in dem Fall wirklich das Gegenteil von gut gemacht.
Australien kann sich deshalb neben hoch qualifizierter Arbeitsmigration – die die Ampel für Deutschland glücklicherweise auch erleichtert – ein im internationalen Vergleich großes Resettlement-Programm mit dem Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen leisten. Und so Menschen versorgen, die es vor Hunger, Krieg und bitterer Armut niemals auf ein Boot nach Europa schaffen würden. Sie kommen aus Burundi, Eritrea, Äthiopien, Somalia und Südsudan. Knapp 18.000 Menschen werden es im laufenden Jahr. Hochgerechnet auf Deutschland wären das etwa 60.000. Das würden wir auch schaffen. Und vermutlich noch etwas mehr. Aktuell stellt die Bundesrepublik nur 6.500 Plätze zur Verfügung.
Stattdessen sind die Grenzkontrollen längst zurück innerhalb der EU. Zäune mittendurch sind der logische nächste Schritt, wenn sich nichts ändert. Das Zusammenleben in Freiheit der Völker in diesem einzigartigen Bund ist so unendlich fragil. Das steht auf dem Spiel.