Mehr Arbeitslose, weniger Wachstum:

Das hat die Ampel Deutschlands Wirtschaft in drei Jahren angetan

11.11.2024
Lesedauer: 5 Minuten
Bildquelle: merkur.de

Zu Beginn seiner Amtszeit hatte Kanzler Scholz noch von einem ‚Wirtschaftswunder‘ gesprochen. Die Realität seiner Ampelkoalition sieht nun anders aus.

Berlin – „Mehr Fortschritt wagen“ und dann bekommen wir ein „grünes Wirtschaftswunder“: Mit diesen Versprechen ist die Ampel-Koalition 2021 an den Start gegangen. Daraus ist geworden: Eine hartnäckige Rezession, mehr Arbeitslose, hohe Energiepreise und die Gefahr einer „Deindustrialisierung“. Am Ende ist die Koalition an der Wirtschaftspolitik gescheitert, zu weit auseinander gingen die Ideen, wie man das Land wieder auf Vordermann bringen könnte.

Weniger Wachstum seit 2021: Die Wirtschaft in Deutschland tritt auf der Stelle

Die trockenen Zahlen aus Deutschlands Wirtschaft liefern eine bittere Bilanz für die Ampel-Koalition. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) liegt seit dreieinhalb Jahren konsequent um die 0 Prozent. Kein Wachstum, leichte Rezession. Das Land tritt auf der Stelle, insbesondere die Industrieproduktion ist seit 2021 um 8,8 Prozent eingebrochen.

Besonders dramatisch ist die Lage in den energieintensiven Industriezweigen. Wie das Statistische Bundesamt (Destatis) erfasst, gab es zuletzt im Mai 2021 eine Erholung dieser Branchen, der aber im Zuge der Energiekrise durch den Ukraine-Krieg eingebrochen ist und sich seitdem nicht erholt hat.

Nach Angaben von Destatis sind vor allem die chemische Industrie, die Metallverarbeitung, die Glas- und Keramikverarbeitung, die Herstellung von Papier und Pappe sowie die Kokerei und die Mineralölverarbeitung unter „energieintensiven Industrien“ zu verstehen. Sie nutzen zusammen 77 Prozent der industriellen Energie.

Mehr Arbeitslose trotz Fachkräftemangels in Deutschland: Bürgergeld-Kosten belasten den Staat

Wenn es der Wirtschaft nicht gut geht, dann ist ein großer Indikator dafür normalerweise die Arbeitslosigkeit. Allerdings leben wir, was das betrifft, in ungewöhnlichen Zeiten: Aufgrund des Fachkräftemangels können es sich viele Unternehmen nicht leisten, ihre Mitarbeitenden gehen zu lassen. Das sieht man auch an den Zahlen in Deutschland: Auch wenn es viele Meldungen von Stellenabbau in den energieintensiven Branchen und vor allem in der Autoindustrie gibt, bleibt die Zahl der ausgeschriebenen Stellen im Land weiter hoch. Im Oktober 2024 waren 675.000 offene Stellen im Land ausgeschrieben.

In dieser Zusammensetzung wird das Scholz-Kabinett nicht mehr zusammenkommen. (Archivbild) © Michael Kappeler/dpa

Allerdings gibt es auch hier einen Rückgang seit 2022, was die Dramatik der Lage verdeutlicht. Obwohl die Unternehmen jede Arbeitskraft benötigen, sind sie gezwungen, Personal gehen zu lassen. Im Sommer 2022 erreichte die Zahl der ausgewiesenen Stellen nach Destatis-Angaben den Höchststand von 866.000. Seitdem ist diese Zahl rückläufig und auch die Arbeitslosenzahlen steigen: Während im Mai 2022 etwa 2,3 Millionen Menschen im Land arbeitslos gemeldet waren, sind es im Oktober 2024 schon 2,85 Millionen. Damit ist die Arbeitslosenquote von 5,1 Prozent im Jahr 2021 gestiegen auf 6,0 Prozent im Oktober 2024.

Entsprechend steigen auch die Kosten für das Bürgergeld. Die Bundesregierung muss daher eigentlich einen Nachtragshaushalt für 2024 beschließen, um die Mehrausgaben für die Arbeitslosen zu stemmen. Mit dem Bruch der Koalition stemmt sich die FDP gegen den Beschluss des Nachtragshaushalts, weshalb die Regierung mit einem Notstandsbeschluss reagieren musste, um 3,2 Milliarden Euro zusätzlich für das Bürgergeld freizumachen.

Mehr Insolvenzen in Deutschland: Zahl der Firmenpleiten erreicht neuen Rekord

Besorgniserregend sind außerdem die Insolvenzzahlen im Land. 1530 Personen- und Kapitalgesellschaften meldeten im vergangenen Monat Insolvenz an, wie das Institut für Wirtschaftsforschung Halle (IWH) mitteilte. Das seien 17 Prozent mehr als im Vormonat und sogar 48 Prozent mehr als ein Jahr zuvor – und zugleich der höchste Oktoberwert seit 20 Jahren. Die Zahlen lägen zudem 66 Prozent über dem durchschnittlichen Oktoberwert der Jahre 2016 bis 2019, also vor der Corona-Pandemie.

Der Berufsverband der Insolvenzverwalter und Sachwalter Deutschlands (VID) sieht aber keinen Grund für Panik. „Schaut man sich die langjährige Entwicklung der Insolvenzen an, dann erreichen wir nicht annähernd die Zahlen, wie wir sie zu Zeiten der Finanzkrise gesehen haben“, sagt dessen Vorsitzender Christoph Niering.

Dies hänge auch mit den abnehmenden Gründungszahlen zusammen. Historisch seien über viele Jahrzehnte junge Unternehmen überdurchschnittlich häufig von Insolvenzen betroffen gewesen. Transformationsprobleme, demografischer Wandel und überholte Geschäftsmodelle würden ihre Spuren in der Insolvenzstatistik hinterlassen. „Spürbar, aber eben nicht unerwartet oder dramatisch“, sagte Niering. 

Positiv für die Ampel: Die Erneuerbaren Energien sind auf dem Vormarsch

Was die Ampel-Koalition allerdings zum positiven drehen konnte, ist der Ausbau erneuerbarer Energien. Die Erneuerbaren machen nach Zahlen des Umweltbundesamtes mittlerweile 21,6 Prozent des Gesamtenergieverbrauchs aus, 2021 waren es noch 19,3 Prozent. Besonders stark entwickelt hat sich dabei der Anteil erneuerbarer Energien am Stromverbrauch: 2023 wurde 52,5 Prozent des Stroms aus Erneuerbaren erzeugt, im Vergleich zu 41,5 Prozent zu Beginn der Legislaturperiode der Ampel.

Besonders stark entwickelt hat sich der Solarausbau. Seit 2021 hat es da einen regelrechten Boom gegeben: Im August waren 83,7 Gigawatt Solarstrom installiert, drei Jahre zuvor waren es 53,05 GW. Solar ist mittlerweile der größte Erzeuger von erneuerbarem Strom im Land – bis Mai 2022 war das noch Wind an Land.

Der Boom ist auf der einen Seite durch die Energiekrise und dem Wunsch vieler Menschen, sich von fossilen Energieträgern unabhängig zu machen, gekommen. Auf der anderen Seite hat die Ampel aber auch vieles dafür die Wege geleitet: So wurden Genehmigungshürden gesenkt und die Mehrwertsteuer auf Solaranlagen abgeschafft.

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