Elektroautobauer Tesla macht mit dem Verkauf von Autos immer noch Verluste. Dass für 2020 unterm Strich ein satter Gewinn steht, verdankt Elon Musk einer anderen Einnahmequelle.
Für Elon Musk und Tesla war 2020 ein fulminantes Jahr. Dank einer Versiebenfachung des Marktwertes stieg der Elektroautobauer nicht nur zum wertvollsten Autokonzern der Welt auf. Er ist an der Börse auf einmal sogar mehr wert als die nächstgrößeren Konkurrenten zusammen – darunter Toyota, Volkswagen, Daimler und BMW. Und Musk, der immer noch einen Großteil seiner Firma besitzt, war im Januar erstmals der reichste Mensch der Welt.
Der kometenhafte Aufstieg hängt damit zusammen, dass Musk neben Visionen auch zunehmend Zahlen liefert. Erstmals in der Unternehmensgeschichte schaffte es Tesla 2020, über ein gesamtes Jahr Gewinne einzufahren. Noch 2019 hatte der Verlust 862 Millionen US-Dollar betragen, für 2020 steht ein satter Gewinn von 721 Millionen. Und das im krisenhaften Corona-Jahr.
CO2-Zertifikate bringen 1,6 Milliarden ein
Allerdings: Ein genauer Blick auf die Zahlen, die vergangene Woche veröffentlicht wurden, zeigt, dass Tesla mit dem eigentlichen Verkauf von Autos – 2020 waren es rund 500.000 Stück – immer noch Verluste schreibt. Dass unterm Strich ein Millionengewinn steht, verdankt Tesla nämlich einer anderen Einnahmequelle: dem Verkauf von CO2-Zertifikaten. 1,6 Milliarden Dollar brachten die Zertifikate Tesla 2020 ein, ohne diese Einnahmen wären die Zahlen immer noch tiefrot.
CO2-Zertifikate sind ein regulatorisches Mittel, das die Industrie dazu bringen soll, mehr klimafreundliche Autos zu verkaufen. In elf US-Staaten, wie auch in der EU, müssen Autobauer, die nicht einen gewissen Anteil an CO2-freien Wagen verkaufen, zum Ausgleich diese Zertifikate erwerben – und zwar von Konkurrenten, die ihr Soll übererfüllen. Tesla verdient also nicht nur an dem Mechanismus, das Geld kommt auch noch von der Konkurrenz, in den USA vor allem von General Motors und Fiat Chrysler.
Da der Musk-Konzern überhaupt keine Verbrennerautos herstellt, ist der Zertifikatehandel seit Jahren eine lukrative Einnahmequelle. So doll wie 2020 klingelte die Kasse aber noch nie: Insgesamt 3,3 Milliarden Dollar hat der Konzern laut CNN in den vergangenen fünf Jahren an den Zertifikaten verdient. Die 1,6 Milliarden des vergangenen Jahres sind ein neuer Rekordwert.
Wann kommen die echten Gewinne?
Dass der Tesla-Gewinn nicht aus dem eigentlichen Geschäft des Autoverkaufs kommt, verleiht der strahlenden Erfolgsgeschichte einen Kratzer. Kritiker halten die Tesla-Aktie aus genau diesem Grund derzeit für überbewertet. „Diese Typen verlieren mit dem Verkauf von Autos Geld. Sie machen Geld mit dem Verkauf von Zertifikaten. Und diese Zertifikate werden verschwinden“, zitiert CNN den Analysten Gordon Johnson von GLJ Research. Denn je mehr andere Autokonzerne auf Elektroautos umschwenken, desto weniger Strafzertifikate werden diese kaufen müssen. General Motors hat gerade den kompletten Ausstieg aus dem Verbrennermotor für 2035 erklärt.
Dieser Entwicklung ist man sich bei Tesla natürlich bewusst. „Auf lange Sicht werden die regulatorischen Zertifikate kein wesentlicher Bestandteil des Geschäfts sein und wir bauen unser Geschäft nicht darauf auf“, sagt Teslas Finanzchef Zahary Kirkhorn. Es sei aber möglich, dass die Zertifikate-Einkünfte noch „eine Handvoll weitere Quartale stark bleiben“.
Tesla nimmt die Zusatzeinnahmen also dankend mit, so lange sie sprudeln – und arbeitet in der Zwischenzeit fieberhaft daran, die Produktion auszuweiten, um endlich echte operative Gewinne einzufahren. Die Vorzeichen dafür stehen nicht schlecht. Schon in wenigen Monaten soll die Gigafactory in Brandenburg in Betrieb gehen. Auch ein weiteres Werk in Austin, Texas, soll noch 2021 fertig werden. Zudem hat das früher chronisch klamme Tesla gerade absolut keine Geldsorgen. Erst im Dezember nutzte der Konzern den hohen Aktienkurs, um weitere Aktien auf den Markt zu schmeißen. Teslas Bargeldkasse stieg auf 19,4 Milliarden Dollar.
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